Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! 60 Tage sind es noch bis zur Europawahl, die am Sonntag, dem 9. Juni, stattfindet. Der Text, der uns hier für die heutige Debatte vorliegt, taugt zwar inhaltlich aus meiner Sicht überhaupt nichts. Er ist aber immerhin ein wunderbares Beispiel dafür, wie man alle Leser daran erinnern kann, wo man am 9. Juni sein Kreuz besser nicht machen sollte, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Wenn man sich den aktuellen DeutschlandTrend so anschaut, dann erkennt man, dass das zum Glück zusehends immer mehr Menschen in unserem Land ganz genauso sehen. Der AfD – hier auf den äußerst rechten Bänken – scheint jedenfalls peu à peu die Luft auszugehen. Während die Unterstützung der Wähler für Ihre kruden Ideen also zusehends schwindet, ist die Zustimmung zur deutschen EU-Mitgliedschaft, auch zur NATO-Mitgliedschaft und sogar zur Idee einer gemeinsamen europäischen Armee innerhalb des vergangenen Jahres deutlich gestiegen. Eine große Mehrheit in unserem Land begreift die Europäische Union als Grundlage für unseren Wohlstand. Die Menschen wissen, dass die Mitgliedschaft in internationalen Institutionen und das Eingebundensein in multilaterale Formate essenzielle Sicherheitsgarantien für unser Land sind. Da ist es fast schon traurig oder – das würde ich vielleicht eher sagen – irgendwie skurril, mitanzusehen, wie Sie nun versuchen, mit einem kritischen Text zum 22-jährigen Bestehen des Euro aus dieser Debatte politisches Kapital zu schlagen. Moment: zum 22-jährigen Bestehen? Bei runden Jubiläen – beim 10-jährigen, 20-jährigen, 30-jährigen – kennen wir das ja irgendwie. Da hält man ja schon mal Rückschau auf einen Zeitabschnitt. Aber 22? Nicht dass ich was gegen Schnapszahlen hätte! Aber vielleicht haben Sie das tatsächlich zu wörtlich genommen. Am Ende der letzten Sitzungswoche, Mitte März, stand auf der Tagesordnung, die verschickt wurde, übrigens noch der Titel „21 Jahre lang ‚stark wie die Markʼ“. Da muss Ihnen doch erst vor ein paar Tagen aufgefallen sein, dass Sie Ihren Antrag nicht rechtzeitig zum 21. Jahrestag des Euros eingereicht haben, der – wir erinnern uns – zum 1. Januar 2002 in den Zahlungsverkehr kam. Jetzt heißt der Antrag – übrigens nach mehrmaligen Änderungen – jedenfalls „22 Jahre Euro-Bargeld in Deutschland“. Es kann natürlich auch sein, dass dies einer dieser Anträge ist, die Sie jedes Jahr neu vorlegen – davon gibt es ja einige –, und dieses Mal haben Sie einfach vergessen, im Vorfeld die Zahlen zu ändern, oder es ist schon einer, der seit 2022, seit dem 20-jährigen Jubiläum, bei Ihnen rumliegt. Aber was spekuliere ich? Zuzutrauen wäre Ihnen jede dieser Optionen. Beim Lesen des Antrags würde man eines jedenfalls nicht erwarten: „Die währungstheoretische Fehlkonstruktion Euro“, wie Sie es nennen, erfreut sich bei den Deutschen einer erstaunlich hohen Beliebtheit. Auch das sagen die Umfragen. Und ist es ein Wunder? Der Euro trägt schließlich dazu bei, dass die Inflation niedrig gehalten wird. Dieses Experiment haben wir in den letzten Monaten ja hautnah miterleben dürfen: Wir hatten überall in Europa Preissteigerungen – ja, wir wissen auch, warum –, aber im Vergleich zu den EU-Staaten, die keinen Euro haben, ist die Inflation in den Eurostaaten deutlich niedriger geblieben, trotz aller erdenklichen Bemühungen aus Moskau, uns über gestiegene Energiepreise infolge des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Druck zu setzen. Auch im Vergleich zu anderen global bedeutenden Währungen, wie dem US-Dollar oder auch der chinesischen Währung, hat sich der Euro als äußerst stabil erwiesen und auch in jüngster Zeit wieder an Wert gewonnen. Nein, die haben ohnehin schon viel zu viel Raum in dieser Debatte. Insbesondere für Menschen mit niedrigem Einkommen ist es von entscheidender Bedeutung, dass Preise für Güter und Dienstleistungen relativ stabil bleiben und dass sie nicht durch plötzliche Preisanstiege finanziell belastet werden. Geldwertstabilität ist übrigens auch für Unternehmen und für Investoren eine ganz wichtige Grundlage und ein Anreiz, in den Euro zu vertrauen und dann auch zu investieren. Und durch die Nutzung einer gemeinsamen Währung entfallen lästige Kosten für den Umtausch von Währungen, bei Reisen – das kennen wir alle, wenn wir in Europa unterwegs sind –, aber auch beim grenzüberschreitenden Handel innerhalb der Eurozone. Das erleichtert den Zugang zu Produkten und Dienstleistungen aus anderen Euroländern, und es ermöglicht Menschen und Unternehmen, von einem breiteren Angebot auf dem Markt zu profitieren. Der Euro fördert darüber hinaus Handel und die wirtschaftliche Integration innerhalb der Eurozone, was zu einem stärkeren Wirtschaftswachstum und zu einer höheren Beschäftigungsquote führt. Das merken wir auch hier in Deutschland. Wir haben nämlich aktuell so viele Menschen in Beschäftigung wie noch nie in der Geschichte unseres Landes. Schließlich ist der Euro mehr als nur eine klimpernde Münze, ein Stück Papier oder eine digitale Zahl auf dem Bildschirm; der Euro ist ein Symbol für die Einheit und für die Stärke Europas. Für Deutschland spielt er eine ganz besonders wichtige Rolle, weil wir als Land in der Mitte dieses Kontinents am stärksten von Europa und damit natürlich auch am stärksten von unserer gemeinsamen Währung profitieren, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Aber natürlich machen Sie sich über all diese positiven Errungenschaften keine Gedanken, nicht darüber, was für Deutschland gut ist. Ihre Strategie besteht darin, dass sich Ihre Europakandidaten für die Interessen fremder Mächte zur Verfügung stellen und sich von einem russischen Einflussnetzwerk steuern lassen. Dank der akribischen Arbeit unter anderem der tschechischen Spionageabwehr und der Tageszeitung „Deník N“ wissen wir, dass die russisch finanzierte Nachrichtenseite „Voice of Europe“ auch Maximilian Krah und Petr Bystron aus Ihren Reihen unterstützt hat, die Plätze eins und zwei auf Ihrer Kandidatenliste für den 9. Juni 2024. Merken Sie sich das, Kolleginnen und Kollegen! Nicht nur, dass dieser Skandal überhaupt ans Licht kam, weil ein Kurier dieses Netzwerks mit Hunderttausenden von – man höre! – Euronoten in einem Koffer vom tschechischen Sicherheitsdienst erwischt wurde! Nach neuesten Medienberichten hat Petr Bystron von diesem Netzwerk möglicherweise auch ganz konkret finanziell profitiert. Interessanterweise ließ er sich einem Medienbericht zufolge in welcher Währung bezahlen? Sie werden es erraten, meine sehr geehrten Damen und Herren: in Euro. Warum eigentlich nicht in Rubel? Ich kann hier, ehrlich gesagt, nur raten: wahrscheinlich, weil der nicht so sicher, stabil und allgegenwärtig ist wie der Euro. Das ist nur einer der vielen Abgründe und Unstimmigkeiten im Skurrilitätenkabinett der AfD-Politik. Wie kann eine Partei, die vorgibt, deutsche, die vorgibt, nationale Interessen zu vertreten, eigentlich gleichzeitig finanzielle Verbindungen zu einem ausländischen Propagandanetzwerk haben? Das ergibt einfach keinen Sinn – genau wie Ihr Antrag. Deswegen lehnen wir ihn ab.