Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es herrscht wohl Einigkeit im Haus, dass die Ukraine weiter unterstützt werden muss, insbesondere beim Wiederaufbau. Der Schwerpunkt der Union und der Koalition liegt aber auf einer deutlichen Erhöhung der Mittel für Waffenlieferungen: Über 5 Milliarden Euro findet der Finanzminister dafür im Haushalt 2024, während sämtliche soziale Leistungen zurückgefahren werden sollen. Die Ukraine konnte ihr Selbstverteidigungsrecht nur durch Waffenlieferungen aus dem Westen wahrnehmen. Deutschland hat aber eine einzigartige Geschichte: Von uns ging der Zweite Weltkrieg mit 50 Millionen Toten aus. Ich finde, wir dürfen nie wieder an Kriegen verdienen und mithin keine Waffen exportieren. Wir sind aber der fünftgrößte Waffenexporteur. Die gigantische Lieferung von Waffen dorthin, zum Beispiel Streubomben und Raketen, eröffnet keine Chance auf Frieden. Sie wollen einen Sieg der Ukraine, den Sie nie definieren. Aber der langjährige Generalstabschef der US-Armee, Milley, erklärte, dass diesen Krieg keine Seite militärisch gewinnen kann. Nun hat auch der ukrainische Armeechef Saluschny von einer Pattsituation gesprochen. Wollen Sie wirklich statt Waffenstillstand einen jahrelangen, einen jahrzehntelangen Krieg? Minister Pistorius spricht wiederholt davon, dass die Bundeswehr kriegstüchtig werden muss. Keiner aus der Regierung widerspricht. Ich finde das Wort schrecklich. Die Bundeswehr muss in der Lage sein, unser Land zu verteidigen, also verteidigungstüchtig sein, nicht kriegstüchtig. Mich erinnert das an die Zustimmung der SPD zu den Kriegskrediten am Beginn des Ersten Weltkriegs. Es gibt ein Interview von Altbundeskanzler Gerhard Schröder in der „Berliner Zeitung“ vom 21. Oktober 2023. Er erklärte, dass er im März 2022, also kurz nach Beginn des Krieges, von der Ukraine um Vermittlung mit Russland gebeten wurde. Präsident Selenskyj entsandte Umjerow, den heutigen Verteidigungsminister der Ukraine, und zwar nach Istanbul. Es gab Vieraugengespräche, Gespräche mit dem Gesandten Putins. Es ging um die Frage der ukrainischen Mitgliedschaft in der NATO, die russische Sprache, das Donbass-Gebiet als Teil der Ukraine, die Sicherheitsgarantien für die Ukraine und die Krim. In den Gesprächen erreichte Gerhard Schröder jeweils eine große Bereitschaft und ein Entgegenkommen. Er sagte dann, dass aber nichts passierte – und nun wörtlich – „... denn alles Weitere wurde in Washington entschieden.“ Warum ist ein Waffenstillstand und ein Weg zum Frieden von Washington verhindert worden? Russland beging den schweren Fehler eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Die US-Regierung dachte, dass man diesen Fehler nutze, um Russland dauerhaft zu schwächen. Erstens ist dies nicht gelungen – ich erinnere an das Bündnis China–Russland, die Entwicklung von BRICS, das im Vergleich zu uns prozentual höhere Wirtschaftswachstum Russlands –, und zweitens ist es inakzeptabel und inhuman; denn es bedeutete, Abertausende weitere Tote, Verletzte und viele Zerstörungen in Kauf zu nehmen. Von unserer Regierung kein Wort dazu, nicht eine Initiative für einen Waffenstillstand, für Frieden, das Einzige, womit man der Ukraine wirklich helfen kann. Und die Flüchtlinge aus der Ukraine könnten zurückkehren, um ihr Land wieder aufzubauen, also eine Maßnahme, um die Zahl der Flüchtlinge human und wirksam zu reduzieren. Wollen Sie wirklich warten, bis es dieser Trump klärt? Na ja, die Regierung und die Union wollen eben Kriegstüchtigkeit.