Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Zwischenbericht der Enquete-Kommission zu Afghanistan beschreibt das komplette Scheitern der Beteiligung Deutschlands am Krieg. CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen waren strikte Befürworter des Krieges. Der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck erklärte, dass wir unsere Freiheit am Hindukusch verteidigen. Da die Bundeswehr inzwischen abgezogen ist, kann ich nicht feststellen, dass dadurch unsere Freiheit gefährdeter ist. Es gab damals nur eine einzige Fraktion, die gegen die Beteiligung Deutschlands an diesem Krieg war und die all Ihren Aussagen widersprach: Das war die PDS. Sie behaupteten, Afghanistan würde demokratischer werden, dauerhaft könnten dort dann Mädchen zur Schule gehen und eine Berufsausbildung erhalten, der Terror würde wirksam bekämpft werden. Ich habe damals gesagt, dass man mittels Krieg weder die Kultur noch die Religion eines Landes verändern kann. Ich wies darauf hin, dass schon Großbritannien und später die Sowjetunion den Krieg in Afghanistan verloren haben und dass es auch der NATO so ergehen wird. Sie haben dies als Unsinn zurückgewiesen, nur dazwischengerufen. Wenn Sie jetzt wenigstens wollten, dass etablierte Politik wieder glaubwürdiger wird, hätten Sie hier Ihre schweren Fehleinschätzungen deutlicher zugeben und erklären müssen, dass die damalige PDS als Einzige recht hatte. – Ja, sehen Sie, es ist wahr; aber Sie können eine Wahrheit nicht akzeptieren. Das macht Politik so unglaubwürdig. Dazu sind Sie nicht bereit. Sie muscheln sich so durch. 17,3 Milliarden Euro Steuergelder hat uns dieser Krieg gekostet. Über 93 000 Soldatinnen und Soldaten waren im Einsatz, von denen viele bis heute die Kriegstraumata nicht verarbeiten konnten. 59 Bundeswehrangehörige verloren ihr Leben. Bisher hier nicht gesagt: Tausende afghanische Zivilistinnen und Zivilisten, auch Kinder, wurden im Zusammenhang mit den Kämpfen verletzt und getötet. Ich erinnere an das Massaker von Kunduz. Nicht eines der von Ihnen genannten Ziele dieses Krieges wurde erreicht. Die Taliban stehen als Sieger da und ihre Herrschaft ist noch umfassender. Die Rechte von Frauen sind jetzt noch eingeschränkter. Auch der islamistische Terrorismus hat seine Gebiete gefunden. Ich stelle fest: Dieser Krieg wurde 20 Jahre lang gegen die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung geführt. Das Ende kam nicht durch Deutschland, sondern durch die USA, und vollzog sich chaotisch. Zu einer wirklich eigenständigen Politik war die Mehrheit des Hauses niemals willens. Der unwürdige Umgang mit den meisten Ortskräften, die der Bundeswehr halfen, ist verheerend. Trotz Afghanistan werden immer wieder Bundeswehreinsätze beschlossen. Im Kosovo steht die Bundeswehr seit einem Vierteljahrhundert. Ich frage Sie: Wollen Sie noch weitere 20, 30, 50 Jahre oder für immer dort stehen? Eigentlich müssten auch Sie nun begreifen, dass wir Deeskalation, Abrüstung, viel mehr Diplomatie, Interessenausgleich und endlich eine strikte Wahrung des Völkerrechts durch alle Seiten brauchen.