- Bundestagsanalysen
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Man sagt ja immer: Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Deswegen, lieber Kollege Daldrup, bin ich ganz dankbar für Ihr Eingeständnis, dass wir in der Tat in Deutschland in einer wirklichen Wohnungsbaukrise sind, in einer Krise, die dieses Land seit vielen Jahrzehnten so nicht gesehen hat.
Um das zu sehen, braucht man nicht viel intellektuelle Kapazität!)
Die Zahl der Baugenehmigungen bricht ein, und zwar nicht um 10, 15 oder 20 Prozent, sondern um 25, 30, 40 Prozent. Projekte werden storniert, es gibt Insolvenzen, Mitarbeiter werden entlassen, und ich kann Ihnen sagen: Die Talsohle ist noch nicht erreicht. – Wenn Sie mit den Menschen und mit den Unternehmen sprechen, sagen die Ihnen: Es wird zur Mitte dieses Jahres schlimmer werden.
Ich sage das nicht deswegen – Sie haben das hier so in den Raum gestellt –, weil wir als Union Lust am Untergang hätten,
Oh!)
irgendwie das Land schlechtreden wollen oder irgendwas, sondern uns geht es darum, einen klaren Blick auf die Realitäten zu haben, um dann die entsprechenden Entscheidungen zu treffen. Das fehlt Ihnen, lieber Kollege Daldrup, und das fehlt insbesondere auch der Ministerin, wenn ich das an dieser Stelle sagen darf.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich muss schon sagen: Mich hat es sehr verwundert, als ich in einem Interview gelesen habe, dass Sie, Frau Ministerin, davon ausgehen, dass die Situation jetzt schwierig ist, aber dass sich das alles jetzt aufhellt und dass wir uns gen 2024 irgendwie wieder in Richtung dieses Ziels von 400 000 neuen Wohnungen, was Sie im Koalitionsvertrag formuliert haben, bewegen werden. Da kann ich Ihnen sagen: Das wird leider – das sage ich ganz ausdrücklich mit Ausrufezeichen – nicht so sein, sondern es wird in diesem Jahr schlechter werden. Ich glaube, wir gehen eher in Richtung von 200 000 Wohnungen als in Richtung von 400 000. Und auch da noch mal: Es geht nicht um die Lust am Untergang, sondern es geht darum, dass wir kraftvoll und geschlossen die richtigen politischen Entscheidungen treffen.
Sie haben den gleichen Fehler beim Bündnis für bezahlbares Wohnen gemacht. Sie haben allen Leuten gesagt: Macht euch mal keine Sorgen, wir werden die 400 000 Wohnungen schon schaffen. – Alle Experten haben Ihnen das Gegenteil erzählt, und Sie haben sich trotzdem mit dem Kanzler vor die Kamera gestellt und genau das behauptet. Das war der Kardinalfehler dieser Legislaturperiode. Sie haben am Anfang versäumt, die richtigen Weichen zu stellen, und die schlechten Früchte ernten wir jetzt im Laufe dieser Legislaturperiode. Sie sind auch daran schuld.
Beifall bei der CDU/CSU)
Deswegen will ich auch mit einem Märchen, das Sie und viele andere hier erzählt haben, ein Stück weit aufräumen. Sie sagen ja immer, dass die hohen Zinsen daran schuld sind, dass in Deutschland nicht gebaut werden kann. Ja, gar keine Frage, natürlich haben die Zinsen einen Anteil daran, dass sich in Deutschland die Baubedingungen verschlechtert haben.
Das sagt die Baubranche!)
Und ja, auch die gebrochenen Lieferketten und die gestiegenen Materialpreise haben einen Anteil daran. Aber da muss man sich schon einmal fragen, wenn man in die europäischen Nachbarländer schaut: Wieso ist es eigentlich so, dass wir bei uns in Deutschland einen so massiven Einbruch erleben, während sich die Situation dort ganz anders darstellt? Da ist es nicht so, dass die Baukonjunktur irgendwie floriert – das will ich gar nicht sagen –, aber wenn man unsere Situation der Situation in den Niederlanden, in Frankreich, in anderen europäischen Ländern gegenüberstellt, wird man feststellen, dass die Situation dort wesentlich besser ist.
Die Probleme, die wir in Deutschland mit dem Bauen haben, sind hausgemacht; das sind Ihre Probleme, Frau Ministerin. Das sind die Probleme der Ampel, die Sie der Bauwirtschaft in Deutschland durch Ihre Politik eingebrockt haben, und das muss klar und deutlich formuliert werden.
Beifall bei der CDU/CSU)
Kollege Luczak, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Daldrup?
Immer, sehr gerne.
Lieber Kollege Luczak, zunächst will ich Sie fragen, ob Sie sich mit mir daran erinnern, dass wir die größte Baukrise nicht vor ewigen Zeiten, sondern im Jahre 2009 gehabt haben, als die CDU sozusagen alleine federführend für diesen Bereich zuständig gewesen ist und wir etwa 160 000 Baufertigstellungen hatten? Wir sind also Gott sei Dank, sage ich mal, noch nicht in dieser Situation und wollen mit Milliardenbeträgen in eine andere Entwicklung.
Zweitens. Sind Sie bereit, zu akzeptieren, dass in allen skandinavischen Ländern – übrigens auch in Frankreich, auch in Belgien, auch in Spanien – die Rückgänge im Bereich der Baufertigstellungen und Baugenehmigungen – jedenfalls zu einem Teil – deutlich höher sind und dass das einzige Land, das zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine positive Bilanz in Europa hat, das Land Portugal ist?
Sind Sie vor dem Hintergrund vielleicht bereit, die Aussage, in ganz Europa sei es besser, zurückzunehmen?
Lieber Kollege Daldrup, der Blick ins europäische Ausland hilft in der Tat weiter. Natürlich gibt es die eine oder andere Volkswirtschaft, in der es noch ein bisschen schlechter läuft.
20 Stück!)
Aber wenn man sich mal grosso modo anschaut, wie die Länder in Europa aufgestellt sind – wir haben ja beispielsweise über die Frage von Baustandards gesprochen; und da gucken wir in die Niederlande, da gucken wir nach Frankreich, wo wir ganz andere Baustandards haben, nach denen sie eben viel kostengünstiger bauen können –, dann muss man einfach ganz deutlich sagen: Dieses Märchen, das Sie von der Ampel hier erzählen: „Wir können da eigentlich im Prinzip nichts dafür; wir waschen unsere Hände in Unschuld. Schuld sind allein die gestiegenen Zinsen“, ist einfach nicht wahr. Das ist Ihre Politik.
Der Kollege Kießling hat an den richtigen Stellen darauf hingewiesen, dass Sie die Baustandards, zum Beispiel beim Neubau auf den EH-55-Standard, erhöht haben, dass Sie an ganz vielen Stellen die Regulierungsschrauben angezogen haben. Das hat dazu geführt, dass Bauen in unserem Land richtig teuer geworden ist, und das macht das Wohnen irgendwann unbezahlbar. Das ist Ihre Politik, und dafür tragen Sie auch die Verantwortung, lieber Kollege.
Beifall bei der CDU/CSU
Die CDU auch!)
Wenn wir schon bei dem Thema Verantwortung sind, will ich, lieber Herr Kollege Föst, auch noch mal sagen: Es ist ja mehrfach von Rednern angesprochen worden, die Union würde jetzt beim Wachstumschancengesetz die AfA blockieren.
Stimmt!
So ist es!)
Da will ich erst schon noch mal Ursache und Wirkung richtig benennen.
Der Grund, weswegen die AfA nicht längst im Gesetzesblatt steht
… ist die Weigerung der Union! Danke!)
– und ich will das mal für die Union sagen: wir sind dafür; denn wir sagen, die Bauwirtschaft braucht Klarheit, braucht Verlässlichkeit, und sie braucht auch einen Impuls –, ist, dass Sie einen dreifach verfassungswidrigen Haushalt vorgelegt haben. Das war der Grund dafür, dass die Gespräche im Vermittlungsausschuss nicht zu Ende geführt werden konnten, weil Sie am Ende einen Blankoscheck haben wollten.
Stimmt doch nicht!
Das ist ja schlichtweg falsch!
Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun?)
Der Haushalt 2024 war völlig unklar, und Sie wollten einen Teilbereich rausnehmen. Das haben wir als Union in der Tat nicht mitgemacht. Aber ursächlich waren Sie und Ihr verfassungswidriger Haushalt und nichts anderes.
Beifall bei der CDU/CSU
Die Union hat die Verhandlungen verlassen, einseitig!
Ihr seid einfach aufgestanden und gegangen!)
Sie sagen jetzt, was Sie schon alles gemacht haben. Mein Blick darauf ist ein sehr klarer.
Das kann nicht sein! Daneben!)
Wenn wir zum Beispiel den Baugipfel nehmen. Da will ich noch mal auf den letzten Wahlkampf verweisen. Ihr Kanzler Olaf Scholz hat sich als Kanzler für bezahlbares Wohnen inszeniert und gesagt: Mit mir wird es bezahlbare Mieten, wird es bezahlbares Wohnen geben. – Jetzt hat er nach zwei Jahren endlich zu einem Baugipfel ins Kanzleramt eingeladen. Dazu will ich noch zwei Dinge sagen:
Zum einen. Es sollte einem schon zu denken geben, wenn zwei ganz zentrale Akteure der Immobilienwirtschaft an einem solchen Baugipfel überhaupt gar nicht teilnehmen, weil sie sagen: „Wir haben kein Vertrauen mehr in die Führungskraft dieses Kanzlers, wir haben kein Vertrauen mehr, dass die Ampel überhaupt irgendwas umsetzt“, und schon überhaupt gar nicht mehr dorthin gehen. Das würde mir zu denken geben.
Zum anderen. Zu den 14 Punkten, die Sie dort aufgeschrieben haben, will ich gar nicht sagen, dass die alle schlecht sind, sondern bei einigen Punkten gehen wir mit, gar kein Problem. Nur, dann frage ich mich: Wo ist denn jetzt die Umsetzung dieser Punkte? Es reicht doch nicht aus, ein Blatt Papier zu nehmen, 14 Punkte aufzuschreiben, und damit hat man seine Pflicht und Schuldigkeit als Parlamentarier getan. Es geht darum, sie ins Gesetzblatt zu bringen. Wo ist denn der § 246e Baugesetzbuch, der das Bauen einfacher machen soll? Wo ist denn der Gebäudetyp E, der generell dafür sorgen kann, dass wir von den Baustandards runterkommen? Wo ist denn die große Reform des Baugesetzbuches? Nichts davon ist bislang umgesetzt. Auch das ist Ihre Verantwortung. Sie müssen mal ins Handeln kommen und nicht immer nur reden.
Beifall bei der CDU/CSU)
Mir ist wichtig, am Schluss noch mal eines zu betonen: Wir als Union sind immer gesprächsbereit. Der entscheidende Punkt ist aber – wir reden hier heute ja über den Haushalt –: Wir brauchen Klarheit, Verlässlichkeit, Investitionssicherheit für die Unternehmen. Mir ist ganz wichtig: Es geht nicht nur um Geld, sondern der entscheidende Hebel, wenn wir beim Bauen in Deutschland vorankommen wollen, ist, dass wir die Kosten des Bauens reduzieren. Denn sonst wird das Wohnen am Ende unbezahlbar. Deswegen müssen wir die unbequeme Debatte führen: Welche Baustandards können und wollen wir uns in der Zukunft noch leisten?
Welche denn? Welche sollen wir denn aufgeben?)
Diese Debatte verweigern Sie momentan.
Daher fordere ich Sie auf: Führen Sie diese Debatte mit uns! Dann klappt es auch mit den Wohnungsbauzahlen. Wir als Union stehen dafür immer bereit.
Vielen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU
Ihr könnt ja in Berlin mal anfangen!
Haben wir schon!
Nee, eben nicht!
Wir haben die Bauordnung verändert!)
Für Bündnis 90/Die Grünen ist Karoline Otte die nächste Rednerin.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)