Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie sprechen von den Tränen in den Augen eines Bundespolizisten; das nehme ich Ihnen ab. Aber ich habe ebenfalls Tränen in den Augen – ich glaube, auch einige Ihrer Kolleginnen und Kollegen in Ihrer Fraktion, Frau Schimke, und das sind keine Freudentränen –, wenn ich miterlebe, auf welche Weise Sie die Christdemokratie vertreten. Ich habe noch Hoffnung; aber sie stirbt langsam immer mehr. Mit Christdemokratie hat das nichts zu tun. Wir beginnen aber mit der AfD, und dann kommen wir zur CDU/CSU, keine Sorge. Die bittere Pointe ist nicht, dass es dieses konspirative Treffen in Potsdam gab. Die eigentliche bittere Pointe ist – das ist sozusagen das Erwachen –, dass das kein Ausnahmefall war. Der heutige Antrag beweist, dass das gelebte Praxis der AfD, die Normalität ist. Dazu passt auch, dass konsequenterweise heute Frau Huy hier aufgetreten ist. Wir müssen begreifen: Das sind nicht die Ausnahmefälle. Verschwörung, Massendeportationsfantasien und rassistisch-völkisches Denken sind in der AfD – nicht in Teilen, sondern in Gänze – die Regel. So präsentieren Sie das. Ihr Antrag ist wunderbares Beweismaterial, um die AfD auch auf Bundesebene künftig als gesichert rechtsextremistisch einzustufen, was ein Verbotsverfahren, das berechtigt wäre, erleichtert. Sie haben – deshalb danke ich Ihnen für den Antrag – geradezu mustergültig die Bilder der Identitären Bewegung von Sellner – Ethnopluralismus und Remigration – dargestellt. Es geht um genau diese Ideen: Wie schaffen wir es, massenhaft Leuten das Leben so schwer zu machen – übrigens unabhängig davon, ob sie Asylsuchende, Drittstaatler oder EU-Angehörige sind –, dass sie dieses Land letztlich verlassen? – Genau das predigt Sellner permanent. Und was steht in Ihrem Programm? Genau das wollen Sie mit der Verminderung von Rechten und Rückkehrhilfen erreichen. – Lesen Sie doch mal den Text, den Sie verbrochen haben. Da steht auch noch, dass Sie erleichtern wollen, dass Leute in ihren kulturellen Kontext zurückkommen. Das ist Ethnopluralismus. Das ist völkisch-rassistischer Nationalismus pur und in Textform. Danke für Ihr Belegexemplar! Kommen wir jetzt zur Union. Herr Mörseburg, Sie sagen uns, wir sollten uns den dänischen Sozialdemokraten annähern. Das Problem ist nicht eine Annäherung an die dänischen Sozialdemokraten. Vielmehr sollten Sie sich tunlichst fernhalten von Christdemokratinnen und Christdemokraten, die sich unter anderem in der Burschenschaft Gothia mit AfD-Leuten rumtreiben. Einige von Ihnen, so auch Frau Grütters, haben es begriffen, und Sie sollten es auch begreifen. Sie sollten sich auch einmal überlegen – auch im Hinblick auf Ihre Chancen in Ihrem Wahlkreis –, was das für die Menschen bedeutet, wenn Sie in einem Wahlkreis mit weit über 40 Prozent Menschen mit Migrationsgeschichte so reden. Das ist nicht das Signal: Ihr seid selbstverständlich Teil dieser Gesellschaft, und wir sind dankbar für die Arbeit, die ihr leistet. Die Botschaft, die Sie dann aussenden, ist: Ihr seid nicht gewollt. Also gucken Sie mal auf Ihren eigenen Wahlkreis, bevor Sie so etwas hier verzapfen. Herr Stracke, Sie sprachen nicht von Pull-Faktoren, sondern – das ist der neue heiße Scheiß bei Ihnen – von einem Migrationsmagneten; das ist eine Alliteration, also kulturell fast hochwertig. Was ist denn das für ein Menschenbild? Glauben Sie ernsthaft, dass Menschen wie von einem Magneten angezogen werden. Menschen sind immer noch selbstentscheidende Subjekte. Besonders entlarvend ist der letzte Punkt in Ihrem Antrag. Sie wollen ernsthaft Artikel 20 des Grundgesetzes ändern, und zwar bezogen auf Staatsangehörigkeit, Dauer des Aufenthalts, Rechtmäßigkeit und das Sozialsystem in anderen EU-Staaten. Was Sie da schreiben, heißt auf Deutsch: – – Sie wollen künftig, dass Artikel 1 des Grundgesetzes lautet: Die Würde des Menschen ist mehr oder weniger antastbar, – – abhängig von seiner Staatsangehörigkeit, Dauer und Art eines Aufenthalts und von den Transferleistungen in der EU. Das ist das Ende des Grundgesetzes. Schämen Sie sich für so eine Forderung. Vielen Dank.