Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die AfD schreibt in ihrem Antrag, dass der Fachkräftemangel gravierende Folgen für die deutsche Wirtschaft hat. „Donnerwetter!“, möchte man zu dieser erhellenden Erkenntnis sagen und fragt sich, welche Fachkraft Ihnen diesen klugen Satz aufgeschrieben hat. Jetzt würde man ja erwarten, dass nach so einem Satz ein Feuerwerk an Ideen gezündet wird, wie Sie denn diesen Fachkräftemangel beheben wollen. Aber stattdessen ergießen Sie sich seitenlang darin, zu erklären, wer alles in diesem Land nicht arbeiten kann. Und Ihre Lösung für diese Menschen ist ganz einfach: Sie wollen sie aus dem Bürgergeld raus in die Sozialhilfe hineinschieben. Da kann ich nur sagen: Typisch AfD. Egal wie das Problem lautet: Sie wollen Menschen abschieben, jetzt auch noch innerdeutsch. Meine Damen und Herren: Wer als Werkzeug nur einen Hammer in der Hand hat, der sieht halt bei allen Problemen nur noch einen Nagel. Das ist genau der Unterschied zwischen uns und Ihnen: Sie teilen Menschen in nützlich und unnütz ein; wir hingegen glauben an die Fähigkeit der Menschen, sich zu ändern, wenn sie eine faire Chance im Leben bekommen. Und daran arbeiten wir in diesem Haus. Ihr Antrag ist auch wirklich unlogisch: Sie beklagen den Fachkräftemangel, und die erste Idee ist, erst einmal 1 Million Menschen per se als arbeitsunfähig zu deklarieren. Wie das das Problem lösen soll, habe ich, ehrlich gesagt, nicht verstanden. Es ist auch falsch, zu behaupten, dass die Jobcenter ihrer Aufgabe, Leute in Arbeit zu bringen, nicht nachkommen. In unserer Regierungszeit von 2017 bis 2021 haben wir es geschafft, 1 Million Menschen, die erwerbsfähig, aber arbeitslos waren, und 300 000 nicht erwerbsfähige Menschen aus dem System herauszubringen. Das ist die Leistung, die die Jobcenter erbracht haben. Ihr Antrag ist auch wirklich absurd; denn am Ende des Tages sagen Sie, dass nur die Menschen in Sozialhilfe gehen sollen, die weniger als drei Stunden am Tag arbeiten können. Da kann ich auch nur sagen: Herzlichen Glückwunsch! Das ist bestehende Rechtslage. Also, mit der Fachkraft in Ihrer Fraktion scheint es nicht wirklich weit her zu sein. – Für den freundlichen Applaus aus der Ampel darf ich mich ganz herzlich bedanken. Aber Sie haben sich ein bisschen zu früh gefreut; Sie kriegen Ihr Fett auch noch weg. Als Sie nämlich das Bürgergeld hier eingeführt haben, haben wir Sie massiv kritisiert, und zwar vor allem deswegen, dass Sie sich bei Ihrer Reform viel zu sehr darauf konzentriert haben, wie viel Geldleistungen arbeitslose Menschen bekommen, und sich viel zu wenig darüber Gedanken gemacht haben, wie Sie eigentlich Menschen wieder in Arbeit bringen. Und das Thema interessiert Sie auch nicht; denn seitdem Sie regieren, haben Sie den Jobcentern 1 Milliarde Euro real entzogen, Geld, mit dem diese Jobcenter ihre Arbeit machen können. Das zeigt, dass Sie kein Interesse an der Jobvermittlung haben. Wir haben in den Jobcentern 45 000 engagierte Mitarbeiter. Aber über die Hälfte beschäftigt sich gar nicht mit der Vermittlung in Arbeit, sondern sie rechnet aus, was jeden Monat an Arbeitslosengeld überwiesen werden muss. Ich sage: Wir brauchen weniger menschliche Taschenrechner, wir brauchen mehr engagierte Beraterinnen und Berater, meine Damen und Herren. Ja, gerne. Mehr Sendezeit ist immer gut. Werter Kollege Rosemann, ich befürchte, dass mein parlamentarisches Gedächtnis besser ist als das Ihres Bundeskanzlers, und darf Sie noch einmal daran erinnern, wie die Geschichte richtig abgelaufen ist: Sie haben versucht, zwei Dinge miteinander zu verknüpfen, nämlich die reguläre Erhöhung des Regelsatzes für Empfänger von Leistungen aus dem SGB II, die wir jährlich hier beschließen, und eine grundsätzliche Reform des Bürgergeldes. Diese beiden Dinge haben erst einmal nichts miteinander zu tun. Sie wollten sie verquicken, weil Sie uns politisch unter Druck setzen wollten, nach dem Motto, wir würden den Menschen, die arbeitslos sind, nicht das Schwarze unter den Fingernägeln gönnen. Das war infam; das haben wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Wir haben Ihnen angeboten, die Erhöhung rechtzeitig zum 1. Januar durchzuführen und über die anderen Dinge in Ruhe weiterzuberaten, nicht zuletzt auch deswegen, weil die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter mehr Beratungszeit eingefordert haben, da das, was Sie vorhatten, viel zu hopplahopp war. Das haben Sie verneint. Sie haben Politik auf dem Rücken der Schwächsten gemacht – ausgerechnet die Sozialdemokratie, ausgerechnet Sie! Deshalb sage ich Ihnen: Es braucht jetzt drei Dinge – hören Sie gut zu! –: Sie müssen erstens beim Bürgergeld dafür sorgen, dass wir das nicht nur digitalisieren, sondern voll automatisieren. Es kann nicht sein, dass sich über 25 000 Menschen in den Jobcentern nur mit Formularen herumschlagen. Wenn Sie das machen wollen, werden Sie feststellen, dass das aktuelle Recht viel zu kompliziert ist, um das voll zu automatisieren. Sie müssen also zweitens das Recht vereinfachen, insbesondere bei den Kosten der Unterkunft, also das, was wir als Miete bezeichnen. Und drittens müssen Sie die Transferentzugsraten verbessern. Den Menschen muss mehr Netto vom Brutto am Monatsende übrig bleiben, wenn sie sich aufmachen, mehr zu arbeiten. Wenn Sie das vorhaben, dann haben Sie uns an Ihrer Seite. Herzlichen Dank.