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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine Kernaufgabe des Rechtsstaats, den Bürgern Zugang zum Recht zu gewährleisten, auch für ihre privatrechtlichen Streitigkeiten. Digitalisierung ist ein wichtiger Faktor. Dass wir das bei knappen Ressourcen auch in Zukunft gewährleisten können, darüber gibt es eine große Einigkeit, sowohl hier im Hause als auch unter den Justizministern und Justizministerinnen des Bundes und der Länder.
Wir als Union unterstützen deshalb auch einige Punkte aus dem heute vorgelegten Gesetzentwurf, zum Beispiel wenn es darum geht, Anträge zu Protokoll der Geschäftsstelle, Anträge auf Prozesskostenhilfe oder die Abnahme der Vermögensauskunft demnächst online zu ermöglichen. Wenn das hybrid oder durch Videokonferenzen möglich ist, dann ist das eine echte Entlastung für Bürger und Bürgerinnen und auch für die Gerichte.
Aber Sie schießen in einigen Punkten wieder über das Ziel hinaus, wenn Sie wichtige Verfahrensgrundsätze des Zivilprozesses ein Stück weit infrage stellen, und besonders dann, wenn die Parteien eine vollvirtuelle Verhandlung verlangen und das Gericht in Zukunft im Sinne einer Sollvorschrift daran gebunden sein soll.
Die Parteien entscheiden im Zivilprozess über den Streitgegenstand im Rahmen ihrer Dispositionsmaxime und über den Prozessstoff, den sie dem Gericht unterbreiten. Aber es ist allein Sache des Gerichtes, über das Verfahren zu entscheiden. Da geht es um Terminierungen, um Verbindungen, um Trennungen, um Aussetzungen, aber in der Sache selbst auch darum: Mit wem will ich in Präsenz verhandeln, und wie soll das ablaufen?
Das dient zum einen natürlich der Effizienz, aber nicht nur, und es geht zum anderen auch darum, dass es letztlich die Richter sind, die im Streitfall eine Entscheidung mit ihrem Namen begründen und verantworten müssen. Sie müssen ihre Unterschrift unter ein vollstreckbares Urteil mit manchmal sehr weitreichenden Wirkungen für die Parteien setzen. Damit tut man sich auch manchmal nicht so leicht. Dann muss es aber auch alleine ihnen überlassen bleiben, wie sie sich ihre Überzeugung bilden wollen, und das ist mit einer solchen Sollvorschrift nicht zu vereinbaren.
Auch wenn es hier Ausnahmen geben kann: Sie müssen explizit begründet werden, obwohl sie nicht angreifbar sind. Das ist ein Ausdruck des Misstrauens, und es birgt auch ein Risiko in der nächsten Instanz.
Letztlich ein ganz wichtiger Grund, der sich gar nicht in einer konkreten Begründung darstellen lässt: Es geht auch darum, in welchem Rahmen das Gericht als Rechtsstaat erfahrbar ist. Das ist mit entscheidend für die Akzeptanz –
Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.
– von Entscheidungen. Da finde ich es nicht in Ordnung, wenn Sie das mit banalen Schalten unseres alltäglichen Lebens verbinden.
Frau Kollegin, Sie haben jetzt noch einen Satz, und dann entziehe ich Ihnen das Wort.
Wir müssen es den Gerichten überlassen, wie sie das am besten gewährleisten wollen, und deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab.
Vielen Dank, Herr Präsident.
Beifall bei der CDU/CSU)