Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! „Chance vertan“, so titelt das Institut der deutschen Wirtschaft Köln, das heute schon ein paarmal zitiert wurde. Das Institut hat festgestellt, dass mit dem Wachstumschancengesetz unser BIP 2028 um 0,05 Prozent höher liegen könnte als ohne Gesetz. Dabei wusste das IW Köln noch nicht – lieber Herr Mordhorst, Sie offensichtlich auch nicht –, dass die Koalition es geschafft hat, im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens von den 7 Milliarden Euro auch noch 800 Millionen Euro wegzunehmen. Wir reden gar nicht mehr über 7 Milliarden Euro, sondern über einen Booster von 6,2 Milliarden Euro für diese Wirtschaft. Von daher: Feiern Sie sich nicht für Beträge, die so gar nicht im Raum stehen. Warum ist der Effekt dieses Gesetzes so gering? Das liegt unter anderem daran, dass ein großer Teil vorgezogene Abschreibungen ist. Wir begrüßen die Verbesserungen bei der degressiven Abschreibung, und wir begrüßen auch die Regelungen bei der GWG-Grenze. Das sind fast 2,5 Milliarden Euro aus diesem Gesetz; das ist dem Grunde nach richtig. Aber sich dafür langfristig zu feiern, macht natürlich überhaupt keinen Sinn; denn die Abschreibungsbedingungen des nächsten Jahres sind direkt schon wieder schlechter, sodass die Erhöhung der degressiven Abschreibung für Großinvestitionen überhaupt nicht zieht, weil der Planungsvorlauf nicht eingehalten wird. Sehr gerne. Das tue nicht ich; das tut das Finanzministerium. Die 6,2 Milliarden Euro stehen im offiziellen Tableau der Kosten für das Wachstumschancengesetz des Finanzministeriums. Selbstverständlich ziehen Sie die 800 Millionen Euro den Privatmenschen aus der Tasche, die sie jetzt nicht mehr investieren können, zum Beispiel in Wohnraumsanierung. Auch Private investieren, und diese 800 Millionen Euro können sie nicht mehr investieren, weil Sie ihnen die Steuern zusätzlich aufdrücken, obwohl Sie es ursprünglich anders versprochen hatten. Sie haben im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens den Referentenentwurf deutlich schlechter gemacht. Im Referentenentwurf standen beim Verlustrücktrag drei Jahre, was auch schon nicht perfekt war, weil das dritte Jahr ins Coronajahr fällt. Aber Sie haben es im Gesetzgebungsverfahren geschafft, den Verlustrücktrag ab 2026 wieder zu halbieren. Auch das ist keine gute Nachricht für die Unternehmen. Bei der Thesaurierungsbegünstigung hätten wir sehr gerne dem Referentenentwurf zugestimmt. Denn da hätte die Thesaurierungsbegünstigung bei Personengesellschaften tatsächlich noch dazu geführt, dass wir einen Gleichklang zwischen Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften hätten. Auch das haben Sie verschlechtert. Die Ausschüttungsbelastung ist nach wie vor so hoch, dass die Begünstigung von den Unternehmen nicht in Anspruch genommen wird. Das hätten wir uns anders gewünscht, und dann hätten Sie auch unsere Zustimmung dafür bekommen. Bei manchen Themen sind Sie an der Enttäuschung aber auch selber schuld, zum Beispiel bei der Investitionsprämie für Klimamaßnahmen, die im Grunde genommen eine gute Geschichte ist. Aber wenn man Sie vergleicht mit Ihren Versprechungen der Superabschreibung aus dem Koalitionsvertrag, dann muss man feststellen, dass diese Investitionsprämie laut Gesetzentwurf für genau 1 500 Unternehmen interessant ist. Die Superabschreibung hätten alle Unternehmen bekommen können. Wundern Sie sich nicht, dass wir jetzt nicht mit Ihnen zusammen jubeln; denn das ist eine deutliche Verschlechterung im Gegensatz zu dem, was Sie versprochen haben. Beim Wohnungsbau, Kollegin Beck, bin ich sogar ganz froh, dass Sie unsere Anregungen ernst genommen haben. Denn gegenüber dem Gesetzentwurf haben Sie tatsächlich versucht, die massive soziale Schieflage in den Griff zu bekommen. Mit Ihrem Gesetzentwurf hätten Sie ohne Energiestandards teuer bauen können und hätten hohe Abschreibungen bekommen. Sie haben jetzt versucht, das sozial auszugleichen – das erkenne ich ausdrücklich an –, es ist Ihnen nur nicht gelungen. Die Rede von Herrn Schrodi zeigt, dass 20 Minuten Diskussion im Finanzausschuss, was denn überhaupt im Gesetzentwurf stehe und was Sie wollten, nicht gefruchtet hat. Sie haben bis heute nicht verstanden, was Sie beschlossen haben. Es ist eben gefragt worden, welche Vorschläge wir machen würden. Wir haben den Vorschlag gemacht, dass Sie die AfA nach § 7b EStG auf 10 Prozent erhöhen. Dann hätten Sie ein einfaches Verfahren, auch für preiswerten Wohnraum, gehabt. Das wollten Sie nicht. Ich garantiere Ihnen: Dieser Teil des Gesetzes wird erhebliche Klagen nach sich ziehen. Vielleicht wird aber dann in den nächsten Wochen bei Ihnen in den Fraktionen mal darüber nachgedacht, wie schlecht die Qualität der Steuergesetze geworden ist. Also, ich bin wirklich erschreckt darüber, dass Sie nicht lesen, was Sie beschließen, und dass Sie nicht verstehen, was Sie beschließen. Das ist für mich und für die Steuergesetzgebung ein wirkliches Drama. Frau Beck, weil Sie eben gesagt haben, wir hätten kritisiert, dass Sie für bestehenden Wohnraum wenig machen: Ja, den § 35c EStG verbessern Sie. Aber Sie nutzen nicht die Chance bei den anschaffungsnahen Herstellungskosten. Es ist so: Wenn Sie heute ein sanierungsbedürftiges Gebäude kaufen, können Sie das aus steuerlichen Gründen nur drei Jahre liegen lassen, weil Sie sonst wegen der anschaffungsnahen Herstellungskosten von 15 Prozent die AfA auf die gesamte Nutzungsdauer verschieben müssen. Das ist eine ganz kleine Sache, die alle in der Anhörung beantragt haben, bei der Sie nicht über das Stöckchen gesprungen sind, also diese Regelung nicht verändert haben. Da hätten Sie mit sehr wenig Geld Wohnraum tatsächlich aktivieren können und hätten gleichzeitig dem Klimaschutz Rechnung getragen. Auch das ist ein Vorschlag von uns, den Sie ablehnen. Von daher: Beanstanden Sie nicht, dass wir keine Vorschläge machen; Sie hören dabei ja gar nicht zu. Rentenbesteuerung. Ja, Sie haben einen kleinen Schritt gemacht, wie in vielen anderen Punkten dieses Gesetzes. Sie haben einen kleinen Schritt gemacht, weil er verfassungsrechtlich geboten ist; aber Sie haben eben nicht das Problem gelöst. Sie verschieben den individuellen Freibetrag, der mit Sicherheit noch viel Geld kosten wird, in die Zukunft, weil Sie an dieser Stelle viele andere Einzelmaßnahmen machen wollten. Aber Sie werden diesen Freibetrag noch einführen müssen, und zwar spätestens im nächsten Jahr. Und da seit gestern die Debatten um den Haushalt fürs nächste Jahr mit Sicherheit schwieriger werden, bin ich gespannt, wie Sie das Problem lösen wollen. Bisher haben Sie die Gefahr der Doppelbesteuerung jedenfalls nicht gelöst. Dann kündigen Sie noch hundert andere Punkte an. Mehrwertsteuer auf Gas: Dazu habe ich eben schon etwas gesagt. Stromsteuer: Hier wird groß verkündet, dass die Stromsteuersenkung kommt; das haben Sie bei der Gastro-Mehrwertsteuer auch behauptet. Jetzt ist der Umdruck im Haushaltsausschuss angekommen. Das heißt, Sie wollten von Anfang an am federführenden Ausschuss vorbei das Stromsteuergesetz ändern. Ich bin auch sicher, dass ich weiß, warum: weil das nämlich nur eine Entlastung für wenige Unternehmen ist. Bei Gas belasten Sie alle, bei der Stromsteuersenkung profitieren nur wenige. Das wollten Sie mit uns nicht öffentlich diskutieren und deshalb sollte es geheim im Haushaltsausschuss verabschiedet werden. Auch das zeugt wieder von der Qualität Ihrer Beratungen. Letztes Thema. Herr Schrodi, Sie haben gestern behauptet, dass die Erhöhung des Grundfreibetrags kommt – wir haben den Antrag gestern gestellt –, genau wie Sie schon monatelang behaupten, dass Sie die Mehrwertsteuer in der Gastronomie wieder senken. Auch dieser Antrag liegt noch gar nicht vor. Ich weiß auch nicht, wie Sie das in diesem Jahr noch schaffen wollen. Also: Beim Wachstumschancengesetz haben Sie viele Chancen ungenutzt liegen gelassen, deshalb keine Zustimmung von uns.