Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Deutschland hat 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert. Heute fordert die CDU/CSU-Fraktion in vier Anträgen einen inklusiven Sozialraum, Barrierefreiheit und einen umfassenden Maßnahmenkatalog zur Inklusion behinderter Menschen in der Kultur. Werte CDU, seit 2009 haben Sie zwölf Jahre lang regiert. Wo war da Ihr Eifer – um nicht zu sagen: Übereifer – in dieser Sache? Das ist doch nicht glaubwürdig heute. Und was verstehen Sie unter Opposition? Sie fordern die Ampelregierung auf, noch mehr von dem zu tun, was bereits im Koalitionsvertrag steht. Das Konzept der Inklusion ist für Sie, genauso wie für die Ampel, sakrosankt. Von einer kritischen Reflexion darüber findet sich in Ihren Anträgen keine Spur. Außer Zweifel steht, dass Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen die bestmögliche Förderung seitens des Staates verdienen. Insofern stimmen wir vielen Ihrer Forderungen ja zu. Ob allerdings die Inklusion immer das Beste für Behinderte wie Nichtbehinderte bedeutet, das lassen zum Beispiel zahlreiche Brandbriefe verzweifelter Eltern aus Inklusionsschulen sehr bezweifeln. Das stellt wörtlich der renommierte Inklusionsforscher und -kritiker Bernd Ahrbeck fest. Man muss wissen, dass radikale Inklusionsideologen das vorbildliche deutsche Sonderschulsystem als „an Apartheid grenzendes Aussonderungssystem“ denunzieren, so die ehemalige Vorsitzende des UN-Ausschusses für Behindertenrechte Theresia Degener wörtlich. Die radikale Inklusionsideologie glaubt, dass es keine Behinderungen als solche gibt, sondern dass diese ausschließlich vom gesellschaftlichen Kontext abhängig sind, ganz ähnlich wie für die Genderideologen das Geschlecht eine gesellschaftliche Zuschreibung darstellt. Also müsse man nur den Wettbewerb und Vergleich aus unserer Kultur verbannen, und schon habe man eine inklusive Gesellschaft, in der es praktisch keine Behinderungen mehr gibt. „Alle Leistungsstandards in der Schule diskriminieren“, so ein Originalzitat aus dieser ideologischen Ecke. Aber ohne Leistungsprinzip keine Bildung und auch keine Kultur, meine Damen und Herren. Konsequent zu Ende gedacht, zerstört die Inklusionsideologie genau die kulturellen Errungenschaften, die sie den behinderten Menschen angeblich zugänglich machen will. Heute senkt man durch Barrierefreiheit und leichte Sprache die Zugangsschwellen zur Kultur. Das ist gut und richtig. Aber morgen schon zwingt man kulturelle Einrichtungen, ihre Ansprüche an das Publikum herunterzuschrauben um einer falsch verstandenen Inklusion willen. Das sei ferne, meine Damen und Herren! Inklusion ja, aber mit Augenmaß. Und Ihre Anträge lassen dieses weitgehend vermissen, daher unsererseits zu den Kulturanträgen bloß Enthaltung. Vielen Dank.