Zwischenrufe:
0
Beifall:
3
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Hartewig, ich erlaube mir am Anfang, Sie an zwei Sätze aus Ihrem eigenen Koalitionsvertrag zu erinnern. Dort steht:
„Wir wollen Abläufe und Regeln vereinfachen und der Wirtschaft, insbesondere den Selbstständigen, Unternehmerinnen und Unternehmern mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben schaffen. … Wir werden bei der Umsetzung von EU-Recht dafür Sorge tragen, dass sie effektiv, bürokratiearm … erfolgt.“
Genau das Gegenteil von diesen zwei Sätzen machen Sie heute mit diesem Gesetzentwurf, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU)
Ich will ein Beispiel herausgreifen, das Sie auch genannt haben: die sogenannten selbstfahrenden Arbeitsmaschinen – Kehrmaschinen, Aufsitzrasenmäher, Gabelstapler und Ähnliches. Klar, auf Privatgelände haben wir keine Änderung. Aber sobald Sie mit Ihrem Gabelstapler eine Straße queren, einen Teil eines Bürgersteiges befahren oder Ähnliches, zwingen Sie die Halter der Arbeitsmaschinen in eine staatliche Pflichtversicherung, obwohl – das haben Sie selbst dargelegt – die EU-Richtlinie das nicht erfordert. Das ist wirklich ein absoluter bürokratischer Wahnsinn.
Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Der betrifft Hunderttausende von Spediteuren, von Landwirten, von Winzern, die das nicht bezahlen können. Ich sage Ihnen, wer sonst bezahlen soll. – Frau Künast, hören Sie einen Moment zu. Das hat übrigens Herr Hartewig auch schon erzählt, als er über die zweite Option sprach. Wenn Sie ihm zugehört hätten, dann bräuchten Sie nicht die ganze Zeit dazwischenrufen. – Sie zwingen die Halter alle in eine staatliche Pflichtversicherung, obwohl die Richtlinie das nicht vorsieht.
Stellen Sie sich einmal vor: Sie haben einen Gabelstapler, der ab und zu über ein Stück eines Bürgersteiges fährt, und der Halter hat keine Pflichtversicherung abgeschlossen. Dann droht ihm nach § 6 Pflichtversicherungsgesetz bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe. Herzlichen Glückwunsch. Das ist wirklich eine sehr praxisnahe Umsetzung, die Sie hier machen, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU)
Dass es anders geht, zeigen Sie mit der Bereichsausnahme, die Sie bis 1. Januar 2025 selbst formulieren wollen. Aber das Problem ist der Satz, den Sie gesagt haben, Herr Hartewig: Wenn eine Haftpflichtversicherung besteht, wird für die Schäden eh aufgekommen und man braucht dann keine Pflichtversicherung. – Das stimmt ja nicht. Sie haben doch nur für den Teil die Ausnahme gemacht, in dem bestimmte Versicherungssummen erreicht werden, nämlich zum Beispiel für Personenschäden 7,5 Millionen Euro pro Schadensfall.
Unterhalten Sie sich einmal mit Landwirten und mit Spediteuren. Genau diese Mindestsummen erreichen diese Versicherungen oft nicht. Die Versicherungswirtschaft muss jetzt hingehen und muss alle Betriebshaftpflichtverträge überprüfen, ob vielleicht jemand einen Aufsitzrasenmäher hat, ob der vielleicht irgendwo einen Bürgersteig hat, über den er drüberfahren muss, und dann muss die Versicherung an das neue Gesetz und an die Pflichtversicherung angepasst werden. Wir haben es in der Anhörung gehört: 19 Millionen Verträge sind betroffen, obwohl man es anders regeln könnte.
Auf der anderen Seite haben wir in der Anhörung auch erfahren, wie viele Schadensfälle es denn gibt. In den letzten fünf Jahren sind acht bekannt geworden mit einer durchschnittlichen Schadenssumme von 3 900 Euro. Dafür diesen bürokratischen Wahnsinn. Meine Damen und Herren, das ist wirklich nicht mehr nachvollziehbar.
Deswegen: Schauen Sie sich noch einmal an, wie man es anders machen kann. Denken Sie noch mal darüber nach. Wenn Sie wollen: Nutzen Sie die Zeit bis zum 1. Januar 2025, und belasten Sie die Wirtschaft bitte nicht mit noch mehr Bürokratie. Die ächzt sowieso schon.
Beifall bei der CDU/CSU)
Die nächste Rednerin ist Luiza Licina-Bode für die SPD-Fraktion.
Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)