Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kultur ist das, was übrig bleibt, wenn der letzte Dollar ausgegeben ist. – Dieses trotzige Vertrauen, das Mark Twain in die Widerstandskräfte und den Selbstbehauptungswillen der Kultur hatte, fasziniert uns. Und doch müssen wir immer wieder an die Fürsorgepflicht der Politik gegenüber diesen für unser Gemeinwesen so wichtigen Milieus wie Kultur und eben Wissenschaft erinnern. Es ist die Pflicht des Staates, das Versprechen einzulösen, das in Artikel 5 unseres Grundgesetzes verankert ist, wo es heißt: „Kunst und Wissenschaft ... sind frei.“ Es ist die Lehre aus dem Totalitarismus der Nazidiktatur, die dort zum Ausdruck kommt und uns alle mahnt, dieses Freiheitsversprechen im Interesse einer wachsamen und lebendigen Demokratie – einige haben diesen Zusammenhang auch schon erwähnt – einzulösen. Denn frei sein, das können Wissenschaft und Kultur nur, wenn sie unabhängig sind – vom Zeitgeist, von Ideologien, von Geldgebern. Es ist also an uns, dem Parlament, für ihre auskömmliche Finanzierung zu sorgen, gerade für die Freigeister in Kultur und Wissenschaft. Sie sind die Avantgarde, die gesellschaftlichen Entwicklungen vorausgeht. Denn mit dem Mut zum Experiment ist immer auch das Risiko des Scheiterns verbunden. Aber nur so werden neue Erkenntnisse gewonnen. Nur so werden Innovationen möglich. Nur so können wir Schritt halten im globalen Wettbewerb. Wissenschaft und Kultur sind nicht das Ergebnis des Wirtschaftswachstums, sondern sie sind seine Voraussetzung. Vor allem aber sind sie eines: Sie sind Ausdruck von Humanität. Und damit das wirksam werden kann, braucht es ein gesundes Umfeld. Das heißt, der Staat muss ihren Wert und ihre Leistung schätzen und finanzieren. Deshalb bin ich enttäuscht, verehrte Frau Ministerin, dass Sie diese Chance nun verpassen, gerade jetzt auf Wissenschaft und Bildung zu setzen, auf das kritische Korrektiv, das eine verunsicherte Gesellschaft braucht, auf die Bildung, die aus den jungen Menschen überzeugte Verteidiger unserer Freiheit macht. Was tun Sie? Sie sparen stattdessen an der DDR-Forschung, obwohl wir immer wieder vermitteln müssen, dass Deutschland aus zwei Diktaturen in einem Jahrhundert gelernt hat. Wenn wir wollen, dass Diktaturen nicht wieder erstehen, müssen wir die Umstände kennen, in denen ihr Keim gelegt wird. Die rigiden Mittelkürzungen des BMBF-Programms zum Thema „DDR-Unrecht“ sind dafür sicher nicht der richtige Weg. Ganz sicher ist es ebenso falsch, unseren Nachwuchs und unsere internationalen Wissenschaftskontakte derart zu vernachlässigen. Die Begabtenförderwerke und die Alexander-von-Humboldt-Stiftung müssen ihre geringen Aufwüchse selbst finanzieren. Das heißt, die Zahl der Stipendiaten geht zurück. Wie können Sie das rechtfertigen? Wer, wenn nicht unser begabter wissenschaftlicher Nachwuchs, wer, wenn nicht die internationalen Wissenschaftler, wer, wenn nicht diese geistige Avantgarde sollen mal unser Land gestalten? Wir sollten sie ermutigen und nicht kleinlich mit ihnen umgehen. Es ist schon was dran: Eine Ministerin der verpassten Chancen können wir uns eigentlich nicht leisten. Danke.