Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In Russland wurde vor wenigen Tagen etwas abgehalten, das vieles war, aber sicherlich keine freie Wahl. Wir wissen, Russland ist inzwischen eine Diktatur geworden. Politischer Wettbewerb wird in Wahrheit nicht einmal mehr simuliert. Bei der Rede meiner Vorrednerin ist mir etwas aufgefallen, das so absurd und unlogisch ist, dass es hier, glaube ich, einmal ausgesprochen gehört: Frau Weidel sprach von mangelnder Fähigkeit Deutschlands zur Landesverteidigung. Und kein Zweifel: Die Stärkung der Bundeswehr ist ein Herzensanliegen dieser Koalition und der Bundesregierung. Aber Landesverteidigung ist deshalb notwendig, weil es eine Bedrohung gibt. Von wem geht genau diese Bedrohung aus? Sie geht von dem Herrn aus, zu dem man aus Ihren Reihen Folgendes hört: Herzlichen Glückwunsch zur Wiederwahl, lieber Wladimir Putin! – Es wird von sogenannten Wahlbeobachtern der AfD gesprochen, die feststellen, dort seien freie Wahlen abgehalten worden. Der Regierungsstil von Wladimir Putin wird von Politikern der AfD für Deutschland empfohlen. Meine Damen und Herren, welche Partei sitzt hier eigentlich, die eine Politik der unmittelbaren Bedrohung als Regierungsstil für Deutschland empfiehlt? Das ist nicht nur unglaubwürdig, das ist unpatriotisch, was Sie machen. Unpatriotisch! Sie gefährden unsere Sicherheit durch solche Reden. Absurd! Es muss hier ausgesprochen werden: Sie handeln nicht im Interesse des deutschen Volkes! Sie schaden Deutschland mit Ihrem Handeln in der deutschen Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wladimir Putin schüchtert ein, er spaltet, er zersetzt. Aber die Vorredner – Herr Bundeskanzler, Herr Merz, Kollegin Dröge – haben hier gesagt: Sein Ziel erreicht er nicht. – Was die NATO betrifft, hat er bisher das Gegenteil erreicht. Ich freue mich ausdrücklich über den Beitritt Schwedens zur NATO in diesem und Finnlands im letzten Jahr. Auch die Europäische Union steht fester zusammen; denn auf dem Europäischen Rat – der Bundeskanzler hat es erwähnt – werden wir auch über Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau sprechen. Lassen Sie mich eines sehr klar sagen: Unsere Freunde in der Ukraine haben unsere volle Unterstützung bei der Verteidigung jedes einzelnen Quadratmeters ihres Territoriums. Deshalb will ich in aller Deutlichkeit sagen: Ich bin dankbar für die Worte des Bundeskanzlers, die sehr klare Haltung und Klarstellung an dieser Stelle, und ich bin ausdrücklich auch dem Bundesverteidigungsminister dankbar für seine Worte in Warschau, meine Damen und Herren. Das ist die Haltung dieser Bundesregierung. Ich will es noch einmal unterstreichen, weil teilweise Zweifel aufgekommen waren. Es geht in diesem Systemwettbewerb aber auch um unsere Freiheit, unsere Werte und um Frieden in Europa. Unsere wirtschaftliche Stärke – und das muss man wissen – ist dabei unmittelbar mit unserer geopolitischen Stärke verbunden. Erinnern wir uns an den Fall des Eisernen Vorhangs: Es war ja insbesondere die ökonomische Überlegenheit des Westens, der westlichen Marktwirtschaften, gegenüber dem Systemrivalen Sowjetunion, die uns damals stark gemacht hat, Frieden und Freiheit gewährleistet und die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes möglich gemacht hat, meine Damen und Herren. Wir haben vor einiger Zeit im Deutschen Bundestag über den Jahreswirtschaftsbericht gesprochen. Ich will in aller Deutlichkeit sagen: Das Wirtschaftswachstum in der Bundesrepublik Deutschland, aber auch die Wachstumsraten in der Europäischen Union können und sollten uns nicht zufriedenstellen. Unser Land braucht nach mehr als anderthalb Jahrzehnten mangelnder Reformpolitik mehr wirtschaftliche Dynamik und eine solide Grundlage für neuen Wohlstand. Deswegen haben wir auf nationaler Ebene einiges auf den Weg gebracht: Inflationsausgleichsgesetz, Zukunftsfinanzierungsgesetz, Fachkräfteeinwanderungsgesetz, die Senkung der Stromsteuer, die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, um nur einige Beispiele zu nennen. Am Freitag wird der Bundesrat über das Wachstumschancengesetz final entscheiden. Und ich hätte mir gewünscht, Herr Merz, Sie hätten als Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion, aber auch als Parteivorsitzender der CDU Ihre Rede heute genutzt, um eine beruhigende Nachricht ins Land auszusenden. Ich sage als Mitglied der Regierungskoalition in Richtung des Spitzenoppositionspolitikers: Meine herzliche Bitte ist, dass nach den vorsichtigen Andeutungen in den letzten 48 Stunden jetzt das Signal von der Union ausgeht, dass das, was in Briefen gefordert wird, nämlich steuerliche Entlastungen, mehr wirtschaftliche Dynamik, umgesetzt wird und dass die CDU, wo sie in Regierungsverantwortung in den Ländern ist, endlich Ja sagt zu Steuersenkungen und Entbürokratisierung, meine Damen und Herren. Das ist meine herzliche Bitte. Beim Europäischen Rat, Herr Bundeskanzler, wird auch über das Europäische Semester, über die wirtschaftliche Dynamik in Europa gesprochen. Wenn wir Unternehmen in Deutschland, aber auch in anderen Ländern der EU nach den größten Herausforderungen fragen, dann ist eines klar: Neben Digitalisierung, Fachkräftemangel und hohen Energiepreisen nennen 70 Prozent der deutschen Unternehmen zuallererst die Bürokratie. Mit dem Meseberger Entlastungspaket, dem Bürokratieentlastungsgesetz des Justizministers – 3 Milliarden Euro Entlastung für die deutsche Volkswirtschaft, für unsere Unternehmen –, haben wir in Deutschland einiges auf den Weg gebracht. Aber ich habe – das will ich deutlich sagen, Herr Bundeskanzler – auch eine Erwartungshaltung an die Europäische Kommission. Ich habe die Erwartungshaltung, dass man noch vor der Wahl zum Europäischen Parlament umsteuert. Ich habe die Erwartungshaltung, dass Frau von der Leyen umsteuert, dass sie aufhört mit Überbürokratisierung, dass sie aufhört, die Wirtschaft in den Nationalstaaten Europas immer weiter zu gängeln – sei es das Verbrenner-Verbot oder all die anderen Dinge, die in den letzten Jahren ausgedacht worden sind. Damit muss Schluss sein, meine Damen und Herren. Wirtschaftliche Dynamik in Deutschland organisieren wir gerne. Sie muss aber auch in Europa organisiert werden, liebe Kolleginnen und Kollegen. Zum Schluss will ich sagen: Auf europäischer Ebene gilt das Gleiche, was wir auf nationaler Ebene angesichts von eineinhalb Jahrzehnten mangelnder Reformpolitik – ich habe es vorhin erwähnt; das ist verschüttete Milch, andere waren verantwortlich – als Auftrag angenommen haben. Es ist die Aufgabe dieser Regierungskoalition, erneut für wirtschaftliche Dynamik in Deutschland zu sorgen. Das ist unser zentraler Regierungsauftrag, den wir annehmen. Und gleichzeitig werden wir auf europäischer Ebene dafür kämpfen, dass der gesamte Kontinent wirtschaftlich stark wird; denn von der wirtschaftlichen Stärke der Europäischen Union, die so unmittelbar mit Frieden und Freiheit verbunden ist, hängt unsere geopolitische Stärke ab. Dieser Europäische Rat muss jetzt der Auftakt sein und die Gelegenheit nutzen, die Weichen zu stellen, damit Europa endlich wieder wirtschaftlich stark wird. Das ist meine Erwartungshaltung, auch an die Europäische Kommission. Ich danke Ihnen.