Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Wahl des Bundespräsidenten steht vor der Tür, und das ist natürlich eine gute Gelegenheit für die AfD, parteipolitische Spielchen auf großer Bühne zu betreiben. Das erleben wir diese Woche, das können wir in Ihrem Gesetzentwurf lesen, und man spürt es auch bei den Redebeiträgen da oben von der Empore. Man kann Ihnen schön den Spiegel vorhalten. Die Bundesversammlung wird bewusst ohne Debatte durchgeführt, weil man vermeiden will, dass das wichtige Amt des Bundespräsidenten beschädigt wird, indem die Person mit Wortbeiträgen verächtlich gemacht wird. Nichts anderes haben wir heute von Ihnen erwartet und erlebt. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Reihe nach. Vor Ihnen steht tatsächlich ein Mitglied der Unionsfraktion, das es zutiefst bedauert, dass wir zur Bundesversammlung keinen eigenen Kandidaten vorschlagen. Meine persönliche Auffassung ist, dass wir in diesen herausfordernden Zeiten einen Präsidenten brauchen, der inhaltlich etwas zu sagen hat und der nicht immer klingt wie ein Politiker. Ich will ehrlich sein: In meinen Augen gelingt das dem Amtsinhaber nicht immer. Ich will auch einräumen, dass es in meiner Fraktion viele gibt, die so denken. Anders als bei Ihnen führt das bei uns aber nicht dazu, dass wir das für parteipolitische Spielchen benutzen. Dazu ist uns das Amt zu wichtig, und die Zeiten sind zu schwierig. Auch auf die Gefahr hin, dass ich Anwesende vielleicht in die Welt der Realität zurückhole, muss man doch ehrlicherweise sagen – wenn man sich die Debatte anschaut, wie Sie sie führen, wie Sie diese Woche Ihren Kandidaten vorgeschlagen haben, wie Sie im Gesetzentwurf erklären, dass Sie ein besseres Verfahren haben –: Ihnen geht es doch gar nicht darum, am Schluss den qualifiziertesten Kandidaten zu platzieren. Ihnen geht es nicht darum, dass wir am Schluss denjenigen mit den besten Fähigkeiten haben, die Gesellschaft zu einen. Ihnen geht es nicht darum, jemanden zu platzieren, der die breiteste gesellschaftliche Reputation hat. Ihnen geht es bei allem, was Sie machen – egal ob wir über das Verfahren oder über die Kandidaten reden – nur um drei Fragen: Womit erzeugen Sie die meisten Schlagzeilen? Womit erzeugen Sie die tiefste Spaltung? Womit können Sie maximal austeilen? Sie haben im Grunde genommen bis heute nicht verstanden, wie wichtig das Amt des Bundespräsidenten ist. Oder Sie wollen es vielleicht nicht verstehen; nachvollziehbar bei einer Partei, deren Mittel einzig und allein die Spaltung ist. Kollege Amthor hat Ihnen vorhin die Gelegenheit gegeben, im Bereich Verfassungsrecht noch ein bisschen nachzuarbeiten. Sie haben mitbekommen, dass die Bundesversammlung per se ein Wahlorgan sui generis ist und dass dieses Organ schon heute so gestaltet ist, dass es in maximaler Art und Weise repräsentativ die gesamte Breite unserer Gesellschaft darstellt. Und dass das funktioniert, zeigt ein Blick in die Vergangenheit. Ich will an ganz hervorragende Besetzungen dieses Amtes mit Richard von Weizsäcker, Roman Herzog, Horst Köhler oder Joachim Gauck erinnern. Das heißt, wir brauchen kein neues Verfahren. Wir brauchen Ihren Gesetzentwurf nicht. Deswegen lehnen wir ihn selbstverständlich ab.