Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist viel Aufregung in der Debatte. Ich würde mir wünschen, dass wir, gerade wenn wir über Asylpolitik reden, sachlich beraten und uns den ganz konkreten Zusammenhängen widmen. Deswegen einmal zur Sortierung: Die Frage, ob Bezahlkarten eingeführt werden, steht überhaupt gar nicht zur Debatte – im Gegenteil: Alle Bundesländer haben angekündigt, Bezahlkarten einzuführen. 14 Bundesländer beteiligen sich an einer gemeinsamen Ausschreibung; die zwei anderen haben eigene Ausschreibungen bereits auf den Weg gebracht. Mehr noch: Ein grüner Oberbürgermeister, Belit Onay in Hannover, ist einer der absoluten Vorreiter darin, eine Bezahlkarte einzuführen. Das tut er äußerst erfolgreich. Im November 2023 ist es in Hannover losgegangen. In den letzten Wochen sind über 150 Karten ausgegeben worden. Eine deutliche Ausweitung ist geplant. Das Ganze funktioniert ganz hervorragend. Es braucht keine Auszahlungsstellen in Hannover mehr. Die Verwaltung ist massiv entlastet worden. Das ist ein Erfolgsprojekt, das Belit Onay dort in Hannover umgesetzt hat. In Hamburg werden seit einer Woche Bezahlkarten ausgegeben. In Bayern steht das kurz bevor. Natürlich spricht Herr Söder nur in Superlativen: Es werde das schnellste und das härteste Projekt. Sie kennen diese Rhetorik. Ich muss nicht teilen, was Markus Söder in Bayern macht, was Markus Söder sagt. Aber Markus Söder beweist eines: Es geht, es ist möglich, und es ist rechtssicher möglich. Ich muss auch dem Chef der bayerischen Staatskanzlei Florian Herrmann ausdrücklich zustimmen. Er hat gestern erklärt – ich zitiere –: Man brauche zur Einführung keine Gesetzesänderung, sagt der Chef der bayerischen Staatskanzlei. Eine zweite Frage steht immer wieder im Raum: die nach der Einheitlichkeit in ganz Deutschland. Das ist eine Frage, die in den Ländern gelöst wird. Die Länder sind für die Auszahlung zuständig und dürfen eigene Verfahren festlegen. Wenn Ihnen von der Union an Einheitlichkeit gelegen ist, dann hätte ich einen Rat: Sprechen Sie mit Markus Söder. Das ist derjenige, der sich der Einheitlichkeit gerade am allerdeutlichsten verweigert. Es geht also nicht um das Ob bei Bezahlkarten, darum geht es überhaupt nicht. Es geht auch nicht um die Frage der Einheitlichkeit. Beide Fragen sind abgeräumt, darum geht es dezidiert nicht. Was für uns aber tatsächlich wichtig ist – und das gehört zur Seriosität –, ist die Frage, was wir mit einer solchen Bezahlkarte tatsächlich erreichen wollen. Ich will Ihnen gerne zwei Beispiele nennen. Wir alle kennen die Geschichten von Menschen, die viele Jahre hier bei uns leben, weil sie nicht zurückkönnen, von Kindern, die hier geboren werden, die hier in die Schule gehen, sechs Jahre hier sind, acht Jahre hier sind, zehn Jahre hier sind und Teil unserer Gesellschaft werden. Für uns Grüne zählt jedes einzelne dieser Kinder. Erstes Beispiel. Welche Folgen hat es – vielleicht auch unbeabsichtigt –, wenn wir für diese Kinder den Zugang zu Bargeld deutlich einschränken? Sie können am Schulkiosk kein Brötchen mehr kaufen. Sie können im Secondhandladen keine gebrauchten Schuhe kaufen. Sie können auf Klassenfahrten als Einzige kein Taschengeld mitnehmen. Womöglich können sie auch den Beitrag im Sportverein nicht zahlen, wenn es auf dem Fußballplatz kein Kartenlesegerät gibt. Es geht um Kinder, die dauerhaft hier leben, es geht um die Frage: Welche Folgen hat es für sie? Ein zweites Beispiel betrifft Menschen, die hier in die Schule gegangen sind, die Schule abschließen, ein Studium aufnehmen. Soll diesen jungen Menschen zugemutet werden, dass die Karte nur in einem Postleitzahlenbereich gilt? Wenn man Berlin als Beispiel nimmt: Heißt das, in Charlottenburg ja, in Pankow nein, in Neukölln auch nein? Im ländlichen Raum: Heißt das, die Karte gilt nur in einem Dorf, nur an dem kleinen Kiosk, nur an der Tankstelle, sonst nicht? Darum geht es. Das ist die Frage, die wir hier konkret und im Einzelnen prüfen müssen. Ich bin dankbar, dass einer Ihrer Innenminister, der Innenminister der CDU in Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul, heute eine weitere wichtige Frage angesprochen hat. Es geht um das Risiko, dass Menschen durch ein Bargeldverbot im Zusammenhang mit solchen Bezahlkarten in die Fänge der Organisierten Kriminalität getrieben werden. Gut, dass Herr Reul heute versprochen hat – das sind Zitate von heute –, die Entwicklung genau im Auge zu behalten, und gut, dass das Bundesinnenministerium heute erklärt hat, dass die Polizeibehörden des Bundes und der Länder die Entwicklung im Bereich der Organisierten Kriminalität aufmerksam beobachten, um zu verhindern, dass Menschen im Zusammenhang mit Bezahlkarten und einem Verbot von Bargeld in Schwierigkeiten geraten. Ich bin dankbar für diesen ernsthaften Umgang mit dem Thema. Abschließend: Bezahlkarten sind rechtssicher möglich. Belit Onay zeigt das. Bayern zeigt das. Wir werden gründlich beraten müssen, wie wir mit den ernsten Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, umgehen. Herzlichen Dank.