Und sie wird absehbar bis zum Ende der Legislaturperiode weiter in Richtung 60 Prozent sinken. Deutschland ist damit das einzige große Industrieland ohne Schuldenproblem – trotz aller Krisen. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dieser Zeit der großen Krisen und der hohen Verunsicherung geben wir als Ampelkoalition mit diesem Bundeshaushalt 2024 Stabilität, sorgen für Planungssicherheit und sichern eine gute Zukunft für unser Land. Das ist wichtig; denn wir leben in besonderen Zeiten. Wir haben jetzt vier Jahre der Krise hinter uns: Corona, Putin, Energieversorgung, Energiepreise, Inflation, Lieferketten, Rohstoffe und jetzt der Nahostkonflikt mit all seinen Auswirkungen auch auf die Weltwirtschaft. Und auch abgesehen von diesen vielen Krisen gibt es gerade tiefgreifende und rasend schnelle Veränderungen durch die Digitalisierung und die notwendige Klimawende. Diese letzten vier Jahre haben viele Menschen mürbe gemacht. Sie machen sich Sorgen um die Zukunft. Davon profitieren natürlich auch die Rechtsextremen, die Verschwörungstheoretiker, die Reichsbürger und anderen Rattenfänger, die jetzt „Die Ampel muss weg“ rufen. Das sind die Gleichen, die noch vor zwei Jahren „Merkel muss weg“ gerufen haben. Und was ich jetzt der Merz-CDU in dieser Lage vorwerfe, ist, dass sie mit ihrer penetrant wiederholten Forderung nach Neuwahlen, dass der Kanzler die Vertrauensfrage stellen, dass er zurücktreten solle, dass die Ampel delegitimiert sei, in der öffentlichen Wahrnehmung und Diskussion kaum noch zu unterscheiden ist von den „Die Ampel muss weg“-Rufen der Rattenfänger, dass sie Öl ins Feuer gießt und von dieser Verunsicherung zu profitieren versucht. Meine Damen und Herren, Demokratie gibt es nicht umsonst und auch nicht mit billigem Populismus. Den haben wir auch im Haushaltsausschuss erlebt von einer Union, die keinen einzigen Änderungsantrag gestellt hat, aber stattdessen in Pressemitteilungen von „Absurdität“, von „Farce“ und „Albtraum“ spricht: keine Differenzierungen mehr, eine ungute Eskalation der Sprache, das Gegenteil von Bürgerlichkeit – stattdessen destruktiver Populismus. Apropos Populismus. In diesem Zusammenhang fällt dann auch immer wieder eines der dürftigsten Argumente in der politischen Debatte in Deutschland. Dieses Argument, wenn man es denn überhaupt so nennen will, lautet – wir haben es eben auch von Herrn Middelberg gehört –: Der deutsche Staat hat trotz Rekordeinnahmen ein Ausgabeproblem, weil er Rekordausgaben hat. Warum ist das falsch, Herr Kollege Brehm? Der Staat hat in jedem halbwegs normalen Jahr Rekordeinnahmen, genauso wie jeder Rentner in jedem halbwegs normalen Jahr eine Rekordrente hat und jeder Arbeitnehmer einen Rekordlohn. Nun ist klar, dass jeder Rentner und jeder Arbeitnehmer in jedem halbwegs normalen Jahr auch Rekordpreise zahlen. Das Phänomen nennt sich übrigens Inflation. Auch der Staat zahlt seinen Beschäftigten Rekordlöhne und zahlt für alles, was er kauft, vom Bleistift bis zur Autobahnbrücke, Rekordpreise. Er hat also auch in jedem halbwegs normalen Jahr Rekordausgaben. Die Frage ist doch also nicht, ob der Staat Rekordeinnahmen oder Rekordausgaben hat. Die Frage ist: Was steigt schneller? Die Einnahmen oder die Ausgaben? 2024 steigen die Steuereinnahmen deutlich stärker als die Staatsausgaben. Nehmen Sie das zur Kenntnis! Ein zweites Argument, das auch in diesen Zusammenhängen immer wieder kommt – wir haben es vom Kollegen Haase gehört –: Die Ampel solle ihre übermäßige Verschuldung beenden. Auch das ist billiger Populismus und schlicht falsch. Es wird versucht, mit Nominalwerten Stimmung zu machen. Die Wahrheit ist, dass die deutsche Schuldenquote inmitten der größten Krisen seit dem Zweiten Weltkrieg von rund 81 Prozent nach der Finanzkrise 2011 auf inzwischen 64 Prozent gesunken ist. Das ist ein Erfolg dieser Regierung und im Übrigen auch dieses Finanzministers, meine Damen und Herren. – Es wird Sie nicht wundern, dass ich als Sozialdemokrat jetzt auch nicht in allen Punkten unbedingt einer Meinung mit dem Finanzminister bin. Der Rückgang der Schuldenquote um 20 Prozent entspricht 800 Milliarden Euro. Jetzt muss man sich nur mal vorstellen, wir hätten 400 Milliarden Euro davon investiert. Dann wäre die Schuldenquote nur halb so schnell gesunken; aber wir hätten 400 Milliarden Euro in dieses Land investiert. Wir hätten heute günstige und klimafreundliche Energie im Überfluss. Wir würden jederzeit gerne die pünktliche und zuverlässige Deutsche Bahn nutzen. Wir würden uns in der PISA-Studie mit Finnland, Singapur und Südkorea um den ersten Platz streiten und alle Behördengänge in Highspeed und digital von zu Hause aus erledigen. Wohlgemerkt: Wir hätten immer noch eine sinkende Schuldenquote und, abgesehen davon, im Übrigen auch eine höhere Wettbewerbsfähigkeit und ein höheres Wirtschaftswachstum. Aber, meine Damen und Herren, am Ende werden die Wählerinnen und Wähler im Herbst 2025 und nicht früher über die Frage entscheiden müssen, ob sie diese Zukunftsinvestitionen wollen und ob sie eine investive Reform der Schuldenbremse wollen. Die Nachricht heute aber ist: Trotz zum Teil sehr unterschiedlicher Vorstellungen übernehmen die drei Parteien der Ampel Verantwortung. Und das Ergebnis, der Bundeshaushalt 2024, den wir diese Woche beschließen, zeigt deutlich, dass die Koalition uneingeschränkt handlungsfähig ist und in Zeiten großer Krisen und hohen Drucks schwierige und vor allem auch gute Kompromisse hinkriegt. Meine Damen und Herren, wir mussten nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil 30 Milliarden Euro einsparen. Das ist sehr, sehr viel Geld. Aber wir haben trotz teilweise harter Entscheidungen gemeinsam sicherstellen können, dass es keine Kürzungen bei der sozialen Sicherheit gibt, dass es Rekordinvestitionen von 70 Milliarden Euro allein im Kernhaushalt gibt, dass wir erstmals das 2-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben erreichen, dass wir BKA, Bundespolizei und die innere Sicherheit stärken und dass wir bei Demokratieförderung, Ehrenamt und Zivilgesellschaft einen deutlichen Schwerpunkt setzen. Meine Damen und Herren, Demokratie gibt es nicht umsonst. Wir investieren in unsere innere und äußere Sicherheit, um unsere Demokratie vor ihren Feinden von innen und von außen zu schützen. Wir investieren in die soziale Sicherheit und die wirtschaftliche Zukunft dieses Landes. Dieser Haushalt ist ein starkes Signal für Stabilität, für Gerechtigkeit, für demokratische Resilienz und für Innovation. Herzlichen Dank.