Sehr verehrte Frau Präsidentin Özoğuz! Meine Damen und Herren! Erinnerungskultur ist kein Freifahrtschein, der auf Erledigung zielt. Es geht um einen Prozess, der uns begleitet. Wir leben in einer Einwanderungsgesellschaft, in der viele Menschen – auch die, die hier geboren sind – unsere Geschichte nicht wirklich kennen. Es geht darum, neue Wege zu finden, die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschlands auch im europäischen Kontext in ihrer Bedeutung für Gegenwart und Zukunft wachzuhalten, und es geht darum, dass diese Arbeit nachhaltig wirken kann und wir sie im Haushalt entsprechend finanziell ausstatten. Erinnerungskultur ist keine Drohkulisse, sondern ein Versprechen an uns alle, das Versprechen einer menschenfreundlichen Zukunft, einer Zukunft, in der Artikel 1 unserer Verfassung fest in den Köpfen und Herzen der deutschen Bevölkerung verankert ist. Für Sie hier rechts außen ist die Würde des Menschen eben nicht unantastbar. Die Würde des Menschen ist Ihnen egal, wenn dieser Mensch durch irgendetwas nicht in Ihr vom Stacheldraht eingerahmtes kleinkariertes Weltbild passt. Spätestens seit Potsdam wissen wir: Sie sind Feinde unserer Verfassung, Feinde unserer Demokratie; denn für Sie sind Menschen nicht gleich, sondern – mit George Orwell formuliert – einige sind gleicher als andere. Wer dazugehört, das wollen Sie definieren. Aber das kann ich Ihnen versprechen: Wir werden verhindern, dass Sie hier Menschen aussortieren, dass Sie hier Menschen vertreiben. Wir, das sind die Bürgerinnen und Bürger auf der Straße, das sind die Parlamente in diesem Land. Darum wird es keinen Schlussstrich unter die Erinnerungskultur geben; denn sie weist auf die Mechanismen hin, die zu Faschismus und zur Herrschaft der Leuteschinder geführt haben. Wir alle wissen: Die Nationalsozialisten haben sich in Deutschland nicht an die Macht geputscht – ihnen wurde durch die Unfähigkeit der Demokratinnen und Demokraten, vereint zu handeln, der Weg erst geebnet. Was uns heute aber bei aller Unterschiedlichkeit eint – das haben die vielen, vielen Menschen auf den Demos der Zivilgesellschaft in den vergangenen Tagen gezeigt –, ist, dass wir heute gemeinsam unsere Demokratie verteidigen. Wir brauchen uns die Demokratie nicht zurückzuholen – wir haben sie. Und wir wissen, wem wir sie ganz bestimmt nicht überlassen dürfen. Mit Blick auf diese Demonstrationen gegen den Rechtsextremismus in unserem Land – auch in Niederbayern: in Landshut, Passau, Straubing, Deggendorf und Regen; ich bin stolz darauf – fällt mir eine Zeile von Lana Del Rey ein: Hoffnung zu haben, mag gefährlich sein – aber ich habe sie. Vielen Dank.