Sie haben es aber in den letzten zweieinhalb Jahren verschlafen, sich mit den Ländern und den Kommunen auf ein gemeinsames Zielbild zu einigen, wie unser föderaler Staat in zehn Jahren aussehen soll. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Saathoff, ich schätze Sie ja persönlich. Aber es ist schon bemerkenswert, dass Sie hier die Debatte eröffnen. Das ist die zweite und dritte Lesung, das ist der Abschluss des parlamentarischen Verfahrens eines ganz wichtigen Gesetzes, und Sie, liebe Kollegen von den Koalitionsfraktionen, lassen die Debatte von einem Regierungsmitglied eröffnen. Das ist schon bezeichnend! Das Zweite, was ist interessant ist, ist, dass der Staatssekretär zu uns kommt. Wo ist bei diesem Thema eigentlich Ministerin Faeser? Ich habe sie in den zweieinhalb Jahren seit Beginn dieser Regierung beim Thema „Verwaltungs- und Staatsmodernisierung“ noch nicht ein Mal bewusst wahrgenommen. Es kann doch nicht sein, dass so ein wichtiges Thema überhaupt nicht von der Ministerin bearbeitet wird. Ich erinnere daran: Digitalisierung war ein wichtiger Punkt Ihrer Koalitionsverhandlungen, Digitalisierung war einer der ersten Punkte, die Sie in Ihrem Sondierungspapier aufgezählt hatten. Seitdem hält man beim Thema „Staatsmodernisierung und Verwaltungsdigitalisierung“ einen Dornröschenschlaf. Deshalb hat es auch zweieinhalb Jahre gedauert, bis wir dieses wichtige und entscheidende Gesetz endlich im Parlament hatten. Das ist deutlich zu lange. Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine digitale Verwaltung ist wichtig für unseren Staat. Denn unsere Unternehmen klagen alle über lange Prozesse, über viel Bürokratie. Eine digitale Verwaltung ist aktive Wirtschaftsförderung. Eine digitale Verwaltung trägt dazu bei, dass Menschen glücklicher sind. Das sehen wir in den nordischen Ländern, wo der Staat die Bürger eben nicht mit langwierigen Prozessen belämmert, sondern ihnen sehr serviceorientierte Angebote macht. Und eine digitalisierte Verwaltung ist wichtig für das Funktionieren unseres Staates; schließlich gehen in den nächsten Jahren über 1 Million Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in Rente. Das wird die Verwaltung nur verkraften, wenn wir durchdigitalisiert sind. Darüber sind wir uns mit Sicherheit alle einig. Es gab dazu gute Papiere: von uns, vonseiten der Länder, von den Kommunen. Nur die Position der Bundesregierung blieb über lange Zeit völlig unklar und die der Koalitionsfraktionen im Übrigen auch. Es wäre Aufgabe der Bundesregierung gewesen, zusammen mit den Ländern, den Kommunen, dem IT-Planungsrat und der FITKO aus den Erfahrungen der letzten Jahre zu lernen. Wir haben ja mit dem OZG 1.0 Erfahrungen gemacht, manche gute und manche schlechte. Sie werden jetzt versuchen, das uns in die Schuhe zu schieben. Das war aber ein gemeinsamer Prozess von Bund, Ländern und Kommunen. Deshalb muss man auch gemeinsam aus den Erfahrungen lernen und es besser machen. Und das haben Sie nicht gemacht. Deshalb ist es auch kein Wunder, dass Ihr Gesetzentwurf in der Anhörung von allen Sachverständigen als unausgegoren und halbherzig bewertet worden ist. – Ich komme jetzt zum Ausschuss. – Immerhin haben Sie das Defizit erkannt. Deshalb schreiben Sie der Bundesregierung jetzt ins Hausaufgabenbuch, dass sie eine Gesamtarchitektur entwickeln muss. Das finde ich auch total richtig. Ich habe auch im Ausschuss gesagt, das ist eine richtig gute Ergänzung dieses Gesetzentwurfs. Aber es kommt eben zu spät. Wenn 17 Bauherren gemeinsam einen Architekten beauftragen, ein Haus zu bauen, dann muss man vorher in etwa wissen, wie es aussehen soll. Und genau das machen Sie eben nicht. Was fehlt dem Gesetz noch? Ambition und Verbindlichkeit. Sie führen zwar einen Rechtsanspruch ein, allerdings – man höre und staune! – in vier Jahren und nur auf Bundesleistungen – das sind etwa 115 der 600 – und nur für das Frontend, also darauf, die Leistung digital beantragen zu können. Liebe Kollegen der FDP, Sie haben in Ihrem eigenen Papier einen nach Reifegraden gestaffelten Rechtsanspruch gefordert, das Ganze auch mit konkreten Sanktionen hinterlegt. Weder das eine noch das andere sieht der Gesetzentwurf vor. Wo ist Ihre Ambition bei diesem Thema? Was wir brauchen, sind durchgehend digitale Prozesse. Dafür bräuchte man eine gute Registermodernisierung. Auch dieses Thema lassen Sie seit zwei Jahren liegen. Da braucht es jetzt endlich einen durchfinanzierten und organisierten Prozess. Es gibt viele gute Punkte in diesem Gesetzentwurf; aber wenn Sie das nicht mit finanziellen Mitteln und konkreten Maßnahmen unterlegen, wird das nichts. Ich wünsche Ihnen, dass Sie im weiteren Verfahren noch die Kurve bekommen. Alles Gute dabei! Unser Land braucht das.