Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einmal kurz durchatmen, einmal besinnen und dann wieder zurück zum Thema. – Zu den Problemen, die die Kommunen haben, eine wichtige Vorbemerkung: Die Probleme, die die Kommunen haben, haben vor allem eine Ursache. Das ist der Krieg von Wladimir Putin gegen die Ukraine – Wladimir Putin ist bekanntermaßen AfD-Freund –, der dazu geführt hat, dass über 1 Million Menschen bei uns aufgenommen wurden, und zwar richtigerweise so, dass sie direkt Zugang zum Arbeitsmarkt und Unterstützung durch die Arbeitsmarktinstrumente haben. Wir würden uns das für alle Geflüchteten wünschen. 350 000 sind zusätzlich zu uns gekommen. Das klingt erst einmal viel, aber – ich will die Größenordnung deutlich machen – wir sind ja auch ein großes Land. Wir haben 736 Abgeordnete. Wenn man das umrechnet, würde das bedeuten, dass hier drei Menschen zusätzlich säßen. Und das sollen wir nicht schaffen? Doch, das schaffen wir. Wir dürfen nicht vergessen: Wir brauchen Zuwanderung. Wissenschaftliche Institute sprechen von 400 000 Menschen jedes Jahr. Darauf müssen wir die Gesellschaft und die Politik vorbereiten. Wir müssen also ohnehin die entsprechende Infrastruktur ausbauen – Wohnungen, Schulen, Kinderbetreuung. Wir brauchen gezielte Zuwanderung, und dafür haben wir das Fachkräfteeinwanderungsgesetz gemacht. Aber wir wären doch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir nicht auch das Potenzial der Menschen, die aus humanitären Gründen zu uns kommen, nutzten und dafür sorgten, dass sie aus- und weitergebildet werden und Teil unserer Gesellschaft werden. Das wäre die Hauptaufgabe. Und weil wir Zuwanderung brauchen, brauchen wir eine Willkommenskultur. Anträge wie die der Union und der AfD sind das Gegenteil davon und schüren eine ausländerfeindliche Stimmung insgesamt gegen Zuwanderung. Damit schrecken Sie diejenigen ab, die wir hier dringend brauchen. Und letztlich schaden Sie damit sogar unserer Wirtschaft. Wirtschaftskompetenz geht anders. Bei der AfD erwarten wir nichts anderes, aber bei der Union habe ich noch Hoffnung. Das Gleiche gilt auch für die Verfassung. Wir haben in den letzten Wochen gemerkt, wer hier die Verfassungsfeinde sind. Mit Blick auf die AfD ist das nicht verwunderlich. Allerdings dachte ich, dass die CDU/CSU mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Verfassung steht. Ich möchte über die Verfassung reden. Ich zitiere aus dem Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010: Zur Erinnerung, Artikel 20 Absatz 1 lautet: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Die Würde des Menschen, nicht die Würde des Deutschen! Die Würde des Menschen – aller Menschen – ist unantastbar. Im Urteil zum Asylbewerberleistungsgesetz von 2012 wird das noch einmal vom Bundesverfassungsgericht verdeutlicht: Das kennen wir schon. – Weiter heißt es: So das Bundesverfassungsgericht. Wir Grünen fordern deshalb die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und auch den besseren Zugang für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger zum Bürgergeld. Denn die Würde des Menschen gilt für alle Menschen, die hier leben. In Randnummer 95 des Urteils des Bundesverfassungsgerichts steht: „Auch migrationspolitische Erwägungen,“ – wie sie im Antrag der CDU/CSU wieder auftauchen – „die Leistungen an Asylbewerber und Flüchtlinge niedrig zu halten, um Anreize … zu vermeiden“ – hören Sie mal dem Bundesverfassungsgericht zu, Herr Stracke; trinken Sie mal einen Beruhigungstee und besinnen Sie sich mal ein bisschen –, migrationspolitische Begründungen dürfen keine Rolle spielen. So, wie Sie Ihren Antrag begründen, ist er verfassungswidrig. Und Sie gehen ja noch weiter. Sie wollen Artikel 20 ändern. Das ist nach dem Grundgesetz gar nicht erlaubt. Damit verlassen Sie den Boden des Grundgesetzes. Lassen Sie uns – –