Nehmen wir den Mann ernst! Wir können nicht sagen, dass wir nicht hätten erkennen können, was Putin vorhat. Sie, meine Damen und Herren von der AfD, vernebeln diese Gefahren mit Ihrem Antrag. Was Sie zudem ignorieren, ist Putins Wille, über die Ukraine hinaus gegen die EU und gegen die NATO zu agieren. Und Deutschland ist nicht unbeteiligt, Deutschland ist Ziel. Am 1. Januar, also vor 18 Tagen, hat uns Putin seine Einstellung gegenüber dem Westen als Ganzem buchstabiert. Zitat Putin: Der Punkt ist nicht, dass sie unserem Feind helfen. Sie sind unser Feind. Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der stellvertretende Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrats, Russlands ehemaliger Präsident Medwedew, hat gestern auf Telegram das schiere Existenzrecht der Ukraine negiert. Das macht er übrigens des Öfteren. Das Land sei ein künstliches Gebilde, weswegen die Ukrainer die Wahl hätten zwischen Tod oder einem Leben in einem gemeinsamen Staat. Das schreibt er auch. Damit hat der Mann die Kriegsziele Russlands auf den Punkt gebracht. Dies, meine Damen und Herren, gilt es zu beachten, wenn Begriffe wie „Deutschlands Verantwortung für den Frieden“ und „Friedensinitiative mit Sicherheitsgarantien“ in die Debatte eingeführt werden. Sie, meine Damen und Herren von der AfD, missachten mit Ihrem Text eine fundamentale Grundregel der Diplomatie. Es muss erst mal überhaupt eine Verhandlungssituation existieren, eine Situation, die so gestaltet ist, dass Verhandlungen möglich sind. Sie verschweigen – obwohl Sie es besser wissen –, dass Russland durch seine fortgesetzte brutale Kriegsführung und die Negierung des schieren Existenzrechts der Ukraine eine solche Verhandlungssituation gar nicht zulässt. Daran sind auch bisher alle Versuche gescheitert, in einen Verhandlungsprozess zu kommen, daran und an sonst nichts anderem. Das ist die Wahrheit, die von Moskau und Ihnen vernebelt wird. Das Fiese an Ihrem Vorgehen ist, dass Sie von Frieden sprechen, aber wissen, dass Putin daran kein Interesse hat. Somit schieben Sie dem Opfer, der Ukraine, die Verantwortung zu. Was mir bei Ihnen auffällt, Herr Moosdorf, gerade bei Ihnen: Warum hat noch nie ein Vertreter der AfD an diesem Pult gesagt: „Präsident Putin, beenden Sie Ihren Krieg, lassen Sie die Ukraine in Ruhe!“? Das habe ich noch nie von Ihnen gehört. „Respektieren Sie das Menschen- und Völkerrecht!“, warum, Herr Moosdorf, kommt Ihnen das nicht über die Lippen, warum? Wenn der Friede kommen soll, dann muss doch der Aggressor seine Aggression stoppen. Genau das sprechen Sie nicht aus. Wenn das Opfer aufhört, sich zu wehren, der Aggressor aber weitermacht, obsiegt der Aggressor. Dass Sie das wissen und trotzdem Äquidistanz zeigen, beweist, dass Sie letztlich doch auf der Seite des Aggressors stehen. Ihr Fraktionsmitglied René Springer, den ich jetzt heute hier nicht sehe, wirft mir auf X sogar vor, ich betriebe – Zitat – Kriegshetze, weil ich fordere, dass sich die Ukraine wehren können muss. Sie schreiben, dass Europas Staaten souverän und unabhängig über ihre Sicherheit entscheiden können müssen. Das gilt bei Ihnen aber nicht für die Ukraine, der sie in Ihrem Antrag genau dieses Recht absprechen, frei und souverän zu entscheiden, zu wem sie gehören wollen. Das negieren Sie für die Ukraine. Was Sie fordern, ist daher nicht Diplomatie, sondern ein kurzer Weg zur Umsetzung russischer Großmachtgelüste. Warum sagen Sie nichts dazu, wenn Putin vor ein paar Tagen unserem NATO-Partner Finnland scharf drohte, es werde jetzt – Zitat – „Probleme bekommen“, oder als der Mann im Kreml kürzlich Lettland prognostizierte, dass – Zitat – Unglück ins Haus kommen werde? Meine Damen und Herren, Europa blickt auf Berlin, manchmal hoffnungsvoll, oft enttäuscht. Als wir noch regierten, haben wir nie über eine deutsche Führungsrolle gesprochen, aber wir haben geführt. Nun ja, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, bei Ihnen ist das ein bisschen anders. Bei Herrn Klingbeil heißt das, Deutschland müsse den Anspruch einer Führungsmacht haben. Aber Führung bleibt aus. Der „Economist“ fasst in dieser Woche mit Blick auf Deutschland und seinen derzeitigen Kanzler zusammen – Zitat –: „The hole at the heart of Europe“. Sehr höflich übersetzt heißt das: „Die Lücke im Herzen Europas“. Ein Beispiel dafür ist der Taurus; aber das haben wir ja gestern buchstabiert. Zusammengefasst: Den Antrag lehnen wir natürlich entschieden ab. Es gibt aber eine echte Friedensinitiative, die Sie nicht angesprochen haben, Herr Moosdorf, nämlich die zehn Punkte der Friedensformel von Präsident Selenskyj, die vor wenigen Tagen in Davos von Vertretern von 83 Ländern diskutiert wurde. Das ist der Weg zum Frieden – und nicht dieser Antrag. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.