Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, die Coronapandemie muss aufgearbeitet werden. Das sind wir den Menschen in diesem Land schuldig. Diese Forderung haben wir als CDU/CSU bereits vor einem Jahr gestellt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht dass Sie mich falsch verstehen: Ich habe größten Respekt vor den Politikern, die in dieser schweren Situation Entscheidungen treffen mussten. Gerade am Anfang der Pandemie wusste niemand, wie schlimm dieser Virus ist, und es wusste auch niemand, wie schwer die Pandemie verlaufen wird. In solchen Situationen brauchen wir starke Persönlichkeiten und starke Politiker, die sich trauen, Entscheidungen zu treffen, und das hatten wir mit dem damaligen Bundesgesundheitsminister. Im Nachgang ist es immer einfach, mit den Fingern auf andere zu zeigen. Das ist feige und undemokratisch. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich denke natürlich, es darf einer Aufarbeitung nichts im Wege stehen. Dass es hier viel aufzuarbeiten gibt, wissen wir. Es zeigt sich auch am Beispiel der Impfkampagne des BMG: Diese Impfkampagne wurde rechtlich sehr fragwürdig an eine SPD-nahe Agentur vergeben. Und genau das darf es eben nicht mehr geben. Die Menschen erwarten nicht, dass wir immer alles richtig machen; aber sie erwarten Transparenz. Sie wollen wissen, wie Entscheidungen zustande gekommen sind, aufgrund welcher Zahlen und Daten welche Entscheidungen getroffen worden sind. Die Politik sollte also der Wissenschaft folgen, und nicht, wie Sie es ständig machen, umgekehrt. Mich erreichen jeden Tag Zuschriften von Menschen, die mir ihr persönliches Schicksal im Zusammenhang mit der Coronapandemie schildern. Sie fühlen sich nicht gehört, sie fühlen sich alleingelassen. Long Covid, Post-Vac oder unerwartete Impfnebenwirkungen müssen in den Fokus, um das Vertrauen der Bevölkerung auch für zukünftige Pandemien zu erhalten. Wir dürfen das Thema nicht totschweigen. Aber eine Instrumentalisierung der Leiden der Betroffenen durch Verschwörungstheorien, liebe Kolleginnen und Kollegen der AfD, steht einer sachlich und fachlich fundierten Aufarbeitung in jedem Maße entgegen. Die Aufarbeitung dieser Pandemie ist eine politische Aufgabe, der sich alle Parteien stellen müssen. Denn mit einer sachlichen und transparenten Aufarbeitung steht und fällt auch das Vertrauen in die politischen Institutionen. Das haben nicht zuletzt auch die RKI-Dokumente gezeigt. Hier muss proaktiv gehandelt werden, damit ein vollständiges Bild entsteht und nicht einzelne Passagen ständig aus dem Zusammenhang herausgerissen werden. Geschwärzte Passagen in Protokollen helfen hier keinem weiter und schaffen auch kein Vertrauen. Und dann bringen Sie auch noch das Argument, dass hier nur Namen geschwärzt wurden. Dabei wurden fast halbe Seiten der Protokolle unkenntlich gemacht. Ich bitte Sie, liebe Kollegen der Ampel! Ich kenne keinen Menschen mit einem so langen Namen. Dass es nun nach den Ankündigungen von Herrn Lauterbach doch möglich sein soll, die ungeschwärzten Protokolle zu erhalten, bestärkt mich immer mehr in der Annahme, dass Informationen bewusst zurückgehalten werden sollten. Diese Salamitaktik und Scheintransparenz führen nur weiter zu Misstrauen und Verschwörungstheorien bei den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land. Denken wir jetzt mal an Ende 2021 zurück! Da gab es jede Menge angebliche Coronaexperten, und unser jetziger Bundesgesundheitsminister hat natürlich keine Chance ausgelassen, sich in Talkshows in Stellung zu bringen und vor allem alle verrückt zu machen – selbst als die Pandemie zu Ende war. Das ist bei Weitem keine seriöse und keine wissenschaftliche Politik. Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Prämisse ist immer: Man muss die Dinge ganzheitlich denken. Das heißt, wir brauchen keine Enquete-Kommission, sondern wir brauchen eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass viele Maßnahmen und Absprachen gemeinsam mit den Ländern getroffen und dementsprechend auch umgesetzt wurden. Hier geht es nicht um den Schwarzen Peter, sondern es geht um einen Lernprozess, der hier einsetzen muss. Eine Enquete-Kommission auf Bundesebene würde nur die halbe Wahrheit beleuchten, und Ihr Antrag zeugt auch von einer gewissen Unkenntnis, liebe Kollegen der AfD; denn die Legislatur neigt sich dem Ende zu. Bevor also hier die ersten Erkenntnisse überhaupt ans Licht kommen würden, wäre die Arbeit schon wieder vorbei. Ganzheitlich zu denken, heißt auch: Wir müssen medizinische Versorgungsstrukturen auf den Prüfstand stellen. Wir müssen Engpässe definieren. Wie waren die Belastungen im System damals verteilt? Und vor allem: Wie sind wir mit pathologischen Ergebnissen umgegangen? Wir brauchen eine ehrliche Bestandsaufnahme. Und vor allem: Wenn wir die Handlungsfähigkeit des Staates in Krisen nicht infrage stellen wollen, dann ist es wichtig, dass wir das gemeinsam mit den Ländern reflektieren. Wenn Sie diese Debatte aber nur nutzen, um sich an einigen Akteuren oder Personen persönlich abzuarbeiten, dann laufen wir Gefahr, dass Entscheidungsträger in Zukunft nicht mehr agieren, bevor sie möglicherweise falsch agieren. Was dabei herauskommt, liebe Ampel, sehen wir an Ihrer momentanen Untätigkeit. Bekennen Sie also Farbe, und zeigen Sie, dass Sie an einer echten wissenschaftlichen, fachlichen Aufarbeitung der Pandemie interessiert sind! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.