- Bundestagsanalysen
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Besonders die Angehörigen der Bundeswehr begrüße ich an dieser Stelle ganz herzlich! Die Bundesrepublik zeichnet sich seit ihrer Gründung durch einen funktionierenden Rechtsstaat aus. Gerichte entscheiden nicht willkürlich, sondern anhand geltender Rechtslage über Recht. Alle sind vor dem Gericht gleich, niemand ist gleicher. Auch die Starken und Mächtigen sind der Rechtsstaatlichkeit unterworfen. Und dies gilt – wie wir in den letzten Wochen gesehen haben – sogar für die Bundesregierung.
Keine Schadenfreude, im Gegenteil: Es ist großartig, dass unsere Gerichte sogar die Bundesregierung maßregeln können. Ein Blick in unser nahes Ausland zeigt, dass das nicht selbstverständlich ist. Extremisten und Autokraten sind unabhängige Gerichte stets ein Dorn im Auge.
Wir können auf unser Rechtssystem und unsere unabhängigen Gerichte stolz sein. Zu Recht genießen Justiz und Gerichte ein hohes Maß an Vertrauen in der Bevölkerung. 71 Prozent der Bürgerinnen und Bürger vertrauen unserem Justizwesen. Der aktuellen Bundesregierung vertrauen nur noch 21 Prozent.
Das ist aber eine optimistische Schätzung!)
Umso betrüblicher ist es, dass die Bundesregierung nicht alles unternimmt, um die Funktionsfähigkeit ebenjener vertrauensvollen Institutionen zu stärken. Im Gegenteil: Der Etat des Justizministeriums wird vernachlässigt. Mit einem Anteil von nur 0,21 Prozent am Gesamthaushalt sinkt er deutlich unter den vom Finanzministerium genannten Referenzhaushalt von 2019.
Der jetzige Haushalt des BMJ ist buchstäblich auf Kante genäht. Das geht nicht nur aus dem haushalterisch nicht klaren Zahlenwerk hervor, sondern auch aus dem Bericht des Bundesrechnungshofs. Mit den für Personal ausgewiesenen Mitteln wird das BMJ nicht auskommen. Sie werden auf Gelder für Verwaltungsausgaben und Investitionen zurückgreifen müssen. Diese bewusste Unterveranschlagung widerspricht den haushalterischen Grundsätzen von Wahrheit und Klarheit.
Beifall bei der CDU/CSU)
Von einem Justiz- und Verfassungsminister erwarte ich aber hier ein besonderes Maß an Sorgfalt.
Erst auf Nachfrage wurde zudem klar, dass der Minister schon jetzt damit rechnet, auf sogenannte Personalverstärkungsmittel des Einzelplans 60 zugreifen zu können. Mit anderen Worten: Der uns vorliegende Einzelplan Justiz wird in wesentlichen Bereichen nicht der tatsächlichen Haushaltsführung entsprechen. Das war schon zu Beginn der Beratungen im September klar. Der Rechnungshof und wir haben auch mehrfach auf diesen Missstand hingewiesen. Dennoch hat der Minister nichts geändert.
Taub ist der Minister leider auch bei der Förderung des Ehrenamtes. Bei den Schöffen wird seit Langem vor einer Unterwanderung durch Rechtsextreme, Populisten und andere Verfassungsfeinde gewarnt. Die Förderung der ehrenamtlich tätigen Schöffen ist eine bedeutende Möglichkeit, um unsere Justiz zu stärken und unsere Gesellschaft vor Verfassungsfeinden zu schützen. Hier wäre mit wenig Geld viel möglich gewesen, wie unser Antrag zeigte.
Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Clara Bünger [fraktionslos] und Anke Domscheit-Berg [fraktionslos])
Der Ampel war es das aber leider nicht wert.
Bei anderen Bereichen freue ich mich über den Einsatz von euch, liebe Ampelkollegen. Ihr habt den Minister in einem mir sehr wichtigen Punkt bewegt: Es ist gut, dass das BMJ nun doch das Anne-Frank-Zentrum und das Wohnungsbauprojekt für Holocaustüberlebende in Israel unterstützt.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Clara Bünger [fraktionslos])
Für mich ist jedoch wirklich nicht nachvollziehbar, warum diese Titel im Regierungsentwurf überhaupt auf null Euro heruntergesetzt worden waren und erst in der Bereinigungssitzung wieder angehoben wurden.
Am 7. Oktober fand der Terroranschlag der Hamas gegen Israel statt. Mehr als 1 200 Menschen wurden brutal getötet, viele entführt. In Deutschland kam es zu Demonstrationen, die sich solidarisch mit der Hamas zeigten: Demonstrationen für Terror und Gewalt, für den Tod von Jüdinnen und Juden, gegen Israel und gegen jüdisches Leben, und das in Deutschland, 79 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz. Es wäre wirklich eine starke Geste der Solidarität mit unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern gewesen, schon in der Einzelplanberatung am 18. Oktober, also zum Zeitpunkt vieler antisemitischer Angriffe, unserem Antrag zuzustimmen und die Mittel für das Anne-Frank-Zentrum wieder deutlich anzuheben.
Beifall bei der CDU/CSU)
Diese Möglichkeit haben Sie aber verstreichen lassen und erst in der Bereinigungssitzung endlich das Geld bereitgestellt.
Die Koalition hat es auch nicht für nötig gehalten, sich mit uns auf eine langfristige Finanzierung des Zentrums zu einigen. Dabei ist es doch offensichtlich, dass wir besonders unter Jugendlichen und Schülern ein Problem mit antisemitischen Einstelllungen haben und Bildungsangebote gegen Antisemitismus und Rassismus nach Kräften fördern sollten. Die Förderung des Anne-Frank-Zentrums darf nicht zum politischen Spielball werden; es verdient unbedingt unsere nachhaltige Unterstützung.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Haushalt des BMJ ist mit gut 1 Milliarde Euro sehr klein – umso bedeutender aber der Inhalt. In Zeiten, in denen wir über den notwendigen Schutz des Verfassungsgerichts sprechen müssen, wird deutlich, wie sehr wir gut aufgestellte und unabhängige Gerichte brauchen. Die finanziellen Rücklagen sind nun wirklich aufgebraucht. Für 2025 erwarte ich Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit – auch vom Bundesjustizminister.
Vielen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU)