Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute sprechen wir über einen dunklen Fleck in unserem Gesundheitswesen: die Versorgung psychisch kranker Menschen. In der Folge der Pandemie ist der Bedarf an psychotherapeutischer Behandlung stark angestiegen. Schon vorher mussten Patientinnen und Patienten im Durchschnitt 142 Tage auf den Beginn ihrer Behandlung warten. Was das bedeuten kann, zeigt ein Beispiel aus dem Münsterland. Die Psychotherapeutin Rammiya Gottschalk schildert auf Instagram, dass sie den nächsten Patienten auf ihrer Warteliste anrufen wollte. Sie erreichte seine Frau, die ihr mitteilte, dass ihr Mann sich inzwischen das Leben genommen hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man sich ein Bein bricht und Schmerzen hat, dann würde niemand akzeptieren, dass der Rettungswagen erst in fünf Monaten kommt. Und bei psychisch kranken Menschen dürfen wir das auch nicht akzeptieren. Die Ampel hat sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, die Wartezeiten deutlich zu reduzieren. Aber bisher ist überhaupt nichts passiert. Alle Patientinnen und Patienten müssen eine bedarfsgerechte Therapie erhalten, und zwar zeitnah. Dafür brauchen wir mehr Therapieplätze, mehr Kassensitze und bundesweite Krisendienste, die im Notfall schneller und niedrigschwellig erreichbar sind. Und da muss Minister Lauterbach endlich liefern. Wir sollten uns – das will ich noch sagen – nicht nur auf die Therapie konzentrieren, sondern auch die Vorbeugung stärken. Und da müssen wir über berufliche Belastungen ebenso reden wie über die Folgen von Krisen für die psychische Gesundheit und über die Epidemie der Einsamkeit in unserer Gesellschaft. Das ist eine Aufgabe, die ressortübergreifend ist; die können wir nicht allein im Rahmen der Gesundheitspolitik bewältigen. Die Herausforderungen im Bereich der psychischen Gesundheit sind groß, aber sie werden nicht kleiner, wenn man den Kopf in den Sand steckt. Minister Lauterbach hatte jetzt schon fünfmal 142 Tage Zeit, eine Initiative zu starten. Warten Sie bitte nicht länger.