Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir leben in einer Zeit, in der die Gefährdungssituation für die freiheitliche demokratische Grundordnung offenkundig ist: Krieg mitten in Europa und zunehmende Radikalisierungstendenzen mitten in unserer Gesellschaft. Deswegen ist es wichtig, dass wir gut funktionierende und gut ausgestattete Nachrichtendienste haben. Ich will mich dem Dank an die Beschäftigten der Nachrichtendienste ausdrücklich anschließen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn man den Kollegen der Union zuhört, dann muss man aber den Eindruck gewinnen, dass hier der Anschein erweckt werden soll, dass die Bindung an Recht und Gesetz für die Nachrichtendienste ein Nachteil ist. Aber genau das Gegenteil ist richtig: Die Bindung an Recht und Gesetz ist ein Vorteil der deutschen Sicherheitsbehörden und der Nachrichtendienste. Wir stärken mit diesem Paket aus BND-Gesetz und Bundesverfassungsschutzgesetz, das wir heute beschließen wollen, die Bindung der Nachrichtendienste an Recht und Gesetz. Deswegen werden wir dieses Paket heute beschließen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist ein Bereich, der besonders diffizil ist. Denn man muss sich einmal klarmachen, dass die Nachrichtendienste Dinge dürfen, die andere Behörden nicht dürfen, und dass sie dabei Voraussetzungen nicht erfüllen müssen, die andere Behörden sehr wohl erfüllen müssen. Weil das so ist, dürfen die unterschiedlichen Voraussetzungen von Behörden nicht durch die Übermittlungsvorschriften unterlaufen werden. In der Vorlage der Bundesregierung drohte genau die Gefahr, dass dieses Trennungsgebot zwischen der Polizei und den Strafverfolgungsbehörden auf der einen Seite und den Nachrichtendiensten auf der anderen Seite unterlaufen wird. Deswegen hat ein selbstbewusstes Parlament wesentliche Teile an diesem Gesetz geändert. Und genau dafür ist der Gesetzgeber da, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir ändern dieses Gesetz, und wir machen es damit verfassungsgemäß. Was haben wir im Einzelnen gemacht? Es ist gerade schon angesprochen worden: Wir haben die Anknüpfung an eine konkretisierte Gefahr in den Übermittlungsvorschriften festgeschrieben. Wir haben insbesondere im Bundesverfassungsschutzgesetz die Grundnormen zur Übermittlung im Bereich der Gefahrenabwehr und im Bereich der Strafverfolgung komplett neu gefasst, vom Kopf auf die Füße gestellt. Aber wir haben durchaus auch anerkannt, dass es Konstellationen geben kann, in denen zwar keine konkretisierte Gefahr vorliegt, aber trotzdem die Möglichkeit bestehen muss, dass Informationen von den Nachrichtendiensten weitergegeben werden. Ein aktuelles Beispiel: Es gab heute eine Razzia im „Islamischen Zentrum Hamburg“, eine Razzia gegen eine als ganz gefährlich eingestufte islamistische Moschee. Wir sagen: Um Verbotsverfahren nach dem Vereinsgesetz vorzubereiten, müssen Daten der Nachrichtendienste weiterverwendet werden können. Deswegen ist es gut, dass das weitergeht und dass wir es in das Gesetz geschrieben haben. Ein Punkt ist schon angesprochen worden, nämlich die Übermittlung von Daten der Nachrichtendienste an nichtöffentliche Stellen. Das ist ein besonders heikler Bereich; denn es kann nicht sein, dass Ergebnisse und Informationen, die von den Nachrichtendiensten mit nachrichtendienstlichen Mitteln ermittelt worden sind, pauschal an Private weitergegeben werden. Deswegen stellen wir jetzt in beiden Gesetzen – im BND-Gesetz und im Bundesverfassungsschutzgesetz – klar, was neun Länder bereits machen: Wir stellen die Regel auf, dass eine Übermittlung an Private unzulässig ist. Das ist der Grundfall. Und es gibt nur sehr wenige Fallgruppen, in denen eine Übermittlung an Private überhaupt zulässig ist. Diese Fälle definieren wir genau. Gerade der hier genannte Fall eines Deradikalisierungs-, eines Ausstiegsprogramms ist dafür doch der Musterfall. Es muss möglich sein, zu sagen, dass ein Islamist oder ein Rechtsradikaler, der vielleicht seit zwei, drei Jahren im Ausstiegsprogramm ist, noch voll im radikalen Umfeld unterwegs ist. Natürlich müssen das die Betreiber dieser Programme wissen, und natürlich müssen wir das in diesem Gesetz regeln. Deswegen machen wir das auch, liebe Kolleginnen und Kollegen. Dann ist noch angesprochen worden, dass diesem ersten Teil der Reform des Nachrichtendienstrechts ein zweiter Teil folgen muss. Darauf freue ich mich. Wir wollen insbesondere regeln, wie die Vorabkontrolle bei V-Leuten zu erfolgen hat. Wir wollen regeln, wie die Kontrollarchitektur in Zukunft aussieht und wie man die parlamentarische Kontrolle weiter stärken kann. All das kommt noch. Aber wenn wir das mit der gleichen parlamentarischen Herangehensweise – – und dem gleichen parlamentarischen Selbstbewusstsein machen wie bei diesem Paket, dann bin ich sehr optimistisch. Vielen Dank.