Sehr geehrte Frau Präsidentin! Franz Müntefering, ein kluger Analytiker, hat einmal gesagt: „Opposition ist Mist.“ Ich würde ihm da widersprechen. Wir haben – zumindest ich persönlich – in acht Jahren Opposition die Erfahrung gemacht: Man kann diese Zeit nutzen, um kluge Konzepte zu entwickeln, um sich an der Regierung abzuarbeiten. Aber ich würde in Richtung der Union sagen: Ich würde Ihnen nicht empfehlen, dort zu kritisieren, wo Sie Ihre eigenen Grundwerte infrage stellen. Ein Beispiel. Die Beibehaltung der Förderung des Effizienzhauses 55, dieses schlecht konzipierten Programms, das Sie verlängert haben, hätte dazu geführt, dass wir Steuermittel in Milliardenhöhe für einen Standard ausgegeben hätten, den wir sowieso als Standard kriegen würden. Daher auch Dank an den Finanzminister und an den Wirtschaftsminister, dass sie dort eingeschritten sind! Es war notwendig, jetzt einzuschreiten und zu sagen: Marktwirtschaft heißt, dass wir das Geld so investieren, dass so viel und nicht so wenig CO2 wie möglich reduziert wird. Das ist ein richtiger Schritt. Den haben wir vollzogen, und das war richtig so. Es wird übrigens auch weiterhin so sein, dass wir bei den Programmen, die die Industrie fordert, wo das Größte, Schnellste und Weiteste gefordert wird, nicht allem nachgeben werden, sondern uns immer angucken werden: Was ist effizient, und was wird der Markt richten? Das Wirtschaftsministerium ist nicht die verlängerte Werkbank der Industrie und Lobbyverbände. Das möchte ich auch mal eindeutig sagen. Ja. Vielen Dank, Frau Sitte, für diese gute Frage. Das ist ja der Stil von Oppositionsarbeit, den wir auch selbst gepflegt haben, als wir in der Opposition zusammengearbeitet haben, nämlich zielgerichtet auf die Programme zu schauen und nachzufragen: Wo ist Erweiterungsbedarf? Ich bin allerdings – das möchte ich bei aller Freundschaft zum Minister schon hinzufügen – nicht Vertreter der Regierung, sondern einer Regierungsfraktion. Wir werden uns alle Programme hinsichtlich Effizienz und Zielgerichtetheit anschauen. Die Coronapandemie war eine Begründung für die Erhöhung der Mittel. Wir hoffen sehr, dass wir jetzt in eine endemische Phase kommen, wo Wirtschaftsaufschwung auch wieder in einer anderen Art und Weise möglich ist. Ich kann Ihnen zusagen, dass wir das auf jeden Fall in Ihrem Sinne noch mal anschauen werden. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich Ihnen nicht mehr sagen, als dass wir uns das ganz genau angucken werden. – Danke schön. Sehr verehrte Damen und Herren, wir stehen wirtschaftspolitisch zweifellos vor großen Herausforderungen. Noch immer belastet die Pandemie den Einzelhandel, Tourismus, Gastronomie, Kulturwirtschaft. Noch immer brauchen die betroffenen Betriebe Unterstützung, und die bekommen sie auch. Ich hoffe allerdings sehr – wir alle hoffen das –, dass wir in eine Phase kommen, wo wir von den Maßnahmen und dann auch von den Hilfen herunterkommen. Dieser Zeitpunkt ist jetzt noch nicht erreicht; aber das ist etwas, was wir brauchen. Hoffentlich kommt er in naher Zukunft. Die Lieferketten sind ein Problem, gerade bei den Halbleitern. Eine gewisse Entspannung scheint sich abzuzeichnen, aber auch erst im zweiten Halbjahr, wenn man der Industrie glauben darf. Das heißt, wir werden weiter ein ruppiges Jahr haben, ein Jahr mit Investitionsunsicherheit. Deswegen ist es umso wichtiger, dass diese Regierung bei den Themen „Investitionsbereitschaft“ und „Fachkräfte“ sowie bei der Frage, wie wir mit neuen Ansätzen Innovationen vorantreiben, einen kraftvollen Aufschlag macht. Das tun wir heute mit diesem Jahreswirtschaftsbericht, mit dieser neuen Wirtschaftspolitik, die sagt: Innovation, Klimaschutz, Fachkräfteeinwanderung – das gehört zusammen, das wollen wir voranbringen. Denn dieses Jahrzehnt der 20er-Jahre soll das Jahrzehnt der großen Zukunftsinvestitionen werden. Deswegen kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, dass sich die Union ausgerechnet gegen das Projekt der großen Zukunftsinvestitionen wendet. Damit werden Sie sich, Herr Merz, keine Freunde in der deutschen Industrie, in der deutschen Wirtschaft machen. Die Industrie fordert Investitionen, sie fordert Modernisierung, sie fordert Entschlossenheit, sie fordert Planungsbeschleunigung. Da haben wir eine Gemeinsamkeit zwischen Wirtschaft und Regierung: dass wir das gemeinsam voranbringen wollen. Gerade beim Thema Fachkräftemangel kommen wir in eine kritische Diskussion. Es ist ja auch Ausdruck Ihrer Politik der vergangenen – man könnte schon sagen – Jahrzehnte, dass Sie geleugnet haben, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei, dass Sie den Spurwechsel nicht ermöglicht haben, dass Sie die vielen Potenziale nicht gesehen haben – übrigens auch von Frauen in technischen Berufen, in der Wirtschaft, in Führungspositionen. Das wollen und müssen wir jetzt nachholen. Denn wenn es uns nicht gelingt, auf der Fachkräfteseite die Potenziale zu schöpfen, dann werden wir auch die Potenziale für die nachholende Modernisierung nicht schöpfen können. Wir müssen das zusammendenken, zusammenbringen. Da ist vieles, was wir uns vorgenommen haben. Ich finde es nicht schlecht, dass wir – das will ich hinzufügen – eine ambitionierte Regierung sind. Ich habe vor Kurzem mal gesagt: Wenn wir die Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien schaffen, dann wäre das fast schon sensationell. – Von hinten her gedacht ist das, was wir jetzt machen, ein Angebot, zu sagen: Wir gehen einen entschlossenen Weg. Wir machen eine Planungsbeschleunigung mit klaren Leitplanken und der Verbindung von Wirtschaft und Klimaschutz, weil das beiden Seiten nutzt. Ich glaube, die Diskussionen der Vergangenheit – ich kann mich leidvoll erinnern; wir haben hier über die Frage diskutiert, ob die Elektromobilität oder doch die E‑Fuels die bessere Zukunftsinvestition sind – werden ja auf den Weltmärkten gar nicht mehr geführt. Sie von der AfD werden im Jahr 2030 noch behaupten, dass Braunkohlekraftwerke eine Zukunftsinvestition sind; das ist ein anderer Diskussionsstrang. Aber mit der Union, glaube ich, muss die Diskussion darüber geführt werden: Was ist der effizienteste marktwirtschaftliche Rahmen, um diese Wirtschaft sozial und ökologisch voranzubringen, um uns fit zu machen für das 21. Jahrhundert, damit wir die Ziele, die wir uns vorgenommen haben, wirklich erreichen? Vielen Dank.