– Ja, ja, ja. – Es gibt in Deutschland, Gott sei Dank, über 80 Millionen verschiedene Vorstellungen von Glück und vom besseren Leben. Was der Staat tun sollte: Dem Einzelnen wirtschaftlichen Wohlstand, faire Chancen und soziale Sicherheit geben, damit er seines Glückes Schmied sein kann. Dafür braucht es wirtschaftliches Wachstum, gerade in den nächsten Jahren. Stecken Sie also weniger Aufmerksamkeit in immer neue Kapitel mit immer neuen Indikatoren, und stecken Sie mehr Kraft und Energie in eine Politik des Wachstums und des Wohlstandes. Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Tage begehen wir den 125. Geburtstag Ludwig Erhards. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie haben im Dezember eine Klimaeröffnungsbilanz vorgenommen, wie man das als neue Regierung so macht. Diese Debatte hier ist eine gute Gelegenheit für eine wirtschaftliche Eröffnungsbilanz. Sie hat zwei Aspekte: Was haben Sie vorgefunden? Sie, Herr Habeck, übernehmen ein Land mit sehr niedriger Arbeitslosigkeit von deutlich unter 6 Prozent, und das bei einer Rekordzahl von über 46 Millionen Erwerbstätigen. Sie übernehmen ein Land auf dem Wachstumspfad, ein Land, das fast ein Jahrzehnt des Aufschwungs und der Haushaltsüberschüsse hinter sich hat, ein Land mit einer starken Wirtschaft, das sich – das zeigen die Zahlen – trotz dieses weltweiten exogenen Schocks der Pandemie gut schlägt. Der erste Teil der Eröffnungsbilanz besagt also: Das Erbe, das Sie angetreten haben, kann sich sehen lassen. Es ist ein Erbe nach 16 Jahren unionsgeführter Bundesregierung unter Angela Merkel, und daran werden wir Sie, Herr Habeck, in den nächsten Jahren messen. Der zweite Teil der Eröffnungsbilanz beschreibt die Lage am Anfang des Jahres 2022: Ukraine-Krise, Fragen von Krieg und Frieden, Omikron, Lieferprobleme, Inflation, hohe Energiepreise, drohende Zinssteigerungen. Viele Menschen haben bei steigenden Preisen am Ende des Monats weniger im Portemonnaie, und an den Börsen rutschen die Kurse. Es herrscht eine große wirtschaftliche Unsicherheit. In einer solchen Lage braucht das Land Führung, braucht die Wirtschaft Sicherheit, Verlässlichkeit, Vertrauen. Stattdessen werden Zigtausende Häuslebauer und Handwerker über Nacht verunsichert und vor den Kopf gestoßen, weil Sie plötzlich feststellen, dass Sie zu wenig Geld haben. Das Desaster mit der Bauförderung enthält alle Zutaten, wie man es nicht machen sollte: kein gesunder Pragmatismus, kein Sinn für die Bürgerinnen und Bürger und vor allem keine Planungssicherheit, wie Sie sie bei der Windkraft immer gebetsmühlenartig einfordern. Im Ergebnis richten Sie mehrfach Schaden an, zulasten von dringend notwendigen Fortschritten bei Eigentum und Wohnraum, zulasten des Klimaschutzes, zulasten des Vertrauens. Herr Habeck, beenden Sie dieses Chaos, und legen Sie endlich einen Plan vor, wie Sie mit den Zigtausenden Anträgen der Familien umgehen wollen. Die brauchen keine schönen Worte, die brauchen Entscheidungen, und zwar jetzt, in diesen Stunden. Daher lassen Sie mich grundsätzlich schließen. Ihr Jahreswirtschaftsbericht wirkt wie ein Nachruf auf die soziale Marktwirtschaft. In dieser unsicheren wirtschaftlichen Lage erwartet der geneigte Leser im Jahreswirtschaftsbericht Antworten auf die drängenden Fragen. Also, was ist der Plan dieser Bundesregierung, was ist Ihr Plan, Herr Habeck, bei der Inflation? Ja, die Inflation hat kurzfristige Gründe: Pandemiefolgen, Lieferketten, politisch motiviert bei Gas und Öl. Aber Inflation – das zeigt ja auch der Bericht – wird ein länger anhaltendes Phänomen sein. Energie wird teurer, die Löhne werden aufgrund des Fachkräftemangels steigen, und die Notenbanken haben kaum Spielraum, zu handeln. Wir brauchen hier mehr Taten statt schöner Worte; denn am Ende sind die Dinge für die Bürgerinnen und Bürger sehr konkret: in der Lohntüte, auf der Stromabrechnung, auf dem Sparbuch. Inflation ist zutiefst ungerecht. Sie belastet vor allem die hart arbeitende Mitte. Inflation, das ist Diebstahl am kleinen Mann, und deshalb erwarten wir hier mehr als Ankündigungen. Wir wollen konkrete Taten sehen, wie Sie als Bundesregierung sich bei der Inflation positionieren – jetzt und nicht in zwei Wochen oder zwei Monaten. Was, Herr Habeck, ist in dieser unsicheren Zeit Ihr Plan für ein stabiles Wirtschaftswachstum? Denn neben der Inflation droht in diesem Jahrzehnt stagnierendes Wachstum. Die Alterung der Gesellschaft schwächt die Produktivität. Die Energiewende ist zuallererst einmal ein milliardenschwerer Umbau ohne sofortige Wohlstands- oder Produktivitätsgewinne. Wenn es einen Ertrag gibt, dann erst in Jahren oder Jahrzehnten. Was wir für unsere älter werdende Gesellschaft allerdings brauchen – mehr denn je –, ist eine Steigerung der Produktivität. Das haben Sie gut beschrieben. Aber was folgt daraus? Es braucht klassische Wachstumspolitik, eine Reform der Unternehmensteuer, bezahlbare Energiepreise, Investitionen in neue Technologien, freien Handel. Herr Wirtschaftsminister, Herr Außenwirtschaftsminister, was ist eigentlich mit CETA? Wann legen Sie dem Deutschen Bundestag CETA endlich zur Abstimmung vor? Handel mit Kanada: Wenn Sie es in dieser Koalition nicht einmal schaffen, eine Mehrheit für freien Handel mit dem liberalen Kanada zu haben, mit wem wollen Sie überhaupt noch handeln? Auch darauf wollen wir eine Antwort haben; dazu wollen wir etwas von Ihnen hören. Wenn Sie es hier nicht zur Abstimmung vorlegen, werden wir es vorlegen, notfalls jede Woche. CETA muss hier im Deutschen Bundestag endlich ratifiziert werden. Sie wollen Planungsverfahren verbessern, vor allem für den Energieausbau. Warum soll davon nicht die gesamte Wirtschaft profitieren? Warum sollen für die Montagehallen nicht die gleichen schnelleren Verfahren gelten wie für die Windkraftanlagen? Sie haben einmal mehr über die Fragen von Naturschutz, Artenschutz und Klimaschutz gesprochen. Ja, das ist richtig. Aber man fragt sich, ob Frau Lemke, ob das Umweltministerium von dem weiß, was Sie da sagen. Sie haben es jetzt zum dritten Mal hier angekündigt. Wir wollen auch hier endlich konkrete Vorschläge sehen. Genug der Worte! Taten braucht es! Wir brauchen Vorschläge, wie wir bezüglich der Planungsverfahren einen Unterschied machen. Ich halte nichts davon, wenn nach einer Regierungsbefragung die Opposition sich selbst befragt. Nein. Zu alldem findet sich in dem Wirtschaftsbericht wenig. Es ist vor allem ein Bericht mit hohem Klimaanteil. Was ist Ihr Plan, Herr Minister, für eine soziale Energiepolitik? Sie wollen eine sozial-ökologische Marktwirtschaft. Ich gewinne den Eindruck: Es geht Ihnen vor allem um die ökologische Marktwirtschaft. Das „sozial“ droht bei Ihnen runterzukippen; das sagen ja auch schon die Sozialdemokraten in öffentlichen Diskussionen. Verbrennungsmotoren gegen Elektroautos, Gas- und Ölofen gegen Wärmepumpen zu tauschen – all das wird die Menschen viel Geld kosten, und das wird das Land viel Geld kosten. Deswegen ist Ihre Klimapolitik doch in Wahrheit mehr als alles andere auf Wirtschaftswachstum angewiesen. Denn nur eine wachsende Volkswirtschaft wird die Ressourcen bereitstellen können, die es braucht, um diese Energiewende ohne soziale Unwuchten zu gestalten. Deswegen können Sie uns nicht weismachen, dass Wachstum per se nicht mehr so wichtig wäre. Sie wollen Indikatoren neben dem Bruttoinlandsprodukt entwickeln; denn wirtschaftliches Wachstum, das wäre ja nicht alles. Das mag stimmen. Aber ohne Wachstum ist alles andere auch nicht viel. Wenn die Wirtschaft schrumpft, geht es Millionen Menschen in Deutschland schlechter. Ohne Wachstum gibt es mehr Ungleichheit, keine höheren Renten, keine gute Bildung für alle, keine eigenen vier Wände. Im Übrigen sollte der Staat niemals definieren wollen, was besseres Leben oder Glück ausmacht. Ich finde, wenn man das mal zu Ende denkt, also dass der Staat definiert, was Glück ist, was besseres Leben ist, dann endet das schnell in der Unfreiheit. Dabei ist das Gegenteil richtig. Die soziale Marktwirtschaft ist das zeitgemäße Konzept, um Ökologie und Marktwirtschaft zu verbinden. Prinzipien wie „Haftung“ und „offene Märkte“ führen zum länder- und sektorübergreifenden Emissionshandel, zu einem umfassenden Verständnis von Nachhaltigkeit und zum offenen Freihandel, mit dem wir die deutsche Klimatechnologie auch in die Welt exportieren können. Staatliche Transformation ersetzt nicht die Kraft des Wettbewerbs. Neue Wohlfahrtsindikatoren ersetzen keine neue Wertschöpfung. Absichtserklärungen ersetzen keine Freihandelsabkommen. Statt immer neuer Adjektive braucht die soziale Marktwirtschaft eine Bundesregierung, die sich an diesen bewährten Prinzipien orientiert. Sie haben am Ende gesagt, es ginge darum, Geschichten zu erzählen. Herr Minister, weniger Poesie, mehr machen, das wäre eine gute Eröffnungsbilanz.