Ja, seien Sie mal gespannt. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die ordnungsgemäße Verwendung öffentlicher Haushaltsmittel nach unseren geltenden Regeln ist Grundkonsens unseres demokratischen Gemeinwesens. Sie ist deshalb schützenswert und wichtig.
Ich gebe zu, auch ich bin der Auffassung, dass viele der öffentlichen Gelder besser anders verwendet werden sollten, und ich persönlich würde manches sogar als Verschwendung bezeichnen. Aber die Beispiele, die wir eben gehört haben, sind eben im Rahmen des haushaltrechtlich Möglichen.
Herr Seitz, Sie haben jetzt ein paarmal die Frage dazwischengerufen, was wir denn sonst dagegen machen sollen. Ja, wenn man diese Dinge ändern will – ich bin auch mit vielem nicht einverstanden –, dann sollte man versuchen, Wahlen zu gewinnen, Mehrheiten in Parlamenten zu bekommen.
Gute Idee! Das werden wir!)
Das ist der AfD noch nie in Deutschland irgendwo gelungen.
Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Deswegen kommen Sie jetzt wiederholt mit dieser Geschichte und dem Klamauk, am Strafrecht rumspielen zu wollen. Sie legen einen Gesetzentwurf vor, der wirklich untauglich ist. Sie behaupten, es gebe eine Strafbarkeitslücke, die nicht besteht, und Sie machen den Entwurf auch noch handwerklich schlecht, obgleich er abgeschrieben ist; aber das ist zulässig, das kann man ja machen.
Was Sie aber eben hier zur Bugwellenentscheidung vorgetragen und suggeriert haben, nämlich dass die zweckwidrige Verschwendung von Haushaltsmitteln nicht mehr strafbar wäre, ist schlicht und ergreifend falsch.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Der BGH hat in der Bugwellenentscheidung festgestellt, dass für das Vorliegen des Untreuestraftatbestandes ein Vermögensnachteil für die öffentliche Hand entstanden sein muss; das ist übrigens auch richtig, meine Damen und Herren. Und wenn Sie sich dann anschauen, wie niedrigschwellig der BGH diesen Vermögensnachteil definiert, dann wissen wir doch alle, dass die Klassiker, die wir vor Augen haben – die überzogenen Anschaffungen, die unangemessenen Repräsentationsaufwände – natürlich problemlos unter § 266 StGB gefasst werden können. Deswegen besteht die suggerierte Strafbarkeitslücke gar nicht. Sie machen hier mal wieder denselben Klamauk wie in jeder Periode, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Zuruf des Abg. Thomas Seitz [AfD])
Wir haben letzte Woche gelernt, dass das Verfassungsrecht stark ist, was die Schuldenbremse und auch das Haushaltsrecht betrifft. Aber nicht nur der Haushaltsgesetzgeber muss sich an die Verfassung halten, sondern auch das Strafgesetzbuch muss der Verfassung entsprechen. Es gilt das Bestimmtheitsgebot. Jeder muss wissen, wann Straftatbestände erfüllt sein können und wann nicht. Und da habe ich bei dem Entwurf, den Sie vorgelegt haben doch die größten Zweifel. Wenn Sie sich nur Ihre Formulierung anschauen: „ein auffälliges Missverhältnis“ zwischen Haushaltsansatz und Nutzen der Ausgabe soll zur Strafbarkeit führen. – Ja, wann soll das denn erfüllt sein?
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Das nennt sich „unbestimmter Rechtsbegriff“!)
Sie sehen das Problem ja selbst und schreiben dann, in § 291 StGB, beim Wuchertatbestand, gebe es diesen Begriff doch auch. – Ja, beim Wuchertatbestand geht es um Kreditfälle, Mietfälle. Da stehen doch Normhierarchien dahinter. Da haben wir gesetzliche Vorschriften, die Prozentzahlen vorgeben. Da haben wir Mietspiegel, an denen man sich orientieren kann. Dazu gibt es eine gefestigte Rechtsprechung. Was Sie hier vorschlagen, ist völlig ins Blaue hinein und deswegen verfassungsrechtlich jedenfalls höchst bedenklich, meine Damen und Herren.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])
Wenn Sie mal nach draußen auf die Realität schauen, dann stellen Sie doch fest, dass das Strafrecht bei der Verschwendung öffentlicher Gelder funktioniert.
Lachen des Abg. Thomas Seitz [AfD]
Wo denn?)
– Ich sage es Ihnen, wo. Schauen Sie zur Staatsanwaltschaft Darmstadt. Die ermittelt gerade gegen den AfD-Fraktionsvorsitzenden aus dem Kreisverband Bergstraße, weil er 16 000 Euro für ein paar Flyer verballert haben soll. Da funktioniert es.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN
Hört! Hört!
Clara Bünger [DIE LINKE], an die AfD gewandt: Aha! Was sagen Sie dazu?)
Oder schauen Sie zur Staatsanwaltschaft Braunschweig. Die ermittelt gerade gegen zwei AfD-Landtagsabgeordnete wegen gemeinschaftlichen Betrugs und gemeinschaftlicher Untreue; alles auf Basis der jetzigen Rechtsvorschriften.
Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN
Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])
Wahrscheinlich schlagen Sie deshalb etwas vor, was keine wirkliche Änderung bringt: weil Sie genau wissen, wen es am meisten träfe.
Lassen Sie mich schließen mit einer Strophe aus Heinrich Heines „Deutschland. Ein Wintermärchen“:
„Ich kenne die Weise, ich kenne den Text, Ich kenn auch die Herren Verfasser; Ich weiß, sie tranken heimlich Wein Und predigten öffentlich Wasser.“
Herzlichen Dank.
Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Zu Andi Scheuer haben Sie nichts gesagt!)
Vielen Dank, Herr Jung, für diese kleine literarische Einlage. – Für Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort die Kollegin Canan Bayram.
Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)