- Bundestagsanalysen
Moin, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Herr Heilmann, von wann ist die Umsetzungsverpflichtung für den Herkunftsnachweis? Sie wissen es genau: 2018. Sie hätten genug Zeit gehabt, sich entspannt darum zu kümmern
Sie waren mit in der Regierung! Das war unsere Koalitionsregierung!)
und ohne Weiteres eine Regelung vorzunehmen. Wir mussten es jetzt nachziehen, und wir haben es gemacht, wie wir es für richtig halten. In dem Sinne kann ich es auch nicht verstehen, dass Sie es jetzt noch mal aufs Tapet bringen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Kruse [FDP])
Aber wir konnten in den letzten Tagen vom Himmel rieseln sehen, warum es so wichtig ist, dass unsere Gasspeicher noch immer ausreichend gefüllt sind. Vor einem Jahr, als wir dank guter Vorsorge und einer solidarischen Bevölkerung gut durch den Winter gekommen sind, hatten wir im Januar eine durchschnittliche Temperatur von 3,5 Grad. Heute, Januar 2024, ist es noch ein bisschen kälter. Nehmen wir mein Bundesland Schleswig-Holstein: Dort liegt die Temperatur seit Jahresbeginn bei etwa -1 bis +3 Grad. In Schleswig-Holstein heizt ungefähr die Hälfte aller Haushalte mit Gas; das ist etwa Durchschnitt. In NRW und in Niedersachsen sind es etwa zwei Drittel. In Bayern und Baden-Württemberg ist es etwa ein Drittel. Den größten Teil unseres Erdgasbedarfs brauchen wir zum Heizen daheim und für die Industrie, zum Beispiel für die Produktion von Stahl und Chemieprodukten. So weit, so bekannt.
Aber was sagt uns das? Ohne fossiles Erdgas sind die Wohnungen kalt und die Produktionsketten stehen still. Deswegen war es richtig, dass wir vor zwei Jahren Mindestfüllstände vorgeschrieben und das Zeichen gesendet haben, dass, wenn es privatwirtschaftlich nicht funktioniert und der Markt kopfsteht, wir zur Not als Staat eingreifen.
Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Es ist auch richtig, dass wir heute die gesetzlichen Regelungen noch mal nachjustieren; denn der Krieg in der Ukraine dauert weiter an, und die Marktsituation ist weiter angespannt, wenn auch nicht mehr ganz so schlimm. Das Schlimmste ist aber, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer weiterhin tagtäglich mit dem Bombenhagel aus Russland leben müssen. Für uns in Deutschland heißt dieser Krieg trotz aller guten Vorsorge: weiter Restunsicherheit. Genau deshalb handeln wir und verlängern die gut funktionierenden Regelungen von 2025 bis 2027. Bis dahin erwarten wir, dass die landseitigen LNG-Terminals an unseren Küsten fertiggestellt sein werden. Auch hier ist das Zeichen klar: Die Wohnzimmer bleiben warm, die Fließbänder laufen weiter – auch in Zukunft, meine Damen und Herren.
Übrigens: Dass die Union die Gasspeichernovelle inhaltlich lobt, und zwar ziemlich heftig sogar, am Ende aber doch dagegenstimmt, ist keine konstruktive Oppositionsarbeit.
Zuruf des Abg. Thomas Heilmann [CDU/CSU])
Das ist eher obstruktiv, meine Damen und Herren. Das mussten wir übrigens schon bei der Mindestfüllstandeinführung erleben. Da haben Sie sich auch enthalten, obwohl ich weiß, dass die Energieexperten unter Ihnen es eigentlich besser wissen müssten. Das ist wirklich schade, liebe Union.
Bei den Änderungen an dem Entwurf der Bundesregierung haben wir darauf geachtet, dass auch das Hauptziel im Fokus steht, nämlich die Energiesicherheit. Das bedeutet auch, dass das Gesetz so klar und so streng sein soll wie möglich, aber nur so bürokratisch, wie es irgend nötig ist, nicht mehr.
Was heißt das konkret?
Erstens. Wir verzichten auf ein permanentes Monitoring einzelner Speichernutzer. Das heißt, die Betreiber sind weiterhin in der Verantwortung. Es gibt ein umfangreiches Tracking. Das existiert jetzt schon. Das kann man sich auf der Website der AGSI anschauen. Da ist das bis auf die zweite Nachkommastelle sichtbar.
Zweitens. Im Februar müssen die Speicher zu 30 Prozent gefüllt sein. Wir harmonisieren das also europäisch. Es sind nun nicht mehr 40 Prozent. Das heißt, wir gleichen uns den Vorgaben innerhalb der EU an, ohne die Energiesicherheit zu gefährden.
Und drittens, ein wichtiger Punkt. Das Ausspeichern bleibt erlaubt. Das zunächst vorgesehene Verbot von Ausspeicherungen haben wir gestrichen. Wenn es nötig ist, muss ausgespeichert werden. Dann muss Gas fließen. Sonst schaffen wir eine künstliche Mangelsituation, die dann zu Abschaltungen führen kann. Das ist nicht in unserem Interesse. Das heißt, es muss funktionieren.
Trotzdem muss es aber eine Balance geben zwischen Markt und staatlichem Eingriff, also einen Spagat zwischen Versorgungssicherheit, möglichst großer Preisstabilität und dem Funktionieren des Systems an sich. Gut gemeinte, aber schlechte Umsetzungen können wir uns nicht leisten. Das kann Fehlanreize geben, die wir nicht wollen.
Noch ein ganz zentraler Punkt im Gesetz. Die Betreiber von Gasspeichern müssen sich zertifizieren lassen. Da orientieren wir uns an EU-Vorgaben. Denn es muss klar sein, wer mit einem kritischen Energieträger wie Gas Geld verdient. Vor allem muss klar sein, wer diejenigen sind und ob sie vertrauenswürdig sind. Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Denken wir anderthalb Jahre zurück! Das klingt schon fast wie eine Ewigkeit, gerade hier in dem schnelllebigen Geschäft. Aber es ist gerade einmal eineinhalb Jahre her, da war der größte deutsche Gasspeicher nicht gefüllt und wir sind in die heftigste Energiekrise reingerutscht, die dieses Land je gesehen hat. Der Speicher war leer. Nicht nur eine Pistole kann eine Waffe sein, sondern auch eine Gaspipeline. Das mussten wir schmerzlich lernen. Aber das Wichtigste ist: Wir haben gelernt. Wir haben reagiert. Und wenn es nötig ist, werden wir auch künftig reagieren und die Sicherheit unserer Energieversorgung sicherstellen.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nach meinem Blick in die Vergangenheit will ich noch kurz einen Blick in die Zukunft wagen. Mittelfristig müssen wir weg von fossilem Gas. Das, was wir ersetzen können, sollten wir durch grünen Wasserstoff ersetzen. Das ist auch Teil der verschiedenen EnWG-Novellen; wir werden im späteren Verlauf des Abends noch darüber sprechen. Das heißt, wir müssen auch die Herkunftsnachweise noch weiter definieren. Das haben wir auch hier schon getan. Wir haben es so angelegt, dass es in der Verordnung verbessert und auch definiert werden kann. Das heißt, wir müssen sicherstellen, dass das, was als grün reingeht, auch als grün definiert wieder rauskommt. Und wir müssen uns um das Wasserstoff-Kernnetz kümmern. Das wird später noch Thema sein.
Im Endeffekt ist es das: Die Energiewende ist unser Thema, die Energiewende ist unser Ziel. Wir wollen, dass diese Energiewende auch den Haushalten und der Industrie zugutekommt. Das ist Klimaschutz, das ist Wertschöpfung, und das sind Arbeitsplätze für die Zukunft.
In diesem Sinne: Herzlichen Dank.
Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Karsten Hilse für die AfD-Fraktion.
Beifall bei der AfD)