Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben auch in diesen Tagen, wie präsent der Antisemitismus in unserem Land ist. In der vergangenen Woche hat es einen Anschlag auf eine Synagoge in Oldenburg gegeben, und am kommenden Wochenende wollen sich Hunderte von Israelhassern und -feinden hier in Berlin, in der Bundeshauptstadt, versammeln. Das zeigt: Auf die vielen Debatten, auf die vielen Aktuellen Stunden und auch auf die vielen berechtigten verbalen Verurteilungen von Antisemitismus hier in diesem Plenum müssen jetzt endlich auch konkrete Handlungen der Bundespolitik erfolgen, und deswegen bringen wir unsere Anträge ein. Ich will das hier noch mal ausdrücklich sagen: Natürlich stehen wir dem Wunsch der Ampel nach einer gemeinsamen Initiative offen gegenüber. Doch Sie konnten sich als Ampelkoalition in den letzten Wochen nun mal nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen. Das zeigen doch die sechs Reden der Ampelkoalitionäre hier in dieser Debatte. Es gibt bei Ihnen keine gemeinsame Linie. Natürlich. Ich auch. Sehr geehrter Herr Kollege Dr. von Notz, ich habe von Ihnen, von den Fraktionen der Ampel, einen Entwurf vorgelegt bekommen. Und nicht ich habe gesagt, dass das keine Gesprächsgrundlage sein kann. Das war die Kollegin Koß von der SPD-Fraktion, und zwar völlig zu Recht. Ich will das auch begründen; denn dann sind wir schon bei den Punkten, die für uns ganz grundsätzlich von wesentlicher Bedeutung sind. Wenn Sie Antisemitismus und Israelhass bekämpfen wollen, dann müssen Sie ihn auch benennen können. Es gibt eine IHRA-Definition, die international von 43 Staaten, der Europäischen Kommission und auch vom Deutschen Bundestag anerkannt ist. Diese IHRA-Definition war in dieser Entwurfsfassung nicht enthalten; sie war nicht da. – Ja, dann geben Sie die aktuelle Version doch endlich mal an uns raus. – Wir haben von Ihnen keine Version bekommen. Das ist ja interessant. Ich meine, ich kriege es hier vis-à-vis mit: Sie behaupten, ich hätte eine zweite Entwurfsfassung von Ihnen bekommen. Ich habe von Ihnen, von den Ampelfraktionen, einen Entwurf bekommen. – Und Frau Kaddor stellt gerade die Falschbehauptung auf, dass ich keinen Entwurf wollte. Das indiziert ja, dass ich keinen weiteren Entwurf von Ihnen bekommen habe. Bleiben Sie bei der Wahrheit! Es ist für uns Grundvoraussetzung, dass sich die IHRA-Definition – und die gab es in der ersten Entwurfsfassung nicht – ohne Abstriche – und keine andere Definition, auch nicht die Jerusalem Declaration oder andere Definitionen – in diesem Entwurf wiederfindet. Das haben wir immer so kommuniziert. Ich sage Ihnen auch, warum wir das wollen. Wir wollen, dass die Bundesregierung zukünftig insbesondere bei Bundesfördermittelanträgen ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung einholt, das auch das Existenzrecht Israels und die Ablehnung von Antisemitismus gemäß genau der IHRA-Definition umfasst; denn das ist die Antwort auf die unsäglichen Ausfälle bei Berlinale und documenta. Das müsste doch unter Demokratinnen und Demokraten normalerweise Konsens hier in diesem Parlament sein. Ich kann – das sage ich auch noch mal – Ihre Ablehnung in Bezug auf unsere Vorschläge bei den Änderungen des Strafgesetzbuches nicht verstehen. Nicht zuletzt unter generalpräventiven Aspekten ist es doch wichtig und von herausragender Bedeutung in dieser Zeit, dass wir antisemitische Straftaten nicht nur konsequent verfolgen, sondern auch schuldangemessen ahnden. Sie selbst haben doch eine Nationale Strategie gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens auf den Weg gebracht. Da haben Sie selber festgelegt, dass weitere Maßnahmen in der Schließung von Gesetzeslücken und der konsequenten Ausschöpfung repressiver Möglichkeiten liegen. Wir haben Ihnen konstruktiv eine Ausfüllung Ihrer eigenen Strategie vorgelegt. Stimmen Sie doch zu! Das wäre doch ein gemeinsames, starkes Zeichen. Ich möchte auch noch mal deutlich sagen: Ein glaubhaftes Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel muss nach unserer Grundüberzeugung zukünftig Voraussetzung für eine Einbürgerung in Deutschland sein. Denn das Existenzrecht Israels – da werden Sie mir sicherlich zustimmen – gehört zu den Grundlagen unseres Landes. Und wenn es um die Grundlagen unseres Landes, wenn es um die deutsche Staatsräson geht, dann kann deutsche Staatsbürgerin bzw. deutscher Staatsbürger nur werden, wer dieses Bekenntnis glaubhaft abgibt. Da müssten Sie doch unserem Antrag normalerweise zustimmen. Frau Kollegin Koß, ich schätze Sie sehr; wir haben sicherlich in vielen Punkten eine gemeinsame Meinung. Aber Sie werfen uns nun vor, eine Scheindebatte zu führen, obwohl wir wochenlang Gesprächsbereitschaft gezeigt haben. Es hat nur einen einzigen Termin gegeben. Sie waren sich ja nicht mal bei den Terminfindungen einig; selbst das hat bei Ihnen nicht geklappt. Das alles haben wir akzeptiert. Aber Sie halten uns vor, Scheindebatten zu führen, obwohl Sie noch nicht einmal in der Lage sind, eine gemeinsame Linie zu finden. Wie konstruktiv müssen wir denn sein? Wir stellen hier im Plenum mehrere Gesetzentwürfe und Anträge zur Debatte, und Sie stellen sich hierhin, bewerten diese inhaltlich überhaupt nicht, sondern kommen uns nur mit Schuldzuweisungen und behaupten, wir wollten nicht mit Ihnen sprechen und verhandeln. Das ist ein Armutszeugnis für eine Bundesregierung bei diesem wichtigen, bedeutenden Thema. Ich lade Sie jedenfalls ganz herzlich ein. Sie können heute ein gemeinsames und starkes Zeichen setzen. Ich bin mir sicher: Auch Jüdinnen und Juden in unserem Land werden das honorieren. Stimmen Sie unseren Anträgen zu! Herzlichen Dank.