- Bundestagsanalysen
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn ein Pferd galoppiert, dann gibt es einen Moment, in dem alle vier Beine in der Luft sind. Macht man dann ein Foto, könnte man meinen, das Pferd fliege.
Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen lohnt es sich, wenn man Situationen betrachtet, immer die Geschichte vorher zu betrachten und nach Möglichkeit auch die danach.
Absolut!)
Sie erzählen uns hier heute einen vom Pferd; deswegen muss ich das ansprechen. Wenn Sie über den Atomausstieg sprechen, betrachten Sie nur einen einzelnen Moment und erzählen uns, das Pferd würde fliegen. Deswegen will ich die gesamte Geschichte erzählen.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ende der 70er-Jahre hat meine SPD in Baden-Württemberg beschlossen: „Wir wollen aus der Atomkraft aussteigen“, die SPD in Schleswig-Holstein ebenso. 1980 haben sich die Grünen gegründet, für die von Anfang an klar war, aus der Atomkraft auszusteigen. 1986 hat die komplette SPD nach Tschernobyl beschlossen, aus der Atomkraft auszusteigen. 2002, als dann SPD und Grüne gemeinsam regiert haben, haben wir den Ausstieg beschlossen.
2010 haben CDU und FDP gemeint: „Ah, doch nicht so gut“, haben den Ausstieg aber nie rückgängig gemacht, sondern die Laufzeit der Atomkraftwerke nur ein Stück verlängert, was aber extrem teuer war. Na ja, CDU halt! 2011 haben Sie gemerkt: „Oh, wir haben Mist gebaut“, sind dann wieder ausgestiegen, haben festgelegt: Wir machen den Ausstieg 2022; da ist dann Schluss. 513 von 600 Abgeordneten haben zugestimmt.
2021 hat die Ampel noch mal im Koalitionsvertrag festgehalten: Ja, am Atomausstieg halten wir fest. 2022 hat die Ampel die Laufzeit um drei Monate verlängert, und 2023 sind dann die letzten drei Atomkraftwerke vom Netz gegangen. Und 2024 – das ist ja das Highlight der Geschichte – ist die CDU überrascht,
Ja!)
dass das, was sich seit 50 Jahren anbahnt, das, was seit über 20 Jahren beschlossen ist und was alle,
Widerspruch des Abg. Matthias Hauer [CDU/CSU])
alle Parteien, die jemals in der Bundesrepublik regiert haben, beschlossen, mitgetragen, vorbereitet haben – mal besser, mal schlechter –, jetzt Wirklichkeit geworden ist.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der eigentliche Skandal ist, dass Ihre Auffassungsgabe doch wirklich zu wünschen übrig lässt.
Hat es ein Ergebnis gegeben?)
Das ist die ganze Geschichte, aus der Sie sich einen Moment rauspicken: Mitternacht 31. März 2022.
Ich muss sagen: Das ist erstens eine populistische Methode, so den Kontext wegzulassen. Sie haben ja noch nicht mal den Moment richtig wiedergegeben. Sie tun so, als hätte die Ampel beschlossen, auszusteigen. Richtig ist: Die Ampel hat sogar diese drei Monate Laufzeitverlängerung beschlossen. Der Ausstieg hat zu einem ganz anderen Zeitpunkt stattgefunden,
Wahnsinn!)
und den Moment, die Situation so zu verzerren, das ist eine zweite populistische Methode.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es ist auch eine dritte populistische Methode, wenn wir wissen: Nur wenige Leute in Deutschland haben Ahnung, wie Ministerien arbeiten. Es ist richtig, dass Ministerien transparent arbeiten müssen, und das tun sie.
Sie, die CDU, hat hier aber nicht dazu beigetragen, Wissen zu mehren, sondern Sie haben Unwissen ausgenutzt. Sie wollten ein Gefühl erzeugen, da gehe irgendetwas nicht mit rechten Dingen zu, obwohl es mit rechten Dingen zuging. Und das ist ein vierter Populismus, mit Gefühlen statt mit Fakten zu arbeiten.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Zuruf der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU])
Der fünfte Populismus ist: Jens Spahn hat heute Morgen im „Morgenmagazin“ der Regierung alternative Fakten unterstellt.
Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Den Begriff „alternative Fakten“ hat Donald Trumps Pressesprecherin Kellyanne Conway erfunden. – Da haben Sie jetzt ein bisschen früh geklatscht. Mir wäre das peinlich.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es gibt keine alternativen Fakten; es gibt nur Fakten. Und Fakt ist: Der einzige Skandal ist, dass Sie einen Skandal erfinden, wo keiner ist.
Beifall bei Abgeordneten der SPD
Aha!)
Fakt ist: Unsere Energieversorgung war sicher, ist sicher und bleibt sicher, und ich persönlich würde immer wieder so entscheiden.
Sagen Sie noch was zum Thema?)
Fakt ist: Sie haben falsch gelegen. Sie haben damals in jedes Mikrofon, egal ob es jemand hören wollte oder nicht, reinproletet, dass in Deutschland irgendwann das Licht ausgeht, wenn wir die Atomkraft nicht mehr haben.
Ist das ein parlamentarischer Ausdruck?)
Das ist nicht passiert.
Zurufe von der CDU/CSU)
Fakt ist: Friedrich Merz wollte russisches Gas nicht mehr haben, als es uns noch zur Verfügung stand. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen und schon gar nicht mit Brennstäben werfen.
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Fakt ist: Erneuerbare Energien senken die Strompreise, und erneuerbare Energien machen uns unabhängig. Hätte die CDU in den Jahren zuvor, als sie die Möglichkeit hatte, Erneuerbare nicht ausgebremst und blockiert, wären wir noch besser durch diese Krise gekommen. Das ist Fakt, das ist die Gesamtschau.
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ist die CDU eine rechtspopulistische Partei? Nein. Aber Sie bedienen sich so beliebig und fahrlässig aus der Instrumentenkiste, wie Sie es bei Energieträgern auch tun.
Jetzt wird es aber langsam gefährlich! Jetzt ist langsam Schluss! Passen Sie auf!)
Sie erzählen uns was von einem fliegenden Pferd. Ich halte es hier mit dem Bundeskanzler: Das Pferd Atomkraft ist tot. Steigen Sie ab!
Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jens Beeck [FDP])
Für die Bundesregierung erhält das Wort die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, Steffi Lemke.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)