Wir beraten heute einen Haushalt in Zeiten großer Unsicherheit. Für mich gibt es einen Maßstab für die Beurteilung: Den Wandel, den wir jetzt erleben, müssen wir mit diesem Haushalt begleiten, den müssen wir gestalten, und wir müssen in diesem Wandel für Gerechtigkeit sorgen. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte das Privileg, schon heute Morgen der Debatte beizuwohnen. Irgendwie kriege ich das nicht zusammen: Heute morgen wird das Sparen gepredigt, und jetzt wird die ganze Zeit darüber gestöhnt, dass es tatsächlich in manchen Bereichen Prioritätensetzungen gibt. Ihr Fraktionsvorsitzender Friedrich Merz sagt, er sieht Potenziale bei den gemeinsamen Ausgaben von Bund und Ländern, um Steuererleichterungen zu finanzieren. Und jetzt beklagen Sie sich, dass gemeinsame Programme wegfallen. Ich kriege das Ganze nicht zusammen. Ich will das ganz kurz an drei Beispielen klarmachen, die mir bei diesem Haushalt wichtig sind: Erstens. Ich will mal nicht mit der Technologie anfangen, sondern mit der Stärkung der Geistes- und Sozialwissenschaften; denn das war uns als SPD-Fraktion besonders wichtig. Wenn wir in einer Welt im Umbruch Entscheidungen treffen, dann geht es auch darum: Welche Wirkungen haben diese Entscheidungen eigentlich auf die Gesellschaft? Wer profitiert davon? Wie verteilt sich der Reichtum und verteilen sich die Perspektiven? Da wird ein Unterschied in den Politikansätzen deutlich: Entweder man macht Politik mit einer starren Sicht auf die Welt, mit Vorurteilen und festen Meinungen, oder man macht das mit dem Anspruch, sich auch darüber beraten zu lassen, wie unsere Politik im Konkreten wirkt. Deshalb finde ich es so wichtig, dass wir die Sozial- und Geisteswissenschaften weiterhin in die Lage versetzen, das auch zu tun, und deshalb ist der Aufwuchs im Haushalt so gut. Das Zweite. Im Bereich des BMBF haben wir mit diesem Haushalt die internationalen Wissenschaftskooperationen gestärkt; auch das kann man ja mal sagen. Das ist uns Parlamentarierinnen und Parlamentariern der Ampel besonders wichtig. Dazu haben wir auch einen eigenen Antrag geschrieben, der noch beraten wird. Uns ist es wichtig, dass wir nicht nur über Geld reden, sondern dass wir auch mit einer konkreten Haltungsfrage an diese Kooperationen herangehen. Wir wollen internationale Kooperationen, und nicht nur dort, wo es einfach ist, sondern auch mit der Wissenschaft im Globalen Süden, um mal ein Beispiel zu nennen. Und wir unterstützen die Wissenschaft in der Ukraine ganz konkret, bewusst und zielgerichtet, zum Beispiel durch das Programm „Ukraine digital“. Wir haben ebenfalls – weil wir eine stärkere Willkommenskultur in diesem Land brauchen – noch einmal den DAAD in die Lage versetzt, ein Programm für Fachkräfte neu aufzulegen. Auch das ist richtig. Drittens. Bei diesem Haushalt geht es auch um Fragen der Gerechtigkeit; die beiden wichtigsten Themen „BAföG“ und „Startchancen-Programm“ sind schon angesprochen worden. Ich möchte aber noch auf die Gesundheitsforschung schauen und zwei Themen hervorheben, die in den letzten Jahren strukturell unterforscht waren. Das betrifft auf der einen Seite die Forschungsmittel für Long Covid und ME/CFS. Wir haben darüber gute Diskussionen in diesem Haus geführt und zusammen festgestellt, dass dieser Bereich strukturell unterforscht ist. In der Vorlage der Union steht: Wir wollen diese Forderungen auf Basis der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel umsetzen. Und jetzt? Es gibt gar keine Vorlage der Union, die zu Verfügung stehenden Haushaltsmittel zu erhöhen. Die Ampel hat dafür gesorgt, dass mehr Mittel in diesem Bereich verlässlich zur Verfügung stehen. Ein weiterer Punkt ist die Frauengesundheitsforschung, zum Beispiel mit dem Schwerpunkt Endometriose. Wir haben festgestellt: Für diese Forschung gab es in den letzten 16 Jahren 4 Millionen Euro. Jetzt haben wir den Anteil auf eine verlässliche Basis gestellt: 5 Millionen Euro für zwei Jahre Forschung zur Endometriose. Und wir haben auch die Forschung zur reproduktiven Gesundheit gestärkt. Ich sage das, weil wir bei diesem Thema eine immense Gerechtigkeitslücke haben. Wir als Koalition haben angefangen, diese Lücke zu schließen, und das war auch an der Zeit. Der Haushalt ist natürlich ein Kompromiss; das ist bei drei Fraktionen immer so. Aber ich bin überzeugt: Mit diesem Haushalt begleiten wir den Wandel, wir gestalten ihn, und wir sorgen für mehr Gerechtigkeit. Gut, dass er jetzt beschlossen wird.