Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Audretsch, weil Sie mal ja wieder die 16 Jahre angesprochen haben: Als wir 2005 übernommen haben, hatte dieses Land 5 Millionen Arbeitslose. Wir waren in der Rezession; die Regierung war am Ende. In diesen 16 Jahren hatten wir die längste Phase von Wirtschaftswachstum am Stück in der Geschichte der Bundesrepublik. Und Sie haben nur zwei Jahre gebraucht, uns in die Rezession zu führen! Das ist doch das Problem, bei dem wir aktuell sind. Zu gestern Abend: Sie müssten vielleicht gelegentlich Berlin mal verlassen. Bei mir im Münsterland macht die Landwirtschaft mit ihrem vor- und nachgelagerten Bereich 15 Prozent der Wirtschaftskraft aus. Wir haben gestern Abend gesagt: Wenn nahezu alle Ministerpräsidenten in Deutschland – nicht nur die der Union, sondern auch Frau Schwesig, Frau Rehlinger, Herr Woidke, Herr Weil – sagen: „Diese Steuererhöhung beim Agrardiesel ist falsch, weil sie bäuerliche Familien und Hunderttausende mittelständische Betriebe zusätzlich belastet“, dann muss aus diesen Ankündigungen in Sonntagsreden auch konkrete Politik werden – darum geht es! –, um Vertrauen zurückzubringen in die Politik in Deutschland insgesamt. Gerne. Liebe Frau Kollegin Haßelmann, das waren jetzt alles Verfahrensfragen, aber wenig Politik. Ich kann auch Sie einladen, mit mir einfach mal in den ländlichen Raum zu fahren. Dann kann ich Ihnen zeigen, was auf der Tagesordnung der Menschen steht. Vielleicht sollten wir uns damit beschäftigen: Was steht eigentlich auf der Tagesordnung der Bürgerinnen und Bürger? Auf der Tagesordnung der Bürgerinnen und Bürger steht, dass Sie sich wegen Ihres verfassungswidrigen Haushaltes, den Sie mit Ansage vorgelegt haben, am Ende nicht besser zu helfen wussten, als sich das Geld, das Ihnen nun für Ihre ganzen rot-grünen Projekte fehlt, durch Steuererhöhungen zu holen. Sie erhöhen die Plastiksteuer, Sie erhöhen die CO2-Abgabe, die Maut wird um 8 Milliarden Euro erhöht, und sie erhöhen auch beim Agrardiesel die Steuern. Für die schlechte Laune im Land und dafür, dass bei den Menschen dieses Thema überhaupt auf der Tagesordnung steht, sind Sie verantwortlich. Es wäre gut, wenn Sie mithelfen würden, die Probleme zu lösen, damit in unserem Land wieder Ruhe einkehren kann und die Menschen wieder Vertrauen fassen können in die Politik in Deutschland. Herr Vizekanzler Habeck, ich stehe ja immer noch staunend vor Ihrer Regierungserklärung. Sie haben hier gerade im Plauderton zusammenhanglos verschiedene Themen aneinandergereiht, wie das auch im Jahreswirtschaftsbericht selbst der Fall ist. Während die deutsche Wirtschaft als einzige aller Industrieländer in der Rezession ist, während die Arbeitslosigkeit steigt, während Investitionen aus Deutschland abwandern, während die Inflation die Menschen arm macht, reihen Sie hier einfach irgendwelche Sachbeschreibungen aneinander. Diese Rede, Herr Minister, war pure Politikverweigerung. Das ist Ihre Rezession, und wir wollen von Ihnen wissen, wie Sie uns aus dieser Rezession herausführen. Darum geht es doch heute Morgen in dieser Debatte. Okay. Ich kann Ihnen nur sagen: Das sind nicht nur Zahlen. Inflation bedeutet für die Menschen realen Kaufkraftverlust. Und wenn Sie sagen: „Die Inflation hat abgenommen, alles wieder gut“, dann antworte ich: Nein, Kaufkraft, die einmal verloren ist, ist weiterhin verloren. Deutschland ist in den letzten zwei Jahren ärmer geworden, und es wird Jahre dauern, das wieder aufzuholen. Sie leisten dann ja auch selbst einen Beitrag zur Lage, indem Sie beständig für Verunsicherung sorgen: Dauerstreit und Verzögerungen beim Heizungsgesetz; einen Industriestrompreis haben Sie vor zwölf Monaten angekündigt, bis heute ist nichts da. Kein Mensch kann sich auf das verlassen, was Sie ankündigen. Kraftwerksstrategie, Haushaltsstreit – all das verunsichert die deutsche Wirtschaft und die Verbraucherinnen und Verbraucher. Es ist mittlerweile so weit, dass im internationalen Index für das Investitionsklima das Niveau an Unsicherheit in Bezug auf Investitionen in Deutschland so groß ist wie im Vereinigten Königreich nach dem Brexit. Mit Ihrem Dauerstreit haben Sie Deutschland zu einem unsicheren Investitionsland gemacht. Die eigentliche Gefahr für den Standort Deutschland ist diese Regierung mit ihrem Dauerstreit, liebe Kolleginnen und Kollegen. Gerne. Frau Kollegin Lötzsch, ich kann Ihnen sagen, was besser wäre in einer Zeit, in der keine Investitionen nach Deutschland kommen, sondern zig Milliarden aus Deutschland herausfließen. Was gut und richtig wäre, wäre, wenn wir alle Unternehmen wieder in die Lage brächten, Gewinne zu machen. Das wäre doch mal eine gute Maßnahme. Und das passiert dadurch, dass man den Investitionsstandort stärkt, Frau Kollegin. Ich bin da einer Meinung mit dem Finanzminister, der ja eine Wirtschaftswende ausgerufen hat. Der Finanzminister will die Unternehmensteuer senken, mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt, eine Reduzierung von Bürokratielasten, eine Novelle des Klimaschutzgesetzes und eine Energiepolitik, die sich vor allem auf Versorgungssicherheit und wettbewerbsfähige Preise konzentriert. Und wissen Sie was, Frau Lötzsch? Das Bemerkenswerte ist: Wir sind eins zu eins einer Meinung mit ihm. Wenn der Bundesminister der Finanzen dieses Paket hier vorlegt, Herr Dürr, können Sie sich sicher sein: Wir stimmen zu; denn das ist genau das, was Deutschland braucht. Das ist absolut okay. Es gibt nur ein Problem, Herr Kollege Dürr – Sie haben ja gerade die intellektuellen Fähigkeiten angesprochen –: Ich habe genau zugeschaut, was passiert ist, während Sie geredet haben. Als Sie vorgetragen haben, was der Bundesfinanzminister für richtig befindet, was wir in der Union für richtig befinden, da hat sich bei SPD und Grünen nicht eine einzige Hand geregt. Deswegen kann ich Ihnen, Herr Kollege Dürr, bevor Sie sich auf die Beschimpfung der Opposition beschränken und damit aufhalten, nur eines anempfehlen: Legen Sie im Sinne eines Lambsdorff-Papiers gerne ein Lindner-Papier vor! Machen Sie es bald! Stellen Sie hier im Deutschen Bundestag die richtigen Dinge zur Abstimmung! Fragen Sie sich, ob Sie es schaffen, mit der Ampel das zu tun, was nötig ist, oder machen Sie diesem ganzen Schrecken endlich ein Ende, und überlegen Sie sich, ob Sie in dieser Koalition richtig aufgehoben sind. Das ist die Frage, die Sie sich angesichts der Reden, die Sie hier halten, stellen müssen. Man sieht ja, wie die Regierung erst nach und nach in der Realität ankommt. Herr Minister, Sie sagen öffentlich, die Lage ist „dramatisch schlecht“. – Die Zahlen? Also nach dem Motto „Der Wirtschaft geht es gut, aber die Zahlen sind schlecht“? Das sind nicht nur Zahlen; das ist konkrete Realität für Millionen Bürger. Die Wirtschaft wandert ab. Sie nennen die Lage „dramatisch schlecht“, der Finanzminister sagt, das Ganze ist „peinlich“. Immerhin, da sind Sie beide sich einmal einig. Und dann kommt der Bundeskanzler zur Sicherheitskonferenz und sagt der erstaunten internationalen Öffentlichkeit: „Don’t worry about our economy.“ Sie sagen, die Lage ist „dramatisch schlecht“, der Finanzminister sagt, sie ist „peinlich“, und der Bundeskanzler sagt, macht euch keine Sorgen, alles im Griff. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie leben mittlerweile alle drei in unterschiedlichen Wirklichkeiten. Sie sind nicht mal ansatzweise in der Lage, sich auch nur bei der Analyse der Lage zu einigen. Im Zweifel reden Sie eher gemeinsam die Dinge schön, wie Sie es heute hier gemacht haben, bevor Sie das Notwendige tun. Setzen Sie sich endlich zusammen, wenn es sein muss Tag und Nacht, und sorgen Sie dafür, dass diese Regierung die Lage einheitlich bewertet und vor allem zu einheitlichen Maßnahmen kommt, die umzusetzen sind, damit dieses Land wieder zu Wachstum kommt! Stattdessen wird angekündigt: Lindner und Habeck legen jeweils ein eigenes Papier vor. – So wird das nichts. Das alles, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist übrigens kein Selbstzweck. Wachstum ist die Voraussetzung für alles andere. Wachstum ist die Voraussetzung für soziale Sicherheit. Wachstum ist die Voraussetzung dafür, dass wir überhaupt in eine klimaneutrale Zukunft investieren können. Wachstum ist die Voraussetzung für Zusammenhalt im Land. Deswegen geht es hier nicht um irgendwelche Zahlen, sondern es geht um eine sehr konkrete Realität. Herr Kollege Dürr? Gerne. Lieber Herr Kollege Dürr, ich verstehe ja, dass Sie in einer schwierigen Lage sind. Man kann ja physisch fühlen und übrigens auch nachvollziehen, wie es Ihnen, der FDP, in dieser Koalition geht. Sie rechtfertigen diese Koalition vor sich selbst, indem Sie regelmäßig sagen, Sie würden Schlimmeres verhindern. Ich finde, Sie müssen sich mittlerweile die Frage stellen, ob Sie nicht Schlimmes ermöglichen. Die Frage müssten Sie sich vielleicht mal stellen. Im November haben wir natürlich noch nicht über den Agrardiesel gesprochen, weil Sie diese Frage wegen Ihrer eigenen verkorksten Haushaltspolitik ja erst später zum Thema gemacht haben. Deswegen gilt für uns weiterhin: Ohne Ihre Bereitschaft, auch für den wichtigen Wirtschaftszweig der Landwirtschaft das Notwendige zu tun, kann es für dieses Wachstumschancengesetz keine Zustimmung geben, ganz schlicht und einfach. Abschließend, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann man einfach nur sagen: Die Reden, die wir in dieser Debatte von der Ampel gehört haben, waren ja ein Offenbarungseid. Kommen Sie endlich vom Reden ins Handeln! Und sagen Sie dem Bundeskanzler, falls Sie ihn mal sehen – ich finde es bemerkenswert genug, dass er heute bei einer weiteren Regierungserklärung nicht da ist – – – „Er hat auch nichts zu tun“? Ich kann Ihnen mal was sagen: Das hier ist der Deutsche Bundestag. Das ist der von den Menschen im Land gewählte Souverän. Ich erwarte vom Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, dass er sich hier ab und zu mal sehen lässt, zumal wenn seine Wirtschaftspolitik zur Debatte steht. Das ist eine ganz banale Erwartung. Es mag ein altmodisches Konzept von Führung sein, aber ich würde auch erwarten, dass er endlich dafür sorgt, dass Finanz- und Wirtschaftsminister an einem Strang ziehen für Wachstum in Deutschland.