Sehr geehrte Frau Präsidentin! Vielleicht kann ich das mal sagen: Ich bin froh, dass Sie die Debatte an diesem Tag heute leiten. Verehrte Kolleginnen und Kollegen! „Reiche Eltern für alle“ könnte eine Forderung sein, die man ableiten könnte aus den Ergebnissen der PISA-Studie. Ich finde es dramatisch, wie stark der Bildungserfolg in Deutschland vom Elternhaus und vom sozioökonomischen Hintergrund abhängt. Das ist einer der Befunde, der uns am meisten zu denken geben sollte und der uns nachdenklich machen sollte. Deswegen bin ich froh, dass wir diese Debatte in Auseinandersetzung miteinander führen, aber auch in der gewohnten Ernsthaftigkeit. Was wir außerdem in dieser Debatte immer wieder gehört haben, ist der Rückblick in die vermeintlich gute alte Zeit. Vielleicht erinnern wir uns noch einmal an die erste PISA-Erhebung: Da haben wir nämlich gelernt, dass die gute alte Zeit im deutschen Bildungssystem gar nicht so gut war, dass wir auf einmal, anders als gedacht, schon damals nicht gut dastanden bei den Kompetenzen und bei der sozialen Segregation im Ranking der Industrieländer auch weit hinten lagen. Und dann hat sich tatsächlich etwas geändert: Wir haben gemeinsame Kraftanstrengungen unternommen im Bund, in den Ländern und in den Kommunen. Ausdruck davon ist, dass wir gemeinsam das Thema Ganztag in den Vordergrund gestellt und die Sache gemeinsam angepackt haben. Etwas Weiteres, was ich zu dieser Debatte sagen will: Anders, als es hier behauptet wurde, brauchen wir eine Einwanderung ins deutsche Bildungssystem. Ich glaube, wir brauchen sie so früh wie möglich, damit diejenigen, die zu uns kommen, so früh wie möglich in das deutsche Bildungssystem integriert werden. Wir brauchen ein Bildungssystem, das allen Chancen vermittelt, das alle ernst nimmt, das alle in ihren Kompetenzen fördert und das bei allen die Defizite ausgleicht. Etwas anderes können wir uns gar nicht leisten! Und da muss ich gar nicht über Herkunft diskutieren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Da muss ich darüber reden, wie wir das Beste rausholen aus den Menschen, die in diesem Land leben. Das ist unsere Aufgabe. Lassen Sie uns doch darüber reden, was eigentlich der Bund machen kann, und dabei nicht immer auf die anderen zeigen. Ich will mal mit einem einfachen Thema anfangen. Ich bin ein großer Freund der Bildungsforschung und der Wissenschaft, die dahintersteckt. Wir müssen wissenschaftlich darauf schauen, was wir verbessern können, wir müssen vergleichen. Und wir müssen dann auch schauen, was wir aus diesen Vergleichen für Lehren ziehen können. Denn das deutsche Bildungssystem ist nicht das weltbeste. Das war es in der Vergangenheit nicht, und das ist es auch jetzt nicht. Insofern brauchen wir Bildungsforschung, die wir ernst nehmen. Dafür ist der Bund verantwortlich. Das ist das Erste, wofür wir hier ganz konkret Verantwortung übernehmen können. Das Zweite ist das Thema „Startchancen-Programm“. Da haben wir jetzt gesagt: Wir lassen es über zehn Jahre laufen, sodass es auch für diejenigen, mit denen wir kooperieren, verlässlich ist. – Natürlich liegt der Schwerpunkt überwiegend auf den Grundschulen. 60 Prozent der Schulen, die wir dadurch fördern, werden Grundschulen sein, und das ist genau richtig. Mit diesem Startchancen-Programm machen wir noch was anderes. Wir sagen: Schule sieht heute zu Recht anders aus, als das manche noch in ihrer Schulzeit erlebt haben. Wir brauchen mehr Lehrerinnen und Lehrer an deutschen Schulen, und ich werbe dafür, dass viele diesen schönen Beruf ergreifen. Ich glaube aber: Wir brauchen auch andere Berufsgruppen in den Schulen. Ich finde, dass wir mit dem Startchancen-Programm diesen Weg weitergehen und die Schulen mit multiprofessionellen Teams so aufstellen sollten, dass sie den Herausforderungen unserer Zeit tatsächlich gerecht werden. Das ist das Zweite, was der Bund und diese Koalition macht, und auch das ist genau richtig. Dann will ich zum Dritten doch noch mal über das Thema Föderalismus reden und dabei gerne über das Thema Geld sprechen. Erstens. Was mich an der Debatte zum Startchancen-Programm freut, ist, dass wir uns Millimeter für Millimeter vom Königsteiner Schlüssel wegbewegen und dass wir sagen: Diejenigen, die es am meisten nötig haben, kriegen auch das meiste Geld aus dem Programm. – Ich finde es richtig gut, dass wir uns gemeinsam auf den Weg machen. Zweitens. Ich habe mit der Forderung „Reiche Eltern für alle!“ angefangen. Wir haben auf unserem SPD-Parteitag – das kann man hier im Deutschen Bundestag auch ruhig wiederholen – gesagt: Wir wollen gerne mit der Erbschaftsteuer ein bisschen was für Bildung machen. – Ich glaube, das greift genau das auf, was im deutschen Bildungssystem schiefläuft, nämlich dass der Erfolg zu doll vom Elternhaus abhängt. Das sollten wir dann auch mit dem Thema Bildungsfinanzierung verknüpfen. Drittens. Ich finde die ernsthafte Debatte mit der Union gut; manchmal höre ich dem Oppositionsführer in der Generalaussprache des Deutschen Bundestags zu. Er ist gefragt worden, woher er eigentlich das Geld für seine Steuersenkungen nimmt. Daraufhin sagt er: Thema Mitfinanzierung; dort, wo der Bund Aufgaben von Ländern und Kommunen mitfinanziert, da könne er sich vorstellen zu sparen. Ich glaube, das ist der falsche Weg. Insofern: Ich glaube, „Reiche Eltern für alle!“ ist ein langfristiges Ziel. Mittelfristig müssen wir darüber reden, wie wir unseren Staat fitmachen, um allen beste Bildungschancen zu geben. Vielen Dank.