Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schließen Sie doch für einen kleinen Augenblick die Augen. Überlegen Sie dann, wie viele Menschen mit Migrationshintergrund sich in Ihrem Freundeskreis befinden, in Ihrer Familie, im Kreis Ihrer Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen. Und dann überlegen Sie, was es mit Ihnen macht, wenn diese Menschen die Information bekämen: Ihr müsst per staatlicher Anordnung binnen drei Tagen das Land verlassen. Ich sage Ihnen: Dieser ehrliche Blick ins eigene Herz zeigt doch am deutlichsten, wie sehr die Fantastereien aus dieser Villa in Potsdam die Axt anlegen an unser soziales Gefüge und an unser menschliches Miteinander, an das, was uns als Menschen ausmacht. Es ist natürlich die AfD, die diesen rechten Fantastereien den Weg bahnt. Heute wird das schon wieder relativiert. Da heißt es dann: Den Begriff der Migration verstehen wir ja völlig anders. – Gestern im Innenausschuss hat die AfD das noch unglaublich witzig gefunden. Ha, ha! Ich sage Ihnen mal: Sie tun doch immer so, als wären Sie die letzten aufrechten Deutschen. Dann hören Sie doch mal auf mit diesem elendigen Schmierentheater! Die AfD tut das, was sie seit dem ersten Tag macht: Sie versucht, unsere Gesellschaft und unsere Demokratie mit den Mitteln zu zersetzen, die die Demokratie zur Verfügung stellt. Die Wahrheit ist: Je höher die Umfragewerte, je besser die Wahlergebnisse, desto eher gelingt ihr das. Es muss klar sein, was uns als Demokraten einen muss: Es ist der gemeinsame Kampf gegen die AfD. Wir müssen aber zwei Dinge unterscheiden. Da ist der Rechtsstaat, der sich wehren kann und der das auch tut. Es ist richtig, dass die AfD vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Es ist richtig, dass es die ersten Einstufungen von AfD-Landesverbänden als gesichert rechtsextrem gibt. Wenn das am Ende – weil die Voraussetzungen vorliegen – in ein Verbotsverfahren mündet, dann begrüßen wir als Union das ausdrücklich. Aber ich sage Ihnen: Es ist doch zu wenig, wenn sich jetzt die Diskussion in der Parteienlandschaft und im parlamentarischen Raum im Wesentlichen auf das Thema Parteienverbot reduziert. Denn es sind die Parteien und die Parlamentarier, die eine Politik machen können, die der AfD die identitätsstiftenden Themen wie insbesondere die Migration wegnimmt. Beispiele gibt es genug. Gehen Sie zurück in die 90er-Jahre, als es eine Flüchtlingswelle wegen des Jugoslawienkriegs gab. Damals war es so: Sobald die etablierte Politik Antworten gefunden hatte, hatte der rechte Spuk ein Ende. Mit Verlaub, die amtierende Regierung unterlässt es leider nicht nur, eine Politik zu machen, die der AfD die identitätsstiftenden Themen wegnimmt. Vielmehr machen Sie an mancher Stelle eine Politik, die die Menschen in Scharen in die Arme der AfD treibt. Schauen Sie sich die Debatte um das Heizungsgesetz an. Die Ohnmacht, die Menschen empfunden haben, weil sie dort etwas übergestülpt bekommen haben, hat am Ende zu einem Anwachsen der AfD-Umfragewerte geführt. Frau Bundesinnenministerin, morgen wollen Sie das neue Staatsangehörigkeitsrecht durch dieses Parlament boxen. Es ist völlig aus der Zeit gefallen. Ohne inhaltliche Notwendigkeit senken Sie die Anforderungen ab, in einer Zeit, in der wir Rekordzuwanderungszahlen zu verzeichnen haben. Und auch dort senden Sie wieder das falsche Signal aus. Ich sage Ihnen: Wenn Sie eine Politik machen wollen, die der AfD die identitätsstiftenden Themen wegnimmt, dann haben Sie uns an Ihrer Seite. Wenn Sie aber nur über Verbotsverfahren reden wollen, dann bedienen Sie am Ende das Narrativ der AfD, weil die AfD dadurch in die Opferrolle kommt, und es zeigt, dass Sie unter Umständen zu hilflos sind, um die richtige Politik zu machen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.