Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag, den wir hier vor uns haben, zeigt uns mal wieder, wie rückwärtsgewandt und realitätsfern die Ideen der AfD sind. Denn im Antrag wird behauptet, dass die EU keine weiteren Eigenmittel benötigt. Doch die europäischen Eigenmittel sind eine wichtige Grundlage dafür, dass die EU und auch ihre Mitgliedstaaten im 21. Jahrhundert überhaupt handlungsfähig sind. Die Behauptung in dem Antrag, dass die EU keine zusätzlichen Eigenmittel braucht, weil die Mitgliedstaaten ohnehin zur Finanzierung verpflichtet sind, ist ein ganz grundsätzliches Missverständnis darüber, wie die internationale Zusammenarbeit in der EU funktioniert. Ja, es gibt Verpflichtungen der EU-Mitgliedstaaten, aber es geht ja auch darum, die finanziellen Ressourcen so zu gestalten, dass wir gemeinsam europäisch handlungsfähig sind. Und von dieser Handlungsfähigkeit brauchen wir doch angesichts der Klimakrise, angesichts eines internationalen Systemwettbewerbs und einer Bedrohung unserer Souveränität durch Autokraten wie Putin viel mehr und eben nicht weniger. Wer glaubt denn ernsthaft, dass wir diese Probleme eher mit nationalen Egoismen lösen können als damit, gemeinsam europäisch lösungsorientiert zu sein? – Ja, okay, ich weiß, die AfD glaubt natürlich daran; deswegen müssen wir uns auch mit diesem Antrag beschäftigen. – Die AfD fordert hier aber nicht nur das Ende von mehr Eigenmitteln, sondern sie will auch den Handlungsspielraum im europäischen Mehrjährigen Finanzrahmen drastisch reduzieren. Das ist nichts anderes als ein Aufruf zur finanziellen Selbstgeißelung, und das in Zeiten, in denen wir vor sehr, sehr großen internationalen Herausforderungen stehen. Wer glaubt denn im Ernst, dass wir mit einer solchen Politik auch nur im Ansatz gegen die industriepolitischen Subventionswettbewerbe von USA und China bestehen können? In Zeiten, in denen die europäische Handlungsfähigkeit so wichtig ist, daran die Axt anzulegen, gefährdet die Zukunft der Bürgerinnen und Bürger; denn ein geeintes und handlungsfähiges Europa, das bedeutet eben nicht den Verlust von Souveränität, sondern die Stärkung der kollektiven Handlungsfähigkeit. Davon profitieren gerade wir in Deutschland. Es ist an der Zeit, sich endlich auf die Vorteile einer engeren Zusammenarbeit zu konzentrieren. Und es ist an der Zeit, dass wir endlich mal aufhören, die Investitionen in eine gemeinsame europäische Souveränität als Belastung zu sehen. Es ist natürlich auch keine Überraschung, dass die AfD so denkt; denn sie ist nun einmal die Partei der nationalen Kleinstaaterei. Sie pflegt ja auch enge Connections zu denjenigen, die an einem starken Europa überhaupt nicht interessiert sind. Die AfD ist auch eine Partei, die die wissenschaftlichen Fakten zur Klimakrise leugnet. Darum ist die Begründung gegen die Anpassung bei den Eigenmitteln auf Grundlage des Emissionshandelssystems – was wir übrigens überhaupt nicht ablehnen, Herr Ploß – und des CO2-Grenzausgleichssystems auch so absurd. Der Vorwurf, dies würde eine – Zitat – „CO2-Planwirtschaft vorantreiben, welche letztlich die Verarmung des gesamten Kontinents herbeiführen wird“, zeigt doch, dass die AfD es immer noch nicht verstanden hat: Nicht Klimaschutz, sondern die Klimakrise bedroht unsere Wirtschaft! Ein vereintes Vorgehen gegen die Klimakrise ist keine Bedrohung, sondern eine riesige Chance, um auch in Zukunft hier in Europa sichere Arbeitsplätze zu schaffen und in den Märkten der Zukunft zu bestehen. Ebenso absurd ist übrigens auch der Vorwurf in dem Antrag, die Vorschläge der EU-Kommission und des Europäischen Parlamentes seien lediglich der Versuch, ein europäisches Steuersystem zu etablieren, um die nationalen Hoheitsrechte zu untergraben. Ja, natürlich sollten wir über die Art und Weise, wie wir Steuern erheben, diskutieren. Aber mehr Handlungsfähigkeit der EU ist ja kein Angriff auf die nationale Steuerhoheit. Die vorgeschlagenen befristeten Eigenmittel auf Grundlage von Statistiken zu Unternehmensgewinnen sind eben keine Abschöpfung aus den Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten. Diese Mittel sind notwendig, um diejenigen in Verantwortung zu nehmen, die sich oft genug geschickt vor ihrer Steuerpflicht drücken. Die AfD ist auch mit diesem Antrag mal wieder nichts weiter als ein Schutzschild für die Interessen der engstirnigen Geister und auch der Superreichen, die sich lieber nationalen Egoismen hingeben, als sich für das Gemeinwohl starkzumachen. Es überrascht deshalb auch nicht, dass sich Mitglieder der AfD mit reichen Geldgebern getroffen haben, um gemeinsam ihre völkischen Deportationsfantasien und menschenverachtenden Umvolkungsideen zu besprechen. Ich bin sehr dankbar, dass gerade so viele Menschen gegen diese gefährliche Politik auf die Straße gehen: in Köln, in Berlin, in Potsdam, in Hannover und in Duisburg und am nächsten Wochenende auch in München und an so vielen Orten dieser Republik. Es macht Hoffnung, dass dieses Mal die rechte Propaganda keinen Erfolg haben wird, dass wir dieses Mal schlauer sind, dass unsere Demokratie wehrhaft ist und dass wir uns dieses Mal für eine solidarische Politik entscheiden und nicht für die Spaltung. Danke an alle Menschen da draußen, die sich für die Demokratie einsetzen und die jetzt aufstehen – mit dem Pessimismus des Verstandes und dem Optimismus des Willens. Vielen Dank.