Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Man wundert sich schon, wo die Union in den letzten Wochen und Monaten war; denn diese Koalition hat mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen auf die Migrationslage reagiert. Die Beschlüsse der MPK sind fast vollständig umgesetzt. Deutschland hat GEAS zugestimmt und das Rückführungsverbesserungsgesetz beschlossen. Es gibt mehr Geld. Die Binnengrenzkontrollen werden aufrechterhalten und ausgeweitet, das Personal bei BAMF und in den Jobcentern wird aufgestockt. Die Arbeitsmöglichkeiten für Asylsuchende werden erweitert, es werden mehr Länder als sichere Herkunftsstaaten ausgewiesen und Leistungen gekürzt. Die Zustimmung zu diesem Maßnahmenkatalog – ich sage das so offen, weil das kein Geheimnis ist –, fällt meiner Fraktion, meiner Partei in Teilen sehr schwer und stellt eine Zumutung dar. Aber er ist das Ergebnis eines politischen Kompromisses, und den tragen wir auch in Verantwortung für unser Land mit. Das aber, was die Union hier mit diesem Antrag macht, ist schon ein starkes Stück und hat überhaupt nichts mit Verantwortung zu tun. Sie ignorieren den Kompromiss der MPK vollkommen und tun in Ihrem Antrag so, als wäre überhaupt gar nichts umgesetzt. „Wir haben sehr viel auf den Weg gebracht“, sagt Boris Rhein. Und weiter: „Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass wir so viel hinbekommen.“ Auch Boris Rhein, CDU-Ministerpräsident, letzte Woche beim Bund-Länder-Treffen. Aber für die Union des Friedrich Merz ist das nach acht Tagen keinen Pfifferling mehr wert. Das zeigt doch schon die ganze Absurdität dieser Debatte. Sie sollten mal eine gesunde Form der Anerkennung an den Tag legen; da würde Ihnen kein Zacken aus der Krone fallen. Sie könnten es Ministerpräsident Rhein gleichtun und Ruhe reinbringen, mit Ruhe und Weitblick schauen, was die Maßnahmen bewirken. Stattdessen kommen Sie mit immer weiteren Forderungen um die Ecke. Und wem nützt das alles? Sie denken vielleicht: „Super Wahlkampfthema für den Juni!“; aber die rechts von Ihnen können ihr Glück kaum fassen, was für ein Wahlkampfgeschenk Sie denen bescheren. Wir müssen weg vom Populismus und von Scheinlösungen und weiter sachlich fundiert an diesen Fragen arbeiten. Es geht auch darum, wie wir den Menschen, die hier sind, eine Perspektive bieten. Es gibt unzählige Beispiele dazu, wie uns diese aufgeheizte Debatte schadet, auch wirtschaftlich. In den letzten Tagen kam beim MDR ein Bericht über Ahmad: syrischer Flüchtling aus Erfurt, spricht Deutsch, arbeitet seit einem Jahr in einer Elektroinstallationsfirma. Die Firma suchte händeringend nach Personal. Und plötzlich entzieht ihm die Ausländerbehörde die Arbeitserlaubnis, weil seine – ich zitiere – „immer bessere Integration einer späteren Abschiebung im Weg stehen könnte“. Ergebnis: Er bekommt jetzt Sozialhilfe, statt Steuern zu zahlen, und die Firma hat niemanden, der den Job machen wird. Gleichzeitig diskutieren wir hier in diesem Land über einen Arbeitszwang für Geflüchtete. Die Leute wollen arbeiten, aber sie dürfen nicht. Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt! Wir brauchen Zuwanderung, um unsere wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit zu erhalten – hektische und ungeduldige Schnellschüsse helfen da überhaupt nicht weiter –, und deswegen müssen wir gerade auch bei der Abschaffung der Arbeitsverbote weiterkommen. Die Koalition hat da auch schon was auf den Weg gebracht. Aber es muss vollkommen klar sein, dass wir alle Arbeitsverbote abschaffen müssen. Das ist unser Ziel und daran werden wir weiterarbeiten. Das sind die Punkte, bei denen man einfach mal feststellen muss, dass es zu einer Migrationspolitik im 21. Jahrhundert bei der Lage Deutschlands auch dazugehört, anzuerkennen, dass wir 400 000 Beschäftigte zu wenig haben. Wir brauchen 400 000 Menschen mehr in diesem Land, um den Laden am Laufen halten zu können. Das könnten Sie auch mal anerkennen, statt sich hier immer nur populistisch zu gebaren.