Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor vier Jahren hat sich das Coronavirus binnen weniger Wochen weltweit ausgebreitet und uns alle vor gewaltige Aufgaben gestellt. Besonders in der Anfangszeit der Pandemie hat sich die Politik in einer bisher unbekannten Extremsituation befunden; ich glaube, das vergessen wir leider viel zu oft. Die Krise verlangte der Politik schnelle Entscheidungen zum Schutz der Bevölkerung ab. Oft wurde im Eilverfahren über die Rechtmäßigkeit der Coronamaßnahmen und Grundrechtseingriffe entschieden. In mancher Hinsicht wurden dadurch aus heutiger Sicht – ich betone: aus heutiger Sicht – suboptimale Entscheidungen getroffen. Lockdowns, Schulschließungen und Kontaktbeschränkungen: All diese Maßnahmen hatten weitreichende Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. Wir wissen heute, dass einige davon auch einen großen sozialen und wirtschaftlichen Schaden angerichtet haben. Einige Unternehmen sind trotz Coronahilfen unverschuldet in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. Ganze Branchen wurden teils schwer getroffen. Vor allem Familien waren durch Schul- und Kitaschließungen, fehlende Freizeitangebote und Homeoffice-Pflichten enorm belastet. Das soziale und kulturelle Leben wurde lahmgelegt. Ältere Menschen und Pflegebedürftige – der Kollege hat es schon gesagt – waren über eine lange Zeit hinweg isoliert, was zu Einsamkeit geführt hat. Wir wissen heute, dass Schulen aller Voraussicht nach keine Pandemietreiber waren. Dennoch kam es zu Schulschließungen. Auch heute noch, Monate nach dem Ausklingen der Pandemie, kämpft der Schulbetrieb mit den Nachwirkungen, zum Beispiel mit Blick auf Lernrückstände oder psychische Folgen. Auch wurde uns schmerzlich vor Augen geführt, welchen Nachholbedarf wir im Bereich der Digitalisierung haben, egal ob in Schulen, im Öffentlichen Gesundheitsdienst oder in Krankenhäusern. Das haben wir mit dieser Koalition jetzt Gott sei Dank abgestellt. Deswegen wollen und müssen wir auch, wir alle, die wir hier sind, aus den Geschehnissen, Erfahrungen und Entscheidungen in der Coronapandemie lernen. Dafür müssen wir sachlich und wissenschaftlich fundiert – darauf kommt es mir an – die unterschiedlichen Phasen und Maßnahmen der Coronapolitik analysieren. Wir müssen ein selbstkritisches Fazit ziehen im Hinblick auf die Zielsetzung, die Zielerreichung und die Folgenanalyse. Wir müssen genauso aufklären, wie die Bereitstellung von Masken und Schutzmaterial möglicherweise anders hätte organisiert werden können. Dazu gehört auch die Frage, ob wir denn heute genügend davon im Krisenfall hätten. Als FDP-Fraktion haben wir eine Aufarbeitung der Pandemie seit Langem angemahnt. Wir sind mit unseren Koalitionspartnern im Gespräch, wie wir das am besten umsetzen können. Aus unserer Sicht ist eine Enquete-Kommission das richtige Mittel, um eine umfassende und unabhängige Bewertung durchzuführen. An all diejenigen, die gesagt haben, die Zeit wäre zu kurz: Man kann auch eine Enquete in der nächsten Legislaturperiode neu einsetzen und das Thema weiterbehandeln. Die AfD dagegen kann von sich nicht ernsthaft behaupten, ein Interesse an einer seriösen wissenschaftlichen Aufarbeitung zu haben, meine Damen und Herren. Dies erkennt man auch daran, dass Sie im vergangenen Jahr bereits die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gefordert haben. Dafür haben Sie richtigerweise keine Mehrheit hier im Parlament gefunden. Denn der bloße Blick in die Vergangenheit ohne das Wissen von heute ermöglicht eben keine Lehren für die Zukunft. Außerdem: Bereits während der Pandemie haben Sie eine ausschließlich destruktive Rolle gespielt. Ich war heute bei der Regierungsbefragung dabei. Gerade bei der Regierungsbefragung haben Sie wieder mal gezeigt, dass es Ihnen nur darum geht, Verschwörungserzählungen zu verbreiten und Angst vor Impfungen zu schüren, meine Damen und Herren. Deswegen nehme ich Ihnen den Willen zu einer konstruktiven Aufarbeitung nicht ab. Aber genau das benötigen wir, nämlich eine gründliche Analyse, um aus heutiger Sicht festzustellen, was funktioniert hat und was nicht, welche Maßnahmen von Nutzen sind und bei welchen Maßnahmen der Schaden möglicherweise überwiegt. Ich sage es ganz deutlich: Es geht nicht um Schuldzuweisungen oder das Verfolgen einer politischen Agenda. Es geht ausschließlich darum, aus Erfahrungen zu lernen, um besser auf zukünftige Krisen vorbereitet zu sein, meine Damen und Herren. Lassen Sie mich zum Schluss auch noch einmal sagen: Es war ein großer Erfolg, dass wir so schnell einen Impfstoff zur Verfügung hatten und dass durch einen Kraftakt unserer Ärztinnen und Ärzte dieser Impfstoff auch zügig verimpft werden konnte. Herzlichen Dank dafür auch an das gesamte Gesundheitspersonal, das in der Pandemie hervorragende Arbeit geleistet hat! Dies wollte ich ganz zum Schluss noch mal als Positivum sagen. Und damit bin ich am Schluss meiner Rede, Frau Präsidentin. Danke sehr.