Gerne. Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich muss mich leider dem Urteil anschließen, dass die Rede des Bundeskanzlers heute maximal enttäuschend war, und das nicht nur mit Blick zurück auf die Ursachen dieser Misere – Stichwort: keinerlei Demut, aber vor allen Dingen auch keinerlei Eingeständnis der Mogelei um die Schuldenbremse herum, an der Sie selbst, Herr Bundeskanzler, in persona maßgeblich beteiligt waren. Aber noch schlimmer ist – das will ich Ihnen gleich erklären, Herr Meyer –, dass der Blick in die Zukunft, wie wir die Lage jetzt bereinigen, noch trostloser ist, weil Sie nichts Konkretes zum Haushalt für das nächste Jahr, zum Haushalt 2024, sagen konnten. Wir haben hier jetzt in der Debatte völlig unterschiedliche Standpunkte dazu gehört. Die einen wollen sich noch mal der Notlagenklausel bedienen; die anderen wollen den Haushalt jetzt grundlegend umstellen. Dieses Land befindet sich in einer ernsten Lage, und die Bürger sind maximal verunsichert. Aber den entscheidenden Beitrag dazu liefern Sie und Ihre eigene Regierung selbst: den permanenten Ampelstreit. Der Kollege Bartsch hat es richtig angesprochen – man konnte mit diesem oder jenem Urteil rechnen –: Sie haben sich noch nicht einmal auf den Fall, wie das Urteil jetzt ausgefallen ist, vorbereitet. Von dem Plan B, von dem die Rede war, haben wir bisher nichts gehört. Null. Sie haben keinen Plan B. Für das nächste Jahr hat diese Regierung kein haushalterisches Konzept. Das ist die Bilanz dieser Debatte. Und das ist ein Katastrophenzeugnis für Sie, Herr Bundeskanzler, um es ganz klar zu sagen. Herr Mützenich, Sie haben eben das Verfassungsgericht kritisiert: Das hätte ja mal ein bisschen zeitiger urteilen sollen. Ich sage Ihnen: Seien Sie mal froh, dass das Verfassungsgericht noch in diesem Jahr entschieden hat. Jetzt haben Sie noch die Chance, einen Nachtragshaushalt zu machen und die Lage zu reparieren. Hätte das Verfassungsgericht im Januar entschieden, dann hätten Sie die komplette Lücke von 45 Milliarden Euro im Nachhinein auffüllen müssen. Das wäre der komplette Bankrott für Ihre Politik gewesen. Lieber Herr Kollege Audretsch, vielen Dank für Ihre Zwischenfrage. – Ich kann kein Chaos in der CDU zu diesem Punkt erkennen. Es geht da jeweils um die entsprechenden Klauseln in den Länderverfassungen, und die sind auch höchst unterschiedlich ausgestaltet. Wir reden hier über die Schuldenbremse im Grundgesetz. – Ja, in der Folge. Da haben Sie recht, Herr Fricke. – Aber wir haben für den Bund – wir reden ja heute über Ihren Haushalt und Ihre Haushaltspolitik – zum Beispiel – ich will es Ihnen gerne erklären – im kommenden Jahr einen Verschuldungsspielraum innerhalb der Schuldenbremse von allein circa 22 Milliarden Euro. Sie hatten auch für dieses Jahr einen großen Spielraum. Den haben Sie komplett ausgeschöpft. Also: Sie haben auch innerhalb einer Schuldenbremse durchaus Flexibilität. Aber ich will Ihnen gerne generell eine Bemerkung – auch als Antwort – mit auf den Weg geben. Das Schuldenmachen der Vergangenheit führt jetzt dazu, dass wir in unserem Bundeshaushalt jedes Jahr 40 Milliarden Euro nur für Zinszahlungen aufwenden. Hätten wir in der Vergangenheit nicht so viele Schulden gemacht – da nehme ich uns auch selber in die Verantwortung –, dann hätten wir mit der jetzigen Lage überhaupt kein Problem, weil wir jedes Jahr 40 Milliarden Euro mehr zur Verfügung hätten, um die Probleme zu lösen. Die 60 Milliarden Euro, die Ihnen in Bezug auf den Nachtragshaushalt fehlen, ziehen sich über mehrere Jahre. Das heißt, diese Lücken könnten Sie locker auffüllen. Ich will Ihnen noch einen weiteren Punkt nennen. Herr Dürr, Sie haben hier wieder einmal die jetzige Lage strapaziert und gesagt, diese Buchungspraxis beträfe auch Vorgängerregierungen. Ich habe Ihnen einmal Seite 160 Ihres eigenen Koalitionsvertrages mitgebracht. Das können Sie einmal nachlesen. Da haben Sie diese Buchungsregeln nämlich bewusst geändert. Im letzten Satz steht: „Entsprechend wird die Befüllung eines Sondervermögens als Abfluss aus dem Kernhaushalt den Verschuldungsspielraum reduzieren.“ Sie haben die Regel ersetzt, dass zu dem Zeitpunkt gezählt wird, wenn der Bund einen Kredit begibt. Das haben Sie ganz bewusst geändert durch eine interne Umbuchung vom Kernhaushalt in das Sondervermögen. Das hat Ihnen diesen faulen WSF ermöglicht. Wenn Sie diese Regelung in Ihrem eigenen Koalitionsvertrag – Herr Dürr, hören Sie einmal sorgfältig zu! nicht beschlossen hätten, dann hätten Sie jetzt keinen verfassungswidrigen WSF. Das heißt, wir müssten gar keinen Nachtragshaushalt für dieses Jahr machen. Wir bräuchten keinen Nachtragshaushalt. Das ist der Punkt. Abschließend möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben: Spannend wird noch sein, zu klären, wer die eigentlich ursächlich Verantwortlichen für diese Umgehung der Schuldenbremse waren; denn mit der Entlassung von Herrn Gatzer – da haben Sie völlig recht, Herr Mützenich – ist es nicht getan. Aber die Blicke wenden sich dann nicht alle auf Herrn Lindner, der wenigstens einmal so mutig war, die politische Verantwortung zu übernehmen, sondern die wenden sich an den Herrn Bundeskanzler; denn der ist der Auftraggeber dieser Aktion. Herzlichen Dank.