Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Fast 20 Jahre dauerte der deutsche Afghanistan-Einsatz. 93 000 Bundeswehrsoldaten nahmen daran teil, dienten in 76 Kontingenten. 59 von ihnen kehrten nicht lebend nach Deutschland zurück, genau wie drei Bundespolizisten und drei Mitarbeiter deutscher Hilfsorganisationen. Dazu kommen etliche an Körper und Geist Versehrte. Nicht am Haushalt, sondern am Schicksal dieser Menschen können wir den wahren Preis für den Afghanistan-Einsatz ablesen. Wenn es nach uns gegangen wäre, dann wären die deutschen Einsatzkräfte schon vor vielen Jahren von ihren Pflichten in Afghanistan entbunden worden. Leider gab es dafür nie eine Mehrheit. Fest steht dennoch, dass die Männer und Frauen, die für Deutschland nach Afghanistan gegangen sind, dort ihr Bestes gegeben haben, bis zuletzt, um den Menschen in Afghanistan eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Für dieses Engagement danken wir ihnen heute. Der Zwischenbericht ist eine kritische Bestandsaufnahme, möglich geworden durch die konstruktive gemeinsame Arbeit der verschiedenen Fraktionen. An dieser Stelle noch einmal: Danke dafür! Das ist übrigens etwas, was ich unserer Gesellschaft gerade jetzt auch in anderen Bereichen wünsche: die Fähigkeit, trotz aller momentanen Polarisierung am Ende gemeinsam zu konstruktiven Ergebnissen zu kommen. Ich will zwei Punkte herausgreifen. Zum einen ist der Afghanistan-Einsatz von den verschiedenen Bundesregierungen deutlich zu positiv dargestellt worden. Grund dafür war, dass das Hauptziel eben nicht war, die Mandatsziele umzusetzen – das klappte ja auch einfach nicht –, sondern es im Kern darum ging, den USA die eigene Treue zu beweisen. Um in der Bevölkerung die Zustimmung dafür zu generieren, den Afghanistan-Einsatz immer weiter fortzuführen, hat man die tatsächliche Lage in Afghanistan eben deutlich optimistischer dargestellt, als es eigentlich gerechtfertigt gewesen wäre. Fachleute konnten das in Wirklichkeit so längst nicht mehr mittragen. Daher kommt auch das Narrativ, man müsse Deutschland am Hindukusch verteidigen. Man tat so, als seien die Taliban eine globale Terrororganisation. Das sind sie nie gewesen. Sie bedienten sich terroristischer Methoden. Ihre Ziele lagen aber in Pakistan und in Afghanistan und nicht in Deutschland. Man hätte hier mit den Wählern ehrlich sein müssen. Der zweite Punkt ist, dass dieser Ansatz, diese Idee „Wir gehen mal von außen in einen völlig kulturfremden Raum hinein, verändern die Gesellschaft nach westlichem Vorbild, demokratisieren sie in Windeseile, bringen denen unsere Werte und Normen“ typisch ist. Das ist ein unrealistischer Ansatz. Davon müssen wir uns ein für alle Mal verabschieden, meine Damen und Herren. Die Welt wird ja nicht ruhiger, eher im Gegenteil. Internationales Krisenmanagement bleibt also auch in Zukunft ein Thema. Aber man muss da zukünftig mit realistischen Strategien rangehen. Um dafür eine Grundlage zu liefern, arbeiten wir auch in Zukunft weiter in der Enquete-Kommission, um am Ende einen guten Abschlussbericht vorzulegen, der hilft, Deutschland dafür zu wappnen.