Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen auf den Tribünen! Es ist ein bekanntes Spiel: Der Kanzler und die Chefs der Bundesländer treffen sich und vereinbaren Asylrechtsverschärfungen. Kurz darauf bringt die Union einen Gesetzentwurf ein, der die Umsetzung dieser Verschärfungen vorsieht. So wollen sich Herr Merz und Co als Macher inszenieren und die Ampel unter Druck setzen. Das ist ein schäbiger Überbietungswettbewerb bei der Entrechtung von Geflüchteten. Zur Sache. Was die Union vorlegt, ist ein klarer Angriff auf die Würde von Geflüchteten. Menschen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, sollen künftig erst nach 36 statt bisher 18 Monaten Leistungen in Höhe des Bürgergelds erhalten können. Das bedeutet für sie, dass sie drei Jahre unter dem Existenzminimum leben müssen. Und dann dürfen viele von ihnen noch nicht einmal arbeiten gehen, weil es ihnen verboten wird. Das wird mit uns nicht zu machen sein. Dieser Plan ist nicht nur widersprüchlich, sondern klar verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt und unmissverständlich erklärt, dass die Menschenwürde migrationspolitisch nicht zu relativieren ist. Kürzungen des menschenwürdigen Existenzminimums sind hier nicht zulässig, weil bei Asylsuchenden und Geduldeten nicht von einem kurzfristigen Aufenthalt in Deutschland ausgegangen werden kann. Dieser Gesetzentwurf ist auch ein populistischer Schaufensterantrag der Union, den sie hier undemokratisch, ohne weiteres Verfahren, gleich abschließen möchte. Sie rütteln mit dem Antrag ernsthaft an den Grundfesten unserer Verfassung, die besagt: Die Würde des Menschen ist unantastbar – egal woher man kommt. Der Vorstoß der Union steht im Kontext weiterer Angriffe auf soziale Rechte, die auch Menschen anderer Gruppen, nicht nur Geflüchtete, betreffen. Erst vor wenigen Tagen forderte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, arbeitsfähige Bezieher von Bürgergeld nach sechs Monaten zur Annahme eines Jobs oder zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten. Diese Aussagen machen deutlich, dass die Gefahr der weiteren sozialen Spaltung der Gesellschaft viel größer ist. Es drohen brutale Kürzungen im sozialen Bereich und Angriffe auf soziale Errungenschaften. – Dass Sie jetzt hier so laut sind, liebe Union, macht deutlich, wo Sie hier stehen: Sie lehnen den Sozialstaat ab. Wohin das, was Sie hier vorschlagen, führt, können sich viele hier im Parlament noch gar nicht vorstellen. Alle demokratischen Kräfte in diesem Land dürfen diesem Treiben nicht zusehen. In den Parlamenten und auf der Straße müssen wir dieser Entrechtung entgegentreten, egal ob sich die Angriffe gegen Geflüchtete, Rentnerinnen, Jugendliche – – oder Erwerbslose richten. Vielen Dank.