Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir treffen uns als Fraktionen per Videokonferenz zu Sitzungen; wir verhandeln digital über den Inhalt von Gesetzen. Privat erledigen wir Bankgeschäfte online, Einkäufe sowieso; wir schließen Versicherungen ab und kaufen Autos. Auch Ärzte konsultieren wir zuweilen digital. Seit der Coronapandemie nutzen auch deutsche Zivilgerichte vermehrt das Instrument der Videokonferenz. Das ist gut, und das wollen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf weiter fördern. Denn eine digitale Justiz ist näher an der Lebensrealität der Menschen. Seit Jahren beobachten wir sinkende Eingangszahlen an den Zivilgerichten. Menschen wenden sich ab, verzichten darauf, ihre berechtigten Forderungen geltend zu machen, oder suchen andere Wege. Das darf uns nicht kaltlassen. Ein starker Rechtsstaat ist ein Rechtsstaat, dem die Menschen vertrauen, der nah an den Menschen ist. Deshalb gilt in Zukunft: Erstens. Wir ermöglichen virtuelle Rechtsantragstellen. Zur Abgabe von Anträgen oder Erklärungen vor den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle muss man dann nicht mehr persönlich zu Gericht gehen; die Beantragung von Prozesskosten- und Beratungshilfe kann per Videokonferenz erfolgen. So schaffen wir für viele Personen überhaupt erst Zugang zum Recht. Zweitens. Wir erweitern die Möglichkeiten, per Video zu verhandeln. Wenn ein Verfahrensbeteiligter beantragt, per Video an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, soll das Gericht dies auch anordnen. Es ist doch einfach nicht mehr zeitgemäß, wenn Parteien und Anwälte stundenlang durch die Republik reisen müssen, um vielleicht ein paar Minuten vor Gericht zu verhandeln. Natürlich ist ein solcher Aufwand auch eine Kostenfrage – und bald Schnee von gestern! Da es uns um Bürgernähe geht, stülpen wir den Parteien aber natürlich nichts über, was sie nicht wollen. Jede Partei kann für sich entscheiden, ob sie doch in den Gerichtssaal gehen möchte. Wenn sich ein Verfahren ausnahmsweise nicht für eine Videokonferenz eignet, hat das Gericht die Möglichkeit, entsprechende Anträge abzulehnen – allerdings nicht pauschal, sondern mit nachvollziehbarer Einzelfallbegründung. Drittens. Wir ermöglichen vollvirtuelle Gerichtsverhandlungen. Wenn alle Verfahrensbeteiligten per Video teilnehmen, muss auch der Richter nicht zwingend im Gerichtssaal sein. Die Öffentlichkeit wird dann über eine Videoschalte in das Gericht beteiligt. Für die Zukunft stellen wir uns vor, dass es auch für sie eine digitale Teilnahmemöglichkeit gibt. Das macht nicht nur den Richterberuf attraktiver, sondern senkt die Schwelle, sich wirklich einmal anzusehen, was an unseren Gerichten passiert. So können wir das Vertrauen in den Rechtsstaat stärken. Viertens. Auch Urteile können künftig per Videokonferenz verkündet werden. Schluss dann mit Urteilsverkündungen in menschenleeren Gerichtssälen und Telefonanrufen auf der Geschäftsstelle, um dort den Tenor zu erfragen – weniger Förmelei, mehr echte Transparenz! Kurzum: Zivilprozesse werden zügiger, effektiver und offener. Unser Rechtsstaat wird attraktiver. Vielen Dank.