Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss jetzt mal eine Sache klarstellen: Das ökologische Ambitionsniveau der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU ist nicht zu hoch, es ist zu niedrig. Wir stehen mit dem Artensterben und der Klimakrise vor den größten Problemen, die wir Menschen in der Zeit unserer Zivilisation jemals hatten. Es klingt vielleicht pathetisch, aber das ist einfach Teil der Realität: Wir müssen eine ökologische Agrarwende schaffen, sonst können wir uns auf diesem Planeten nicht dauerhaft ernähren. Wir haben bekanntlich keinen zweiten Planeten. Dass die Agrarpolitik der EU zu kompliziert und zu bürokratisch ist, liegt nicht daran, dass sie zu ökologisch ist. Das liegt daran, dass die vorherige Regierung und die rechte Mehrheit im Europäischen Parlament mit Zähnen und Klauen ein System verteidigt haben, das letztendlich Steuergelder an Grundbesitzer verteilt. 1 Prozent der größten Betriebe in Deutschland haben zwischen 2014 und 2021 25 Prozent der Subventionen bekommen, die 50 Prozent der kleineren Betriebe nur 8 Prozent der Subventionen. Das neue System der EU-Agrarsubventionen ist deshalb so bürokratisch und kompliziert – das ist richtig irre –, weil es ein schlecht gemachter Kompromiss zwischen den Profiteuren des alten Systems und der Notwendigkeit, irgendwas zu ändern, ist. Wir brauchen jetzt einen großen Schnitt in der europäischen Agrarpolitik, spätestens aber mit der nächsten Reform. Was wir nicht machen können, ist, jetzt die letzten Reste der ökologischen Vorgaben aus dem jetzigen System herauszustreichen. Wer ein bisschen Sinn für die Zukunft hat, kann das nicht mitmachen. Ich bin froh, dass Steffi Lemke und Cem Özdemir hier für die Biodiversität kämpfen. Das werden uns kommende Generationen danken. Jetzt kurz zur AfD. Das ist völlig inkonsequent und inkonsistent, was Sie hier machen – Gero hat es schon vorgetragen –: mal für Subventionen, mal alle streichen, mal einige davon verdoppeln; mal für Glyphosat, mal dagegen. Aussprechen können Sie das Wort auch nicht. In Berlin gegen Gentechnik reden, im Europaparlament aber dafürstimmen. Ich würde es Ihnen ja verzeihen. Ich erwarte gar nicht, dass Sie wissen, was GLÖZ und Ökoregeln sind, wie man Glyphosat richtig ausspricht. Ich erwarte auch nicht, dass Sie lesen, was in den Empfehlungen der Borchert-Kommission steht; das sind immerhin 20 Seiten. Sie kassieren hier Diäten, ohne irgendetwas beizutragen. Ihr Ziel ist, zu zerstören und zu spalten. Und das verzeihe ich Ihnen nicht. Von der Union würde ich allerdings erwarten, dass Sie Texte lesen. Mit Erlaubnis der Präsidentin würde ich gerne aus einem Bundestagsprotokoll vorlesen. Ich zitiere jetzt einmal Oliver Vogt; der sitzt gerade ganz vorn bei der CDU/CSU. Am 25. Januar 2023, also vor wenigen Monaten, forderte er: „Setzen Sie die Ergebnisse der Borchert-Kommission und der ZKL endlich konsequent um!“ Ähnliches sagten Albert Stegemann am 16. Juni, Steffen Bilger am 7. September, Julia Klöckner am 12. Oktober letzten Jahres, dieses Jahr Artur Auernhammer am 19. Januar. Ich finde das auch sehr richtig. Man muss dann aber auch lesen, was drinsteht. Ich zitiere aus dem Abschlussbericht der Borchert-Kommission, übrigens aus dem Februar 2020, also von vor vier Jahren: Jetzt haben Cem Özdemir und sein Haus ein Eckpunktepapier vorgelegt, um genau das zu machen. Und was höre ich von der Union? Sie schimpfen darüber. Markus Söder postet seine Protestbratwurst. Ich glaube, Sie haben es sich in der Opposition ganz schön bequem gemacht und sagen jetzt zu allem Nein. Wir aber regieren. Seit dem 1. Februar muss an der Fleischtheke bei Geflügel, Schaf- und Schweinefleisch gekennzeichnet werden, wo es herkommt. Seit Oktober ist es einfacher für Kantinen und Restaurants, Biolebensmittel auf die Speisekarte zu nehmen. Ab August gilt die Tierhaltungskennzeichnung, seit Juni 2023 die Novelle im Baurecht, die es einfacher macht, Ställe umzubauen. Wir kriegen was hin. Das ändert das Land zum Guten. Regieren ist halt auch arbeiten. Vielen Dank.