Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns jetzt mit einem Gesetzentwurf der Union zur Verlängerung einer sensiblen Eingriffsmaßnahme zur Aufklärung von Wohnungseinbruchdiebstählen. 2019 wurden zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls die Befugnisse der Ermittlungsbehörden im Bereich der Telekommunikationsüberwachung – genau genommen § 100a Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe j der Strafprozessordnung – temporär erweitert. Der Wohnungseinbruchdiebstahl ist ein Delikt, welches das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung erheblich beeinträchtigt. Neben dem materiellen Schaden leiden die Opfer nicht selten unter teilweise langfristigen psychischen Folgen. Dabei sind die Ermittlungsansätze oft sehr begrenzt. Althergebrachte Ermittlungsmethoden sind aufgrund der Professionalität der Täter in der Regel nicht erfolgversprechend. Dies ist ein unbefriedigendes Ergebnis für die Bürger, insbesondere für die Betroffenen, aber auch für den Rechtsstaat. Jedoch: Bei der Telekommunikationsüberwachung, kurz TKÜ, handelt es sich um einen tiefen und umfassenden Eingriff in Artikel 10 Grundgesetz in Gestalt des Fernmeldegeheimnisses. Das Grundrecht adressiert dabei die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch Schaffung, Schutz und Bewahrung eines privaten, vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausches von Kommunikation. Artikel 10 dient somit dem Schutz der Würde jedes Einzelnen. An die Verhältnismäßigkeit einer in den Schutzbereich eingreifenden Regelung sind vor diesem Hintergrund hohe Anforderungen zu stellen. Entscheidend ist hier somit die Frage, ob die eingangs beschriebenen Interessen der TKÜ den tiefgreifenden Eingriff in Artikel 10 vorliegend rechtfertigen können, zumal bei der TKÜ immer auch das Umfeld des Maßnahmenadressaten betroffen ist. Zur Beurteilung dieser Frage müssen wir aber auch die nun vorliegende Evaluation des Justizministeriums beachten. Diese Evaluation muss jedoch eingeordnet werden. In der Praxis wird die TKÜ in nur sehr wenigen Fällen überhaupt hier angewandt und genutzt. Bis auf ein Jahr des Evaluationszeitraumes hatten wir zudem in der Coronazeit allgemein deutlich weniger Wohnungseinbruchdiebstähle. Und dennoch werten wir diese Evaluation umfassend aus. Wir tun dies aber mit größtmöglicher Sensibilität für den vorbezeichneten Eingriff in die Grundrechte. Dass diese Sensibilität bei der Union anscheinend nicht da ist, zeigt sich beispielsweise daran, dass Ihr Gesetzentwurf schon eingereicht wurde, bevor die Evaluation überhaupt vorlag. Das zeigt, dass Sie die Ergebnisse nicht wirklich interessieren. Man kann das nicht nur anhand Ihrer Reaktionen in Form von Zwischenrufen, sondern auch anhand des Textes Ihres Gesetzentwurfs festmachen. Auf Seite 5, wo es um das Thema „Befristung und Evaluation“ geht, schreiben Sie beispielsweise: Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen bei einem Grundrechtseingriff: Uns geht es bei der Evaluation von Grundrechtseingriffen um die Auswertung der tatsächlichen Eingriffstiefe, um die Wirksamkeit der Maßnahme, um die Effektivität und somit um die Haltbarkeit der Begründung dieses Eingriffs. Sie können das gern anders handhaben. Für uns hingegen sind Grundrechte keine plumpe Verhandlungsmasse im Rahmen einer einfachen Kosten-Nutzen-Abwägung. Nichtsdestotrotz ist es unser aller gemeinsames Ziel, Wohnungseinbruchdiebstahl effektiv zu bekämpfen. Wir erkennen die Notwendigkeit, die Ermittlungsbehörden auch in Bezug auf den Wohnungseinbruchdiebstahl möglichst breit aufzustellen und ihnen somit die bestmöglichen Werkzeuge an die Hand zu geben, um erfolgreich die Täter zu ermitteln. Ob die TKÜ als Werkzeug, welches zwar im Einzelfall durchaus erfolgversprechend sein kann, jedoch im Rahmen des Wohnungseinbruchdiebstahls – und ich zitiere aus der Anhörung – nur eine „ausgesprochen untergeordnete Rolle“ spielt, tatsächlich so unentbehrlich ist, wie es auch in Ihrem Gesetzentwurf dargestellt wird, ist inzwischen diskussionswürdig. Aufgrund der Schwere der Tat des Wohnungseinbruchdiebstahls einerseits und der Eingriffsintensität der TKÜ andererseits halten wir eine befristete Verlängerung der Regelungen zum Erhalt einer hinreichenden Datenbasis für eine neuerliche Evaluation aber durchaus für sinnvoll. Den vorliegenden Gesetzentwurf lehnen wir aus den vorher benannten Gründen allerdings ab. Ich freue mich aber dennoch auf die Debatten zu dem Thema in Zukunft. Vielen Dank.