Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Fragen Sie sich eigentlich bei Debatten zu AfD-Anträgen auch manchmal: Wie kann man Kinder offensichtlich so sehr hassen? Entschuldigung, muslimische Kinder sind für Sie von der AfD offensichtlich etwas anderes. Ich frage mich aber wirklich: Was haben Ihnen von der AfD Kinder eigentlich getan, dass Sie sie immer wieder diffamieren? Denn zum wiederholten Mal beschäftigen wir uns hier mit einem Antrag, den die AfD immer wieder aus der Mottenkiste holt – nicht weil sich etwas an der Faktenlage geändert hat, sondern weil es ihr schlicht und ergreifend darum geht, erneut Hetze und Spaltung zu verbreiten. Damit machen Sie es sich sehr leicht, sehr geehrte Abgeordnete der AfD. Sie sind an Lösungen von Problemen in Deutschland nicht interessiert. Sie formulieren stattdessen immer wieder Ihre alten Anträge in neue um und ignorieren dabei geltendes Recht in Deutschland und auch die Meinung von Expertinnen und Experten. Sie helfen damit niemandem. Es handelt sich dabei um eine reine Beschäftigungstherapie. Wir kennen die Muster der AfD. Sie schreien nach Frauenrechten, wenn Sie damit Rassismus rechtfertigen wollen. Das haben wir sowohl gerade eben als auch heute früh in der Vereinbarten Debatte zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen erlebt. Sie instrumentalisieren Kinder, wenn Sie damit Hass und Hetze gegen Muslime und Musliminnen schüren können. Sie schaffen Feindbilder statt Möglichkeiten zum Dialog. Gerade diese Möglichkeiten zum Dialog in Deutschland brauchen wir mehr denn je. Lassen Sie uns also, meine Damen und Herren, zur Debatte kommen, zu dem, was wirklich wichtig ist, und von diesem AfD-Antrag weggehen. Kommen wir zur Realität zurück! Welche Probleme haben Kinder in Deutschland? Viel zu viele Kinder leben in Armut. Ihre Eltern haben nicht genug Geld, um sie am kulturellen und gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. Sie haben nicht genügend Geld, um ihre Kinder gesund zu ernähren. Sie haben nicht genügend Geld, um ihnen Unterstützung in der Schule zu bieten. Im Ergebnis schneiden unsere Kinder viel zu schlecht in internationalen Bildungsvergleichen ab. Da müssen wir noch mehr tun. Es ist nicht hinzunehmen, wie unfair die Bildungs- und Aufstiegschancen hierzulande verteilt sind. An dieser Stelle ist die entscheidende Frage: Welche Rolle spielt dabei das Kopftuch? Sie fragen sich das bestimmt auch. Die Antwort lautet: Keine! Hier geht es um dringend notwendige Reformen in unserem Sozialstaat und unserem Bildungssystem. Sie sehen: Es geht der AfD nicht um das Kindeswohl. Es geht ihr offensichtlich darum, muslimische Kinder in die Ecke zu stellen. Deshalb möchte ich diese Scheindebatten nicht länger führen. Wir haben diesen Antrag bereits in unterschiedlicher Form dreimal diskutiert. Ich möchte lieber gute Politik für alle Kinder in Deutschland machen. Ich war selbst einmal dieses Ausländerkind in der Schule, als ich vor 16 Jahren nach Deutschland gekommen bin, und nun bin ich in diesem Hohen Hause als Vertreterin der Bevölkerung Deutschlands. Dazu haben nicht Sie beigetragen, auch keine Forderung der Rechtspopulisten und Rechtsextremisten, sondern der funktionierende Staat in Deutschland und eine offene demokratische Gesellschaft. Ich möchte diese meine Erfahrungen nutzen, um Kindern, egal ob sie ein Kopftuch, eine Kippa, eine Kreuzkette oder nichts dergleichen tragen, gleichermaßen die Hoffnung zu geben, indem ich ihnen allen gemeinsam sage: Ihr könnt hier in Deutschland Berge versetzen. Ihr könnt hier in Deutschland alles schaffen. Damit das kein leeres Versprechen ist, müssen wir die wahren Probleme hier in unserem Land anpacken. Das tun wir auch. Wir wollen Sozialpädagogen und Lehrkräfte unterstützen, dass sie sich um die Kinder in Kitas und Schulen gut kümmern können, dass sie sie gut betreuen können. Es braucht Partizipationsmöglichkeiten und Gleichberechtigung, gerade auch für Mädchen. Ob ein Mädchen ein Kopftuch trägt, das entscheidet es in Deutschland nach geltendem Recht ab ihrem 14. Lebensjahr selber. Vorher ist das, wie in allen Religionsfragen, eine Frage der Familien. Wir brauchen deshalb einen guten Dialog mit den Eltern und Communitys in unseren Städten. Religiöse Überzeugungen, meine Damen und Herren, sind nichts, was wir als Bundestagsabgeordnete zur politischen Waffe verkehren dürfen. Deshalb ist unser Anspruch als Sozialdemokratie, viel mehr dazu beizutragen, eine Gesellschaft zu bauen, in der jeder und jede selbstbestimmt entscheidet. Das ist unser Ziel. Verbote sind es nicht. Ich möchte, dass alle Mädchen in Deutschland so weit kommen und das schaffen, was viele andere und auch ich geschafft haben. Deshalb möchte ich ihnen offen begegnen, das Gespräch mit ihnen suchen, wirklich zuhören und Politik machen, die sich vor allem an Menschenrechten und Fakten orientiert. Das würde ich Ihnen von der AfD gern auch empfehlen. Aber wir haben die Erfahrung unter den demokratischen Kräften in diesem Hause gemacht, dass das vergebene Mühe ist. In diesem Sinne: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.