Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Freiheitliche demokratische Gesellschaften geraten derzeit überall in Europa unter Druck. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Und ja, gewiss, ein Verlust des Vertrauens in die Politik ist auch feststellbar, wenn gewählte Mandatsträger sich nicht an die Regeln von Anstand und Moral halten und wenn Politik durch Korruption vergiftet wird. Deswegen haben wir die Pflicht, dass wir Korruption im politischen Bereich als das benennen, was es ist, und dass wir nicht nur politisches Fehlverhalten benennen, sondern auch konsequent zu einer strafrechtlichen Aufarbeitung kommen. Das ist eine Frage von Anstand und von Respekt gegenüber dem Souverän, und es ist unsere Aufgabe als Parlamentarier, dem auch nachzukommen. Und ja, wir sind dem bereits nachgekommen, und zwar durch § 44a Abgeordnetengesetz, den dieses Hohe Haus verabschiedet hat und mit dem die Verhaltensregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages extrem verschärft wurden. Diese Verschärfung mit all den Transparenzpflichten war sehr richtig. Sie reicht aber nicht aus. Es gibt in der Tat noch Strafbarkeitslücken. Die Strafbarkeitslücken bestehen darin, dass nach dem § 108e StGB eine Strafbarkeit nur bei direkter Mandatsbetätigung vorliegt. Wenn aber aus dem Mandat heraus Gelegenheiten genutzt werden, um sich Vorteile zu verschaffen, und zwar in einer Art und Weise vorgenommen, sodass es nicht direkt mit der Mandatstätigkeit übereinstimmt, also nicht mit Abstimmungen und mit Wortbeiträgen im Ausschuss, dann war das nicht strafbar. Das hat der BGH gesagt. Das zeigt, finde ich, eine Strafbarkeitslücke auf, und die muss der Gesetzgeber schließen. Der vorliegende Gesetzentwurf der Ampelkoalition zur Änderung der unzulässigen Interessenwahrnehmung geht in die richtige Richtung, und er hat unsere Unterstützung. Der Punkt ist aber: Sie haben Anregungen aus der Sachverständigenanhörung, die wirklich überzeugend waren, nicht in der Weise umgesetzt, dass es zu einer guten Norm kommt. Die Norm liest sich nämlich ziemlich schräg. Es beginnt mit einem „Wer“ und die Frage der Anwendbarkeit der Norm kommt erst später. Aber es gibt in dieser Norm auch Unklarheiten, etwa die Frage: Warum geht es eigentlich nur um einen Vermögensvorteil? Ich finde, Sie hätten die Norm weiterfassen müssen: Statt Vermögensvorteil muss sie für jeden Vorteil gelten. In § 108e Strafgesetzbuch wird jeder Vorteil unter Strafe gestellt. Warum in § 108f nur jeder Vermögensvorteil? Da greift die Norm viel zu kurz. Der zweite Punkt ist: Sie sprechen von „bei Wahrnehmung des Mandats“. Das bringt aber klare Auslegungsprobleme. Viel besser wäre es, wenn Sie sich klar auf den § 44a Abgeordnetengesetz beziehen und Regelbeispiele einführen würden. Das haben die Sachverständigen verlangt. Ich finde, darauf hinzuweisen, ist nicht unlauter. In diesem Zusammenhang muss ich Ihnen sagen, Frau Kollegin Rottmann: Sie haben über die CSU gesprochen und gesagt: Es steckt ein gewisser Geist dahinter. Ich finde, das ist unlauter. Das möchte ich hier in aller Form zurückweisen. Ja. Nun, die Frage der Bewertung Ihres konkreten Gesetzesvorschlags und damit die Frage, wie ich eine Strafrechtsnorm ausgestalte, ist eine, die man auch vor dem Hintergrund einer Sachverständigenanhörung lesen muss. Und die Sachverständigen haben uns praktisch einhellig gesagt: Bitte, formt diese Norm noch etwas um, macht sie praxistauglicher, macht sie etwas lesbarer, beschreibt doch, was verstanden wird unter der Formulierung „während der Wahrnehmung des Mandats“. Es wurde gefragt: Warum heißt es nur „Vermögensvorteil“ und nicht „sonstige Vorteile“? Wir sagen: Der Geist dieser Norm ist richtig; aber die Formulierung ist in Einzelheiten zu schwach und bleibt hinter dem zurück, was wir uns eigentlich vorgestellt hätten. Und wir lassen uns nicht vorwerfen, dass wir, wenn wir diese einzelnen Fragen stellen, in irgendeiner Art und Weise – wie Sie es zumindest insinuiert haben – Korruption billigen würden. Nein, das Gegenteil ist der Fall: Wir wollen politische Korruption bekämpfen, und zwar sowohl im Abgeordnetenrecht als auch im Strafrecht. Deswegen sind wir die politische Kraft, die sich klar und deutlich hinter dieses Anliegen stellt. Herzlichen Dank.