- Bundestagsanalysen
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt ist alles andere als politische Routine. Ich verstehe alle Mitglieder des Parlaments, die immer wieder kritisch hinterfragen: Auf welcher Grundlage können wir unsere Bundeswehr in Auslandseinsätze schicken? Auch ich teile die Position, dass ein militärisches Engagement unseres Landes nie eine Selbstverständlichkeit sein darf, sondern immer im Einzelfall geprüft und im Einzelfall entschieden werden muss.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Meine Damen und Herren, es gibt – auch das ist unstrittig – auch durch unser Engagement Erfolge gegen den IS. Ja, er konnte zurückgedrängt werden, er hat nicht mehr die Kraft der letzten Jahre. Aber er ist eben immer noch längst nicht besiegt. Immer wieder neue Terroranschläge machen das deutlich, Anschläge, unter denen insbesondere auch die Zivilbevölkerung leidet. Ich glaube, meine Damen und Herren, dass dieser Terror auch schnell wieder bei uns eine Rolle spielen kann. Dieses Morden zu beenden, das darf man nicht auf halber Strecke aufgeben, sondern wir sollten uns weiter engagieren, auch um die irakischen Kräfte vor Ort weiter zu befähigen, aus eigener Kraft in den Auseinandersetzungen mit dem IS zu bestehen. Ausbildung in den Sicherheitsstrukturen ist wichtig und muss fortgesetzt werden, insbesondere an den Stellen, wo sie während der Coronazeit nicht so umgesetzt werden konnte, wie ursprünglich geplant.
Ein zweiter wesentlicher Punkt, der die Zustimmung hier heute allen ermöglichen sollte, ist der Einsatz der humanitären Hilfe. Über 3 Milliarden Euro wurden inzwischen eingesetzt für Wasserversorgung, Gesundheitsversorgung, für Bildungsangebote, für Infrastruktur; für Dinge also, um die Situation vor Ort zu stabilisieren, um der Bevölkerung konkret zu helfen. Und das wiederum ist auch in Zukunft ein Fundament für staatliche Souveränität und Eigenverantwortung des Irak. Diese humanitäre Hilfe ist ein wesentlicher Ansatz unseres Engagements.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Meine Damen und Herren, ein dritter Punkt, den ich erwähnen will – er ist wichtig für unsere Zustimmung –, ist, dass dieser Einsatz gewünscht ist. Ja, wir haben die Resolution des Sicherheitsrates. Aber wir haben vor allen Dingen auch den Wunsch der irakischen Regierung. Die beiden Ministerinnen, die Außenministerin und die Verteidigungsministerin, haben das vor 14 Tagen hier eindrucksvoll bestätigt. Frau Lambrecht ist bei ihrem Besuch vor Ort damit konfrontiert worden, dass die irakische Regierung – genauso im Übrigen wie auch unsere Bündnispartner vor Ort – erwartet, dass sich die Bundesrepublik weiter engagiert.
Wir befinden uns beim Kampf gegen den Terror in einer internationalen Solidarität, in einem internationalen Bündnis vor Ort, und die Kompetenzen der Bundeswehr sind gewünscht und sind gefordert, ob es die Luftraumüberwachung oder die Luftbetankung ist. Und auch deswegen, meine Damen und Herren, glaube ich, ist es dringend geboten, dass wir uns weiter engagieren.
Berlin haben Sie ja auch sehr sicher gemacht!)
Einen weiteren Punkt halte ich persönlich auch für entscheidend: Das ist das Thema der Evaluierung. Ja, wir werden uns – diese Koalition hat sich das vorgenommen – viel intensiver mit den Fragen auseinandersetzen: Auf welcher Grundlage engagieren wir uns militärisch, wo jetzt, wo in Zukunft? Und wie sind diese Einsätze gestaltet? Es wird einen Untersuchungsausschuss zum Thema Afghanistan geben und eine Enquete-Kommission, die dieses Engagement umfassend beleuchten wird.
Aber vor allen Dingen ist dieses Mandat im Irak das erste, in dem es nach vielen Ankündigungen der letzten Jahre nun endlich dazu kommt, dass genau hingeguckt wird, ob das, was wir wollen – nämlich den vernetzten Ansatz, militärisch und humanitär zu helfen –, den gewünschten Erfolg hat und mit welchen Folgen vor Ort wir dort tätig sind.
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, das ist nicht alles einfach ein Weiter-so. Der Verlängerungszeitraum um neun Monate, auch die Veränderung des Einsatzgebietes – ohne Syrien – und vor allen Dingen auch diese intensive Evaluierung, das inhaltliche Hinterfragen unseres Ansatzes, bringen eine völlig neue Qualität. Das ist nicht scheinheilig, und das wird nicht gemacht, um den Grünen hier über eine Zustimmung zu helfen, sondern, Herr Kollege Röttgen, das wird gemacht, weil es schlichtweg verantwortungsbewusst ist, immer wieder kritisch zu hinterfragen, auf welcher Grundlage man sich engagiert.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Meine Damen und Herren, es zeichnet sich ja – zum Glück, wie ich finde; mich freut das sehr – hier im Haus doch eine breite Mehrheit – bis auf zwei Fraktionen – für die Zustimmung zum Antrag der Bundesregierung ab. Ich glaube, dass das ein wichtiges Signal dieses Parlamentes ist, ein wichtiges Signal in Richtung unserer Bündnispartner, ein wichtiges Signal sicherlich auch für den Irak und die Verantwortlichen vor Ort selbst.
Vor allen Dingen ist es aber auch ein wichtiges Signal für unsere Bevölkerung und für die Soldatinnen und Soldaten.
Zuruf des Abg. Jan Ralf Nolte [AfD])
Das sind Männer und Frauen unserer Bundeswehr, einer Parlamentsarmee, die vor Ort hervorragende Arbeit leistet und die, wie ich finde, eben gerade auch als Parlamentsarmee, wenn wir sie in so einen Einsatz schicken, eine breite Unterstützung dieses Hauses verdient. Die SPD-Fraktion wird diesem Antrag der Bundesregierung zustimmen.
Vielen Dank.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Da freuen sich die Soldaten sicherlich drüber!)
Vielen Dank, Herr Kollege Müller. – Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Gerold Otten für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)