Frau Präsidentin! Kommen wir nach dieser in hohen, staatstragenden Worten verpackten Rede wieder zur Realität zurück. Denn – wie Goethe schon vor 200 Jahren sagte –: Und darum muss man auch in der heutigen abschließenden Lesung noch mal zusammenfassen, warum der Haushalt 2023 weiterhin schlicht verfassungswidrig ist und bleibt, egal was hier eben an Apologie versucht wurde. Die Regierung erklärt heute nachträglich eine Notsituation. Eine solche hatte aber 2023 bis zum Urteil am 15. November niemand bemerkt. Sie selbst hatten sie abmoderiert und für beendet erklärt. Ihre Begründungen sind auch abwegig. Eine Energiepreiskrise gibt es leider – natürlich gibt es sie –; aber sie entzieht sich ganz sicher nicht der Kontrolle des Staates. Ganz im Gegenteil: Ihre unverantwortliche Energiepolitik ist sogar der Hauptgrund dafür. Sie wollen heute ernsthaft eine Notsituation wegen hoher Energiepreise feststellen, während Sie am gleichen Tag, also heute hier im Haushaltsfinanzierungsgesetz, beschließen lassen, die Energiepreise ab dem 1. Januar über die CO2-Bepreisung massiv weiter zu erhöhen. Das ist grotesk. Auch die 1,6 Milliarden Euro für die Ahrtal-Flut 2021 begründen 2023 natürlich keine die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigende und unkontrollierbare Notsituation, wie es das Grundgesetz aber verlangt. Es gab damals nur ein völlig unkontrolliertes Flutmanagement, Malu Dreyers SPD-Flutmanagement. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass Schulden im Kernhaushalt und in Sondervermögen als Einheit zu betrachten sind. Völlig logisch: Alle Schulden sind Schulden, egal wo sie aufgenommen werden. Doch nach wie vor – wir haben es eben schon gehört – setzen Sie diese simple Vorgabe des Gerichts nicht um. Der Finanzminister will sich so die Voraussetzungen schaffen, die Schuldenbremse auch 2024 zu umgehen. Die Berechnung der tatsächlichen Neuverschuldung 2023 ist unvollständig. Nur zwei Sondervermögen werden von Ihnen berücksichtigt. Die echte Neuverschuldung liegt mit 85 Milliarden Euro deutlich höher, als Sie zugeben. Die Schuldengrenze des Grundgesetzes wird um 240 Prozent überschritten. Sparanstrengungen haben Sie in keiner Weise unternommen, und damit kommen Sie auch Ihrer Schadensminimierungspflicht nicht wirklich nach. Doch schauen wir noch voraus. Sie werden nun 2024 entgegen Ihrer Show für die Medien, die in den letzten Tagen abgezogen wurde, erneut die Notsituation erklären, wahrscheinlich sogar wieder rückwirkend – doch so ganz genau weiß man das selbst 14 Tage vor 2024 noch nicht –, und schon wieder mit der Ahrtal-Begründung. Die Ahrtal-Beträge haben aber auch 2024 nicht die Dimension, die staatliche Finanzlage erheblich zu beeinträchtigen. 2024 wird dann das fünfte Jahr des finanziellen Notregierens sein. Das Grundgesetz wird inzwischen dauerhaft umgangen. Die Regierung bettelt sogar schon vorab bei der Union, bloß nicht zu klagen; denn sie weiß um die Rechtswidrigkeit ihres Tuns. Das ist vorsätzlicher Verfassungsbruch mit vollem Unrechtswissen. Wo ist Herr Haldenwang, wenn man ihn wirklich bräuchte? Zunächst aber muss der Haushalt 2023 nun dringend in Karlsruhe überprüft werden. Darum, Herr Merz: In Ihrem Entschließungsantrag haben Sie gestern ja nun fast dasselbe geschrieben wie wir vor einer Woche. Und ja, da stehen Worte drin wie „Tricksereien“; wir haben es schon vom Kollegen Fricke gehört. Aber bei diesem Trick vor zwei Jahren, der die Geschäftsgrundlage der Koalition war, ist diese Wortwahl völlig angebracht. Wir stimmen darum Ihrem Entschließungsantrag zu. Sie, Herr Merz, können das auch. Stimmen Sie unserem Entschließungsantrag, der fast wortgleich ist, zu, damit dann aber auch einer Normenkontrollklage! Hier muss eine verantwortungsvolle Opposition an einem Strang ziehen. Vielen Dank.