Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „IP-Adressen rechtssicher speichern …“ lautet der Titel des Antrags, den wir heute Abend abschließend beraten. Eines kann man nach dem Ergebnis der öffentlichen Anhörung im vergangenen Oktober – das ist schon ein bisschen her – definitiv sagen: Wohin auch immer eine Umsetzung dieses Antrags führen würde, wenn man ihn denn beschließen würde, zu einer rechtssicheren Speicherung von IP-Adressen würde sie definitiv nicht führen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Schon deshalb lehnen wir den Antrag ab. Warum ist das so? Der Kernpunkt des Antrags, den Sie stellen, ist und bleibt auch nach der Anhörung unverändert – das überrascht mich ein bisschen –: die Forderung nach einer Verpflichtung zur Speicherung von IP-Adressen für genau sechs Monate. Nun hat die öffentliche Anhörung, finde ich, in einer kaum zu überbietenden Eindeutigkeit ergeben, dass es kein einziges sachliches Argument – ich wiederhole: kein einziges! – in keinem einzigen Rechtsbereich, der strafrechtlich relevant ist, dafür gibt, dass eine Datenspeicherung für sechs Monate eine Fundierung hat, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das muss man mal festhalten hier in diesem Hause. Vielleicht ist Ihnen das entgangen. Das macht aber nichts; ich erinnere Sie gern daran: Die auf Ihren Vorschlag hin als Sachverständige eingeladene Vizepräsidentin des BKA, Martina Link, hat eindeutig erklärt, dass sie genau in dem Bereich, den Sie hier ansprechen – das ist ein wichtiges Thema; da sind wir uns einig –, aus praktischer Sicht Zeiträume von zwei bis drei Wochen für möglich hält – wir sehen das aus Rechtsgründen anders –, wenn überhaupt ein relevanter Zeitraum zur Datenspeicherung notwendig wäre. Da gibt es eine Bestandsabfrage. Diese dauert übrigens genau einen Tag beim BKA. Dieses Ergebnis – ich weiß, Sie wollen es nicht wahrhaben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union – hat massive rechtliche Auswirkungen. Wir kennen alle die Entscheidungen des EuGH. Er hat vier Wege möglich gemacht, wie man über Datenspeicherung diskutieren kann, und er hat ausdrücklich ausgeführt – auch das noch mal zur Wiederholung –: Speicherung von IP-Adressen maximal für einen absolut notwendig begrenzten Zeitraum. Noch mal zurückgreifend auf das Ergebnis der öffentlichen Anhörung: Wenn es keine fachliche und sachliche Fundierung gibt für einen Zeitraum von sechs Monaten, dann wäre es schlicht und ergreifend unverhältnismäßig, rechtswidrig und unzulässig, einen solchen Zeitraum in ein Gesetz zu schreiben. Schon deswegen ist der Antrag abzulehnen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn man sich das auf der Zunge zergehen lässt – hinter der Union stehen zwei Parteien, die sich als Rechtsstaatsparteien verstehen; richtigerweise –, dann müssten Sie doch konsequenterweise heute Abend, nachdem Sie keinen Änderungsantrag gestellt haben unter dem Eindruck der öffentlichen Anhörung, Ihren eigenen Antrag zurücknehmen. Ich empfehle Ihnen das jedenfalls; denn fachlich ist er so nicht tragfähig. – Es geht nicht um unseren Antrag, sondern um Ihren, Herr Kollege. Eines ist doch offenkundig, liebe Kollegen: Mit dem Festhalten an der anlasslosen Speicherung, die evident rechtswidrig ist, wollen Sie doch lieber weitere rechtliche Risiken eingehen. Immer ein Stückchen mit dem Kopf durch die Wand bei diesem Thema, statt endlich einzusehen, dass es notwendig ist, gemeinsam an einer rechtlich sauberen Lösung zu arbeiten. Sie sind und bleiben eben die Fraktion der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung und des implizierten Generalverdachts gegen die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Und das ist mit uns, mit dieser Koalition nicht zu machen. Punkt an dieser Stelle. Sie bleiben – ich habe es gesagt – rechtlich in einer Risikozone. Wir diskutieren das Thema gerichtlich seit 2010. Mich wundert und erstaunt, dass keine gerichtliche Mahnung dazu führt, dass Sie einen neuen Weg beschreiten, dass Sie mal umdenken, stattdessen bleiben Sie immer auf dem gleichen Weg. Mit Verlaub, ich finde es schon ein bisschen fetischartig, wie die Union bei diesem Thema agiert. Es geht zentral darum, beides in Einklang zu bringen: effektiven Bürgerrechtsschutz im Internet und – – – Ach, lieber Herr Kollege Krings, – Sie kennen das Thema. Wir reden aber jetzt über Ihren Antrag und über nichts anderes. – Wir brauchen ein anlassloses effizientes Mittel, das den Behörden wirklich hilft, und keine zusätzlichen rechtlichen Risiken. Das Quick-Freeze-Modell als Vorschlag liegt auf dem Tisch. – Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so aufregen. Es scheint ja ein Problem zu sein, wenn man einen Antrag stellt, der offensichtlich dann am Ende so nicht durchgehen kann. Das Quick-Freeze-Modell ist bekanntermaßen das, was grundrechtsschonend ist. Es steht im Einklang mit der Rechtsprechung. Also lassen Sie uns da weiterdenken. Eine Totalüberwachung der Bevölkerung darf es in diesem Land nie und nimmer geben – nicht mit der FDP, nicht mit dieser Koalition. Vielen herzlichen Dank.