Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Die Fakten machen deutlich: Das liberale Modell der Prostitution in Deutschland ist gescheitert. Gerade unter dem Deckmantel der Legalität gibt es mehr sexuelle Ausbeutung, mehr Täuschung, Drohung und Gewalt, mehr Menschenhandel als je zuvor. Jeden Tag erleben Zigtausende Opfer sexuelle Übergriffe verbunden mit Schmerzen, Ekel, Demütigungen. Sie können sich nicht dagegen wehren; sie können keine Grenzen ziehen. Sie haben nach Evidenz gefragt: Über das eben Geschilderte berichten Überlebende, Ermittler, Sozialarbeiterinnen, Ärzte und Ärztinnen. In Freierforen können wir darüber aus der sehr speziellen Sicht der Freier, die besonders frauenfeindlich ist, lesen. Und wir können das immer wieder der Berichterstattung über Morde an Prostituierten entnehmen, zuletzt im November des letzten Jahres, als Nadja, 31 Jahre, in Koblenz von ihren Zuhältern gefoltert und ermordet wurde. Es sind diese Tatsachen, die uns in der Unionsfraktion überzeugt haben, dass wir einen Paradigmenwechsel brauchen. Mir sind hier viele Übereinstimmungen in der Analyse der Lage aufgefallen. Deshalb hoffe ich, dass diese Debatte der Startschuss dafür ist, dass wir uns hier im Bundestag noch mal mit der Situation der Prostituierten auseinandersetzen, uns über die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten austauschen und dabei auch die Fehler berücksichtigen, die in anderen Ländern gemacht werden. Lassen Sie uns mit der Situation der Prostituierten noch einmal beschäftigen, und zwar nicht nur hier und heute in dieser Debatte. Nehmen wir die heutige Debatte als Startschuss. Als die Legalisierung 2002 in Kraft gesetzt wurde, war das Ziel, Prostituierten den Zugang zur Sozialversicherung zu gewähren und ihnen zu ermöglichen, ihren Lohn einzuklagen. Die Zahlen zeigen, dass dieses Ziel deutlich verfehlt wurde. Das hat nicht funktioniert. Es haben lediglich 50 Frauen die Chance ergriffen, Mitglied der Sozialversicherung zu werden, und Klagen auf Lohn sind gar nicht bekannt. Gewalt ist weiterhin an der Tagesordnung, und Selbstbestimmung ist eine Illusion. Gerne. Vielen Dank für die Frage. – Es gibt sicherlich unterschiedliche Ausprägungen von Prostitution, aber es gibt hier ein ganz klares Zahlenverhältnis. Wir haben einige wenige Prostituierte, die selbstständig und selbstbestimmt arbeiten. Das gilt vor allem für den Domina-Bereich und vielleicht auch noch für ein paar andere Bereiche. Aber wir müssen uns entscheiden: Wollen wir Politik machen für diese wenigen, oder wollen wir Politik machen für die vielen Zigtausend Opfer, für die Prostitution nichts anderes bedeutet, als jeden Tag vielfach vergewaltigt zu werden. Ihre Frage zeigt vor allem noch mal deutlich, dass es ein gesellschaftliches Problem ist, um das es hier geht. Es geht um die Frage: Können wir in diesem Land Gleichstellung herstellen, solange Männer Frauenkörper zur beliebigen Benutzung kaufen können? Meine Antwort lautet Nein. Die Nachfrage führt zu einem steigenden Angebot; damit wird Geld verdient. Dafür müssen immer mehr Frauen rekrutiert werden. Genau um diesen Kreislauf geht es, und den wollen wir durchbrechen. Deshalb fordern wir das Sexkaufverbot wie in Schweden, Norwegen, Frankreich, Kanada oder Israel, das einerseits Freier und Profiteure bestraft und andererseits die Prostituierten berät und unterstützt sowie die Ermittler stärkt. Das ist wirksam und reduziert sofort die Nachfrage. Das ist notwendig; denn andere Maßnahmen wie das Prostituiertenschutzgesetz von 2016 haben nichts bewirkt. Zudem ist es auch angemessen. Zu diesem Schluss kommt man, wenn man zwischen dem Schutz der Opfer und den Interessen der wenigen, die Prostitution freiwillig ausüben, abwägt. Wir müssen jetzt handeln. Wir dürfen nicht die Ergebnisse der Evaluation abwarten. Es geht um Zigtausende Opfer, die jedes Jahr hinzukommen. Deshalb meine dringende Bitte und mein Appell: Lassen Sie uns jetzt an die Arbeit gehen. Wir dürfen nicht länger warten. Danke schön.