Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns in der Tat in Zeiten multipler Krisen, und die Zeitenwende macht leider auch vor den landwirtschaftlichen Betrieben nicht halt. Gleich nach der Finanz- und Coronakrise hat Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Das hat drastische wirtschaftliche Folgen, auch für unsere Landwirte. Darunter leiden diese, und es ist keine Überraschung, dass sie ihren Unmut auch auf die Straße tragen. Außerdem mussten sie gegen Tierseuchen kämpfen: Vogelgrippe, Maul- und Klauenseuche sowie die Afrikanische Schweinepest stellen eine existenzielle Bedrohung unserer Landwirte dar. Aus diesen Krisen folgt eine starke Umstrukturierung. Ja, unsere Landwirtinnen und Landwirte sind mit großen strukturellen Herausforderungen konfrontiert: Das veränderte Verbraucherverhalten bei der Ernährung hat Konsequenzen – Höfesterben insbesondere bei den Schweinezüchtern gehört dazu –, und rasant gestiegene Futtermittelkosten infolge des Ukrainekrieges werden zu Recht beklagt. Ja, sie leiden auch unter hohen Energiekosten und zu viel Bürokratie. Wer heute als Landwirt keinen Grund und Boden besitzt, muss zudem hohe Pachtpreise bezahlen. Wer dagegen Land besitzt, wird heute eher Energiewirt. Wir sehen das beispielhaft an der Photovoltaik oder an Biogasanlagen. Dazu kommen niedrige Abnehmerpreise – zu niedrige für den Geschmack der Landwirte – für landwirtschaftliche Produkte bei den Einzelhandelsketten. Das alles führt zu großer Frustration bei den Landwirten und einem Gefühl mangelnder Wertschätzung für die geleistete Arbeit. Das können wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, gut verstehen. Kaum eine Branche erhält allerdings mehr Subventionen als die Landwirtschaft, und diese Abhängigkeit gefällt auch den Landwirten nicht. – Ich verstehe das, lieber Albert. Das macht nicht glücklich, wenn man an der Nadel der Subventionen hängt. Aber diese Subventionen, seien wir ehrlich, sind notwendig, damit Nahrungsmittel erschwinglich bleiben und niemand in unserem Land hungern muss. Das ist ein zutiefst sozialdemokratisches Thema, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir dürfen Landwirte daher nicht im Stich lassen. Vielmehr müssen wir strukturelle Entscheidungen treffen, die der Landwirtschaft, insbesondere auch den jungen Landwirtinnen und jungen Landwirten, Planungssicherheit verleiht. Zu allem Unglück kommt noch hinzu, dass das Bundesverfassungsgericht uns aufgetragen hat – und das ganz kurz vor Weihnachten; es war kein schönes Geschenk –, einzusparen. Es fehlen 60 Milliarden Euro im Haushalt. Die Spitzen der Ampelfraktionen einigten sich darauf – wir wissen es alle –, die Agrardieselrückvergütung und die Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge komplett zu streichen. Das war wahrscheinlich nicht die beste Idee. Die geplanten Kürzungen wurden schon zu weiten Teilen zurückgenommen, und wir haben viele Gespräche geführt. Wir gehen nicht auf Demonstrationen, um zu hetzen; wir führen Gespräche. – Danke, dass Sie das bestätigen. Diese Sparmaßnahmen sind möglicherweise der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Wer mit den Landwirtinnen und Landwirten ernsthaft redet, erfährt, dass sie schon 20 Jahre lang unglücklich sind. Ich nenne einfach mal die Namen der Politikerinnen und Politiker, die vor der Ampel Verantwortung für die Landwirtschaftspolitik getragen haben. Seit 2005 hießen die Ministerinnen und Minister: Seehofer, Aigner, Friedrich, Schmidt und Klöckner. Ich will das gar nicht kommentieren. Was die Landwirtinnen und Landwirte brauchen, eruieren gerade die Fraktionsspitzen. Es hat am Montag ein Spitzengespräch mit wertvollen Hinweisen gegeben. Ich will Ihnen sagen: Im Gegensatz zu unseren Vorgängern haben wir unsere Entscheidungen korrigiert. Wir sind in der Lage, Änderungen vorzunehmen und im Gespräch zu bleiben. Das Resultat dieser Gespräche ist ein Entschließungsantrag, der morgen debattiert wird. Er zeigt, wie gut wir darin sind, aufeinander zuzugehen. Ich habe ganz zum Schluss eine Bitte an die Landwirte: Erschweren Sie bitte weiterhin den notwendigen Dialog nicht, indem Sie Galgen bauen oder Mist und Dung vor die Büros der Abgeordneten werfen! Lassen Sie nicht zu, dass Sie braun unterwandert werden! Braune Soße, liebe Landwirtinnen und Landwirte, – – passt wunderbar auf den Gemüseteller; braune Soße gehört aber nicht in den Bundestag. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.