Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Antrag ist die Folge einer veränderten politischen Realität. Mithilfe der Kommission zur Überprüfung der sicherheitsrelevanten Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und China wollen wir die multidimensionalen Wirtschaftsbeziehungen auf sicherheitsrelevante Aspekte durchleuchten und schließlich der Wirtschaft, der Gesellschaft und der Politik Handlungsoptionen aufzeigen. Die Kommission soll Prozesse institutionalisieren und in aller Regelmäßigkeit dafür sorgen, dass mehr China-Kompetenz Einzug in den parlamentarischen Alltag hält. Wir erleben mit dem wirtschaftlichen Erstarken nicht nur ein zunehmend selbstbewusstes Auftreten Chinas, sondern seit Jahren das Bestreben einer systemischen Veränderung der internationalen Ordnung. Frau Lötzsch, googeln Sie mal „Dokument Nummer 9“, vielleicht wird Ihnen einiges klarer. Aber wer weiß, wer Ihnen heute die Stichworte für Ihre Rede geschrieben hat. Xi Jinpings China ist dabei, eine neue Realität zu schaffen; es gibt genügend Beispiele im Bereich der Normierung, der Patentierung oder im geopolitischen Einflussbereich. 23 formelle Mitgliedsanträge auf Aufnahme in die BRICS-Gemeinschaft sprechen eine sehr, sehr deutliche Sprache. China strebt in seinem historischen Selbstverständnis nach der Wiederauferstehung der Nation, und diese politische Veränderung müssen wir in unseren wirtschaftlichen Beziehungen einfach noch mehr berücksichtigen. Japan hat zum Beispiel mit dem „Gesetz zur Förderung der wirtschaftlichen Sicherheit“ und der Einrichtung eines entsprechenden Ministeriums auf die sich verändernden Beziehungen zu China reagiert. Japan sichert sich seine Schlüsselrohstoffe, Infrastruktur, fördert kritische Technologie und schützt sicherheitsrelevante Patente. Dabei sollte man chinesischen Warnungen vor dem sogenannten De-Risking – es wurde heute schon erwähnt – nicht allzu großen Glauben schenken. Sieht man sich die Kommunikation und Handlungen genauer an, dann erkennt man öffentliche Strategien, wie zum Beispiel die Strategie der „zwei Kreisläufe“ oder Xi Jinpings Rede beim letzten Parteikongress im Oktober 2022, wo er betonte, dass wirtschaftliche Sicherheit die Grundlage für den Aufbau der nationalen Sicherheit und der Prosperität sei. Daran sieht man ziemlich eindeutig, dass die Kommunistische Partei genau dieses Ziel des De-Risking und in Teilen sogar des Decoupling sehr gezielt verfolgt. Wenn ich jetzt diese Debatte verfolge, Herr Außendorf, dann bin ich ob der Kritik doch etwas überrascht. Sie haben von einem Trümmerhaufen gesprochen. Ich habe mir das Strategiepapier aus dem BMWK mit dem Titel „Industriepolitik in der Zeitenwende“ sehr, sehr genau angesehen – „Zeitenwende“ ist übrigens ein komplett ausgelutschter Begriff –: Darin wird über eine „neue Dynamik in der Handelspolitik“ und das „Lösen von Blockaden“ von Freihandelsabkommen gesprochen. Gerade erst haben die Grünen, Ihre Partei, auf ihrem Parteitag beschlossen – ich zitiere –: „Wir lehnen das EU-Mercosur-Abkommen in seiner jetzigen Form ab.“ Herr Außendorf, man muss sich immer zuerst an die eigene Nase fassen. Sprechen wir weiter über dieses Strategiepapier. Da wird auch auf die zunehmende Bedeutung von Investitionsprüfungen eingegangen. Selbstverständlich gerne. Ich habe erstens vor allem wahrgenommen, dass Sie CETA über Jahre mit Ihren Vorfeldorganisationen blockiert haben. Ihre Partei hat dieses Abkommen jahrelang durch Chlorhühnchenvergleiche und Ähnliches auf geradezu populistische Art und Weise blockiert. Zweitens: Mercosur. Es wird hier regelmäßig gesagt, dass wir ins Rollen kommen und endlich mal vor die Welle kommen müssen. Wir wissen doch ganz genau, dass durch Ihren Parteitagsbeschluss wieder wertvolle Zeit ins Land geht und wir keinen Schritt vorankommen. Deswegen haben Sie sich damit eigentlich gerade auch selbst widersprochen. Aber wir können gerne weiter auf Ihr Strategiepapier zu sprechen kommen. Auf Seite 44 geht es darum, dass – ich zitiere – Investitionen die „Sicherheit nicht beeinträchtigen“ dürfen und „niedrigere Prüfeintrittsschwellen“ gewollt werden. Ich zitiere noch mal: Investitionen dürfen die „Sicherheit nicht beeinträchtigen“. Herr Cronenberg, ich bin wirklich ein bisschen fassungslos über das, was Sie gerade gesagt haben – ich beziehe mich auf meine schriftliche Anfrage vom Frühjahr dieses Jahres –: Die Bundesregierung hat kritische Infrastruktur im Bereich des Hafenterminals Tollerort an ein chinesisches Unternehmen verkauft, und Sie sprechen davon, dass Sie einen großartigen Mehrwert geliefert hätten. Ihre Bundesregierung, der Bundeskanzler, ist hauptverantwortlich dafür, dass kritische Infrastruktur an ein chinesisches Unternehmen verkauft wurde. Schauen Sie sich gerne die schriftliche Anfrage mit dem Arbeitsnummerntitel 4-244 an. Aber es geht ja weiter; es hört nicht auf. In dem Strategiepapier wird auf das Primat der Wirtschaftssicherheit eingegangen: Es brauche „eine stärkere Diversifizierung der Rohstofflieferketten durch den Ausbau von internationalen Rohstoffpartnerschaften“. Wir haben eine Kleine Anfrage gestellt: Wie viele neue Rohstoffpartnerschaften wurden denn von der Bundesregierung geschlossen? Antwort: Keine. Auf unsere Kleine Anfrage zur deutschen Rohstoffpolitik hat die Bundesregierung erklärt, dass sie nicht plant, „das spezielle Modell der Rohstoffpartnerschaften auszuweiten“. Es ist immer das Gleiche: Wenn man bei Ihnen an der Oberfläche kratzt, dann wird es darunter ganz schön dünn. Deswegen: Sie sagen das eine, Sie tun das andere. Sie geben sich Strategien mit wohlklingenden Namen, setzen sie aber nicht in konkretes Regierungshandeln um. Deswegen sagen wir: Wir haben keine Zeit zu verlieren! Lassen Sie uns endlich in die Umsetzung kommen! Ich bedanke mich vielmals.